Kapitel 1

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„Los, los, los! An die Geschütze! Annäherung von Steuerbord!" Die gebrüllten Befehle des Offiziers gingen im ohrenbetäubenden Lärm der heulenden Sirenen und aufgeregten Besatzung unter. „Was zur Hölle ist das für ein Ding?!"
Der Mann hinter ihm zuckte zusammen, als der Offizier zu ihm herumfuhr und ihn fordernd ansah. Nervös begann er, an seinem weißen Laborkittel zu spielen, den er über seiner Uniform trug. Seine Stimme war dünn und zitterte, als er zu sprechen begann.
„Auf Grund vom Verhaltensmuster und der empfangenen Frequenz... sowie der auf der Radar dargestellten Form-"
„Fass dich kurz!" Eingeschüchtert vom harschen Ton des Offiziers zog der Mann im Kittel den Kopf ein. „Also... wir gehen davon aus, dass es sich um eine Unterart der Axocyt handelt..." Er schluckte. „Jedoch...-"
Der Offizier unterbrach ihn. „Nur ein Axocyt? Dann bekommen wir das doch locker hin. Männer! Unser Gegner ist ein Axocyt! Startet Manöver 13!" Er wandte sich zum Gehen, doch der Mann im Kittel hielt ihn auf.
,,Wartet, Sir! Dieser Axocyt... ist anders. Wir wissen nicht, wie, aber... er scheint mutiert zu sein. Die Standartmanöver werden kaum Effekt haben, wir müssen die Operation abbrechen!"
Der Offizier schnaubte verächtlich. „Papperlapapp. Ein Axocyt ist ein Axocyt, egal ob normal oder, wie sie sagen, mutiert. Wir werden jetzt nicht umkehren." Ohne weiter auf den Mann im Kittel zu achten, machte der Offizier sich auf den Weg in Richtung Oberdeck, während er einem seiner Männer leise Anweisungen gab. Entsetzt versuchte der Mann im Kittel ihm zu folgen, wurde aber nach hinten gerissen, als ihn jemand festhielt. Verzweifelt schrie er ihm hinterher: „Das können sie nicht machen! Sie wissen nicht, mit was sie es da zu tun haben! Das ist zu gefährlich!" Seine Rufe endeten in einem Schmerzensschrei, als sein Arm ruckartig hinter seinen Rücken gedreht wurde.
„Sie werden das Deck nicht betreten. Befehl von Offizier Kano." Er wollte protestieren, aber der Soldat kam ihm zuvor. „Manabu. Hör mir zu. Wir haben alles im Griff. Offizier Kano weiß, was er tut. Das ist nicht das erste Mal, dass wir gegen einen Axocyt kämpfen. Also entspann' dich. Alles wird gut." Plötzlich ertönte ein lauter Knall gefolgt von dem Geräusch berstenden Stahls und die beiden Männer wurde zu Boden gerissen, als das Schiff von einer Welle gerammt wurde.
„Was zum Teufel war das?!" Der Soldat sprang auf und rannte die Treppe zum Oberdeck hoch, gefolgt von Manabu.

