Es war ein ganz normaler Montag. Freya war wie jeden Montag aufgestanden, mit ihren 3 besten und auch einzigen Freunden in die Schule gefahren und saß nun im Matheunterricht, wo sie sich ganz furchtbar langweilte.
Sie saß an ihrem Lieblingsplatz, möglichst weit hinten und an dem Fenster, das auf die alte Kastanie im Innenhof zeigte. Der noch warme Augustwind wehte durch das offene Fenster in das ansonsten stickige Klassenzimmer und spielte mit einer ihrer Haarstränen, die so braun waren wie die Kastanien, die unten um den Baum herum verstreut lagen.
Mit einem Seufzen wanderte ihr Blick zu der Uhr über der Tafel. Ein gefalteter Zettel flog auf ihren Tisch und Freya sah zu ihrer Freundin Anjelica rüber. Diese grinste sie mit ihrem typischen Anjelica-Zahnpastawerbung-Grinsen an, das Freya beim besten Willen nicht anders beschreiben konnte.
Sie hatte lockige, dunkelblonde Haare, über die sie sich ständig beschwerte, weil sie ihr zu wiederspenstig waren. Freya aber liebte es, wie sie leuchteten, wenn die Sonne auf sie schien.
Sie waren seit ihrer Kindheit miteinander befreundet, eigentlich sogar seit Freya sich erinnern konnte, sodass sie den Zettel gar nicht aufzufalten brauchte um zu wissen, dass Anjelica sich genau so sehr langweilte wie sie. Vermutlich würde sie Freya trotzdem dazu ermahnen, wenigstens so zu tun, als würde sie aufpassen.
Und tatsächlich stand da, als sie das Papier öffnete, in Anjelicas filigraner Handschrift:
„Ich weiß wie du dich fühlst, Süße, aber kannst du wenigstens so tun, als würdest aufpassen damit dir Caden nicht den Hals umdreht und ich dich nicht wiederbeleben muss?!"
Freya schmunzelte über den kleinen Insider und antwortete:
"Nur du, Anjelica Torres, schaffst es mich im Matheunterricht zum Lachen zu bringen."
Sie warf den Zettel in einem unbeobachteten Moment zurück, ihre Gedanken schon wieder auf Reise, einen Tisch hinter ihr um genau zu sein. Dort saß Caden, ihr bester Freund.
Obwohl Anjelica vehement und stur behauptete, dass der beste Freund eines Mädchens nur ein anderes Mädchen sein könne, beanspruchte ihr Gehirn diesen Titel ausschließlich für Caden.
Sie wohnten beinahe Tür an Tür und er war ihre Anlaufstelle, wenn es ihr schlecht ging. Er war es, der mit ihr Mathe lernte (ein hoffnungsloses Unterfangen), den sie als erstes und letztes jeden Tag sah, kurzum ein Leben ohne Caden war für sie so unvorstellbar, wie einfach mit dem Atmen aufzuhören.
Um der Bitte ihrer Freundin folge zu leisten, wandte sie den Blick nach vorne und blickte auf die Rückseite eines Ironman T-Shirts in dem ihr dritter Freund steckte.
Jared war ein typischer Nerd. Er war quasi besessen von Comics, vor allem Marvel. Am besten war er in Naturwissenschaften und Mathe, aber furchtbar, wenn es darum ging es jemandem zu erklären. Seine Lieblingssendung war "Project Runway", obwohl er immer behauptete es sei "Doctor Who" und er konnte jeder Situation mit seinem unvergleichlichen Humor, eine Mischung aus Ironie und schlechten Witzen, die Schärfe nehmen.
Sie schaute an Jareds chaotischer Frisur, oder vielmehr Wischmopp, vorbei und blickte die Tafel an. Sie las die angeschriebenen Wörter ein zweites und danach noch ein drittes Mal durch; sie verstand kein Wort.
Ein Stöhnen entwich ihr, bevor sie es verhindern konnte. Es würde mindestens 2 Stunden und viel gutes Zureden von Caden brauchen, bis sie es ansatzweise verstanden hatte.
Sie wollte gerade ihren Vorsatz, Aufmerksamkeit zu heucheln, in den Wind schießen und sich wieder dem Fenster zuwenden, als ihre Hände anfingen zu zittern und ihre Finger begannen sich ineinander zu krampfen.
>>Oh nein,<< war alles, was ihr durch den Kopf ging, als sie panisch zu Anjelica blickte, der das Lächeln im Gesicht gefror. Sie sagte irgendetwas, doch ein lauter, hoher und penetranter Ton dröhnte in ihren Ohren und übertönte jeden anderen Laut.
Ein glühender Schmerz fraß sich von ihren Fingerkuppen aus hoch und machte jede andere Empfindung unmöglich. Es fühlte sich an, als hätte jemand ihre Nervenenden angezündet und während ihr Körper sie wieder einmal betrügte und sie langsam die Kontrolle darüber verlor, konnte ihre innere Stimme es nicht lassen sie mit einem ätzenden, sarkastischen "ein typischer Montag" zu verabschieden, bevor sich die Dunkelheit allumfassend um sie legte. Interessant, dass Sarkasmus nicht von Schmerz gemindert wird.
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Neun Wochen für ein Leben
RomanceFreya ist ein ganz normales Mädchen. Sie hat 3 beste Freunde, die seid Kindertagen unzertrennlich sind, ist ziemlich schüchtern, oft verträumt und würde gerne die große Weite Welt bereisen. Naja... sie ist nicht ganz normal ... eigentlich überhaupt...