3: Schieß los, Schatz

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"Einen Kaffee?" Mr. Karlsson drehte sich zu mir um, die Augenbrauen fragend nach oben gezogen.

"Danke, nein." Sein ganzes Büro roch schon danach. Ich fürchtete, allein über die Luft genug Koffein für den Rest der Woche aufgenommen zu haben. Als Oberhaupt der Red V bekam man wohl nicht viel Schlaf.

"Ich habe zwar einen engen Terminplan, aber ich wollte mir unbedingt die Zeit nehmen, Sie vor Ihrer Einführung persönlich kennenzulernen", erklärte er, seine dampfende Tasse auf dem Schreibtisch abstellend. Wow, war das Massivholz?

Karlsson ließ sich in seinem edlen Bürostuhl nieder, stützte sich auf seinen Ellbogen ab und faltete die Hände. Verheißungsvoll musterte er mich. Lange und wortlos. Fast fühlte ich mich wie ein Kunstwerk, dessen Bedeutung er versuchte zu interpretieren. Mann, der Typ wusste echt, wie man seinen Gegenüber kleinkriegt. Dennoch, mehr als ein Lächeln konnte ich nicht zustande bringen.

"Erzählen Sie mir von sich, Miss Montgomery."

Ich blinzelte. "Äh..." Was ist das, ein Bewerbungsgespräch? Was soll ich denn erzählen? Auf der einen Seite war ich mir eigentlich sicher, als Kriegerin in der Elite längst aufgenommen zu sein, doch die Frage erinnerte mich verdächtig an eine Art Test. "Was genau... Wie konkret soll ich denn sein?", versuchte ich vorsichtig. Bei einem Mann von solchem Einfluss war ich bedacht, die richtigen Worte zu wählen. Mein letztes Bewerbungsgespräch war Jahre her gewesen und seitdem hatte ich in einem absterbenden CD-Shop gearbeitet, in dem Hey Arschloch als formelle Begrüßung durchgegangen war.

"Nun, sie könnten bei Ihren Fähigkeiten beginnen." Mit der Ruhe eines buddhistischen Mönchs hob er seine Kaffeetasse, um einen Schluck von ihr zu trinken. Währenddessen brach bei mir im Kopf eine Massenpanik aus. Was will er wissen? Was soll ich sagen? Warum sind Gespräche mit dem Oberhaupt einer weltweiten Myther-Organisation nicht Teil einer normalen Schulausbildung?!

"Gut..." Bemüht, meine Nervosität zu verbergen, faltete ich meine Hände im Schoß und betete, dass meine Stimme nicht zitterte. "Ich lerne seit meiner Kindheit die Techniken verschiedener Kampfkünste, wie Krav Maga, Karate und Kickboxen. Ich... beherrsche auch den japanischen Schwertkampf und wurde in einer lokalen Einheit in Crawley zu-" "Halt." Karlsson hob die Hand und schnitt mir damit abrupt das Wort ab. Und dabei war ich so gut in den Redefluss gekommen...

"Über Ihre technischen Fähigkeiten bin ich durchaus informiert." Da war ich baff. War das nicht der wichtigste Aspekt eines Kriegers? Die Ausbildung? "Wovon ich allerdings noch nicht so viel hören durfte...", fuhr er fort, "...sind Ihre Fähigkeiten, die Ihr Dasein als Aswang mit sich bringt."

Ich konnte praktisch spüren, wie sich meine Miene verhärtete. "Was?"

Ungerührt von meinem Ausdruck lächelte er höflich. "Sie haben mich gehört."

Kurz davor, abwertend zu lachen, drehte ich meinen Kopf zur Seite und verschränkte die Arme. Natürlich. Das ist der Grund, warum ich befördert wurde. Nicht wegen meiner Mühe. Wegen meiner Spezies.

"Mir fällt nicht ein, warum das von Bedeutung sein soll", presste ich durch zusammengebissene Zähne und erntete ein fast unmerkliches Schnauben von Karlsson.

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie sich darüber bewusst sind."

Ich konnte es beim besten Willen nicht glauben. Mein ganzes Leben lang hatte ich so getan, als wäre ich ein stinknormaler Vampir. Hatte sorgfältig darauf geachtet, nicht anders zu sein, hatte meine Kräfte und Energien weggeschlossen, damit ich nicht auffiel. Und jetzt erfuhr ich, dass es doch herausgekommen war? Dass ich nicht vorsichtig genug gewesen war?

"Wer weiß es?", fragte ich als erstes. Wenn ich morgen in der gesamten Mytherbevölkerung bekannt sein würde, verdiente ich, das zu erfahren.

Karlsson dachte nicht lange nach. "Einige enge Vertraute. Und selbstverständlich ich."

Red VWhere stories live. Discover now