Auf dem Deck war die Hölle los. Überall liefen Besatzungsmitglieder umher und brüllten sich gegenseitig Befehle zu, Schüsse hallten durch die Luft. Manabu brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, dann begann er, nach der Quelle des Knalls zu suchen. Kurz darauf hatte er sie gefunden, krampfhaft an die Reling geklammert betrachtete er mit Entsetzen die rauchenden Überreste von dem, was mal die Yukio, ihr Schwesterschiff gewesen war. Sie war in zwei Teile gebrochen, der zerstörte Maschinenraum hatte einen Ölfilm auf der Wasseroberfläche hinterlassen und von der über zweihundert Mann starken Besatzung war nichts zu sehen. Er wollte sich gerade umdrehen und nach Offizier Kano suchen, um ihn zu fragen, wie das passieren konnte, als er einen gewaltigen Schatten unter der Wasseroberfläche wahrnahm. Ein Wasserwesen schoss hervor und katapultierte sich mit einem lauten Kreischen beinahe vollständig aus dem Wasser. Als es zurück ins Wasser fiel verfehlte es nur knapp das Schiff und die dabei entstehende Wasserfront riss Manabu von den Füßen und hätte ihn von Deck gespült, wäre er nicht rücklings gegen eine Wand gekracht. Ein enormer Schmerz schoss durch seinen Rücken und nahm ihm für einen Moment sämtliche anderen Sinne. Als er sich wieder gefangen hatte stand er auf und humpelte in Richtung Bug, auf Suche nach Kano. Dort angekommen musste er feststellen, dass von den knapp hundertfünfzig Mann, die sich zuvor auf dem Deck aufgehalten hatten, maximal sechzig die Welle überstanden hatten, der Rest war fortgespült worden, auch im Wasser war keine Spur von ihnen zu sehen. Manabu fand Offizier Kano, als er gerade den übrig geblieben Soldaten half, die Geschütze neu zu laden. Als er Manabu bemerkte, drehte er sich um.
,,Was willst du hier? Hattest du nicht den Befehl erhalten, unter Deck zu bleiben, bis wir mit dem Ding fertig sind? Wir haben hier oben keinen Platz für Jammerlappen wie dich!" Entgeistert sah Manabu ihn an.
„Bei allem Respekt Sir, aber- Wie können Sie die Operation weiterführen? Sie haben soeben mit einem einzigen Angriff über neunzig Mann verloren, die Yukio ist gekentert! Denken sie wirklich, sie könnten einen Feind besiegen, den sie nicht einmal sehen können, über den sie nichts wissen?!" Er sah Kano in die Augen und wusste instinktiv, dass er einen Fehler gemacht hatte. Kano kochte vor Wut.
,,Jetzt hör mir mal gut zu, Freundchen... Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Kommst hier hin und tust so, als würdest du alles wissen. Aber du bist nur ein Wissenschaftler, verstanden? Jemand, der den ganzen Tag Reagenzgläser schüttelt und vielleicht mal intelligent guckt! Du verstehst nichts von der Welt hier draußen. Nichts. Ich im Gegensatz schon. Deswegen habe ich hier auch das gottverdammte Kommando! Und wenn ich sage, dass wir kämpfen, dann kämpfen wir, verstanden?! Sag mir nicht, wie ich eine Operation zu leiten habe!" Auf eimal erfüllte ein schrilles Kreischen die Luft und der Axocyt durchbrach mit halsbrecherischer Geschwindigkeit die Wasseroberfläche. Und dieses Mal verfehlte er das Schiff nicht.

Shiohi stand am Rande des Docks und betrachtete das zerstörte Schlachtschiff. Der gesamte Bug war mit Wasser vollgelaufen und unter die Wasseroberfläche gesunken, während das Heck frei in der Luft hing. Die Geschütze waren aus den Angeln gerissen oder fehlten sogar ganz, und am ganzen Schiff waren enorme Spuren eines Kampfes zu sehen.
„Oh Mann, das hat's echt hinter sich." Fuka, der sich unbemerkt zu seinem Freund gesellt hatte, stemmte die Hände in die Hüften. „Ich frage mich wirklich, wie sie vorhaben, dieses Wrack von hier weg zu bekommen. Diesen Haufen Schrott kann man wohl kaum als funktionsfähig, geschweige denn als seetauglich bezeichnen."
Shiohi seufzte. „Nein, wohl kaum. Wir können uns glücklich schätzen, dass die übriggebliebene Besatzung es noch bis in den Hafen geschafft hat. Dieser Einsatz hat uns schon genug Leben gekostet." Sein Blick verdüsterte sich. „Und als wäre das noch nicht genug, wissen wir immer noch nicht, was die Flotte angegriffen hat. Selbst Manabu konnte nicht genau sagen, was es war, obwohl er es mit eigenen Augen gesehen hat. Und er ist immerhin einer der Besten im Gebiet der Meeresbiologie."
„Apropos... Hast du irgendwas von ihm gehört? Wie geht es ihm? Man sagte mir, dass er ziemlich was abbekommen hat. Man hat dir nicht zufällig mehr Informationen zukommen lassen?" Fuka sah Shiohi fragend an.
„Nein, mehr weiß ich auch nicht. Aber ich denke, er ist auf dem Weg der Besserung. Würde er in Gefahr schweben, hätte man uns das sicher mitgeteilt."
„Macht Sinn." Plötzlich grinste Fuka ihn schelmisch an. „Hey, Shi. Meinst du Haru ist wieder in der Stadt? Ich hatte mir nämlich etwas überlegt, wie man ihr einen Streich spielen könnte. Machst du mit?"
Shiohi erwiderte Fukas Grinsen mit einem skeptischen Blick. „Habe ich eine Wahl? Ich bin doch am Ende sowieso derjenige, der dir die Haut retten muss."
,,Das werte ich einfach mal als Ja. Los geht's!" Shiohi seufzte, und bevor er seinem Freund in die Stadt folgte, drehte er sich ein letztes Mal zum Wrack der Makoto um. Was war das bloß...?

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