03 ::: SKÝ
Skye war seine Geliebte, Freundin, Ratgeberin, seine seelische Stütze. Sie würde nicht sein Vertrauen missbrauchen, weil er es auch nie tun würde - nicht nach alledem, was er für sie getan hatte. Er hatte sie vor seinem König verteidigt, vor dem Palast und den missgünstigen Blicken seiner Bewohner geschützt. Ein Zuhause und eine Familie hatte er ihr gegeben – und seine Liebe. Er hatte sie in den Status einer Prinzessin erhoben, ohne etwas über ihre Vergangenheit zu wissen oder erfahren zu wollen, woher sie kam. Es ist mir egal, was die Leute sagen, hatte er erklärt. Wichtig bist nur du und was du willst.
Natürlich hatte Skye von den Rebellen gehört, die hinter jedem Wort des Königs eine Verschwörung witterten. Aber sie hätte nicht gedacht, dass sie so töricht sein würden. Als ob sie widerstandslos klein beigeben würde. Ich will es nur in den Palast schaffen. Zahr warnen, den Mann umbringen, das Königreich beschützen.
»Ich stimme zu«, gab sie schließlich widerwillig von sich. Sie fühlte den kalten Griff ihrer Klinge in der Hand und tiefes Bedauern darüber, dass sie diese nicht benutzen konnte.
»Wozu?«
»Ich werde dir Bericht erstatten«, fauchte sie, diesmal lauter, und drehte den Kopf so, dass er sie besser verstand. Ihre hellen Haare zogen wie Leinen durch den Schnee. Selbst die Lüge auszusprechen tat weh; aber es war wichtig, dass er ihr glaubte.
»Wenn du mich hintergehst, bringe ich deinen König um. Vor deinen Augen. Verstanden?«, erwiderte er nach einer Atempause.
»Laut und deutlich.« Skye presste die Lippen zusammen. Er würde sich noch wundern. Das Allererste, was sie tun würde, wäre, Zahr in seine Gemächer zu ziehen, alle Fenster und Türen zu verbarrikadieren und ihm von diesem Verräter zu berichten. Selbstgefälliger Mistkerl. Dann würde er hängen. Falls sie nicht eine Möglichkeit fand, ihn vorher auszuschalten.
Sie spürte, wie er sich auf ihrem Rücken rührte. Durch ihre eingeschränkte Bewegungsfreiheit konnte sie nicht sehen, was er da machte - bis etwas Kaltes um ihr Handgelenk zuschnappte. »Das wird wehtun, lässt sich aber nicht vermeiden. Wenn du abhauen würdest, wäre das zu schade.« Er klang aber nicht wirklich so, als würde er diesen Umstand bedauern. Und kaum dass der Verschluss um ihr Handgelenk zuschnappte, setzte das Brennen ein. Skye biss die Zähne zusammen.
Natürlich. Silber. Sehr einfallsreich.
»Du hast deinem Namen alle Ehre gemacht«, sagte er, während er ihr das Messer aus der Hand wand, ehe er von ihr abließ. Der Druck auf ihrem Rücken verschwand, und sie konnte endlich wieder durchatmen. Mit einer schnellen Bewegung wirbelte sie herum und kam auf die Füße. Sie warf einen sehnsüchtigen Blick zu ihrer Klinge, dann besann sie sich darauf, was er gesagt hatte.
»Bitte?« Sie musterte ihn mit einem abschätzigen Blick; seine Silhouette wurde vom Grün des Sees angestrahlt. Was erlaubte er sich nur? So wie er sich eben angestellt hatte, könnte sie ihn innerhalb weniger Sekunden ausschalten. Wenn er nur nicht so stark wäre.
»Ský nennen wir die Unsrigen, die sich nicht am Himmel halten können«, erklärte er belustigt. Mit einer ruhigen Bewegung verschränkte er die Arme vor seiner Brust. Gut so, damit kannst du noch langsamer reagieren. »Die Kinder oder Unerfahrenen. Es ist kein Kompliment.«
»Falls du dich nicht daran erinnern solltest, du warst nicht ganz unschuldig daran, dass ich gefallen bin«, erwiderte sie in Rage und spürte, wie ihre Wangen vor Zorn zu glühen begannen.
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Schneeflüstern [Leseprobe]
FantasyPrinzessin Skye ist nicht nur wunderschön, sie besitzt auch eine besondere Gabe. Sie kann ihren Körper in Schneeflocken auflösen. Das macht sie zur geborenen Spionin. Doch für den jungen König des eisigen Landes Nelefe ist sie mehr als nur das - sie...