Ich hätte mir gar nicht so viele Gedanken machen müssen, denn außer meiner Lehrer hatte mich keiner darauf angesprochen, ob bei mir alles in Ordnung wäre.
Also alles wie früher dachte ich.
Ich war für alle ein Niemand. Jedenfalls von außen, keine Ahnung, was in den Köpfen meiner Mitschüler vor sich ging. (um ehrlich zu sein wollte ich das auch gar nicht wissen.) Aber darum brauchte ich mich nicht mehr zu kümmern.Der Unterricht und die Lehrer waren zwar immer noch zu übermotiviert wie vorher auch schon und auch die anderen hatten sich kein Stück verändert, doch wenn ich hier saß, fühlte es sich anders an.
Ich machte meine Aufgaben wie immer fleißig und sauber, aber meine Gedanken machten immer wieder Sprünge zu ihm.
Im Unterricht beteiligte ich mich nicht, doch das fiel nicht besonders auf oder machte niemanden was aus. Es war ja wohl schon genug, dass ich da sitzen musste, in einem gefüllten Raum wo ich mich von allen angestarrt fühlte. Ansonsten war ich ganz zufrieden mit meinem ersten Schultag. Was sollte man da auch erwarten.Nach dem Unterricht machte ich mich auf den Weg zur Bücherei. Zu dieser Zeit, wo alle in die Mensa gingen, war es dort ruhiger als sonst und ich konnte besser nachdenken. Anstatt etwas mit meinen Freunden zu essen (ich würde sowieso allein essen)
machte ich lieber meine Hausaufgaben oder andere Aufgaben für die Schule, damit ich zu hause mehr Freizeit hatte. Zu Hause würde ich dann irgendwas aufräumen, waschen oder kochen, nur um mich abzulenken. Wie jeden Tag. Wenn ich das tat, war ich wie ein Zombie, mit immer demselben Gesichtsausdruck. Ich setze dabei meine Kopfhörer auf und machte meine Musik auf stärkste Lautstärke. Ich wollte von niemanden was hören oder mit den anderen über unnötige Dinge quatschen, sowie es meine Schwestern taten, wenn sie von der Schule kamen.
Und wenn ich mich um den Haushalt kümmerte, konnte ich ihnen am besten aus dem Weg gehen. Meine Mutter wurde nicht sauer, dass ich den ganzen Tag im Zimmer rum gammele und meine Schwestern regten sich nicht darüber auf, dass ich meinen Müll rumliegen lasse. Bis zum Abendessen sollte ich also beschäftigt sein und danach würde ich einfach was lesen und schlafen gehen.
Mein Tagesablauf war also nicht kompliziert und ich stresse mich nicht. Obwohl ich so früh schon zu Bett ging, liege ich danach die ganze Nacht hellwach. Es fällt mir schwer einzuschlafen, doch wenigstens habe ich keine Alpträume, die mich auch noch über den Tag hin quälen. Denn der Tod meines Bruders quälte mich schon genug.
Meine Schwestern, die mir nie genug Aufmerksamkeit schenken, meine Freunde die mich verlassen hatten, weil ich ihn zu langweilig wurde und dann er. Ich war schon genug hoffnungslos verloren.Als ich in die Bücherei kam, lächelte mich die Bibliothekarin wie immer freundlich an. Wir begrüßten uns, doch um einem Gespräch auszuweichen, suchte ich mir schnell einen freien Tisch.
Sie hatte sich sicher Sorgen gemacht, weil das Mädchen, das sie sonst jeden Tag in der Bücherei gesehen hatte plötzlich für fast 3 Monate verschwand.Ich setzte mich und legte meine Tasche auf dem Platz neben mich.
Ich sah mich um. Außer der Gruppe von Schachspielern und den Standard Leuten, die nach der Schule in die Bücherei gingen, um zu lernen, war keiner zu sehen den ich kannte. Ich genoss die Stille. Das einzige was zu hören war, war das Ein- und Ausräumen der Bücher, das Tippen auf den alten Tastaturen der alten Computer und das Aufseufzen oder Jubeln der Schachspieler.
So hatte ich es am liebsten.Gerade, als ich meine Ohrhörer aufgesetzt und mein Notizbuch aus meiner Tasche herausgenommen hatte, hielt mich jemand am Unterarm fest. Ich schreckte auf, sodass meine Ohrhörer aus meinen Ohren fielen und mein Handy aus meiner Hand rutschte und auf dem Teppichboden landete.
Ich sah auf. Was wollte Jadon denn jetzt hier? Er sah mich verwirrt an, hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich so erschrecke. Für ein paar Sekunden sahen wir uns einfach nur an. Es kam mir vor als könnten noch Stunden vergehen, alles um uns herum war still. Nur noch das Ticken der Uhr war zu hören.
Er unterbrach unsere Starre, indem er hastik mein Handy aufhob und dabei meinen Arm wieder losließ.
Er reichte es mir."Tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich so sehr erschreckst. Ich-"
Ich unterbrach ihn. Ich brauche jetzt nicht noch eine Entschuldigung für diesen Unsinn.
"Komm zum Punkt. Was willst du hier Jadon?"
Obwohl ich nicht wollte, dass er sich zu mir setzte, tat er es trotzdem. Dabei legt er meine Tasche zur Seite. Eigentlich sollte mein Blick allein schon sagen, dass er nicht hier sein und verschwinden sollte. Er erinnerte mich an meinen Bruder und das wollte ich gerade wirklich nicht. Ich wünschte er würde einfach verschwinden dachte ich mir.
"Naja ich dachte mir schon, dass du hier bist und da dachte ich, vielleicht willst du nicht naja... Was unternehmen oder so? Dein Tag war sicher nicht so überragend und du brauchst vielleicht etwas Ablenkung.. Oder so.."
Hat er das gerade wirklich gesagt? War das schon wieder so ein Anmach Versuch von ihm? Auf irgendeine Art klingt es verlockend, aber... Das würde ich ihm doch niemals sagen!
"Denkst du wirklich ich würde etwas mit dir unternehmen, nur weil mein Bruder es mir jetzt nicht mehr verbieten kann?"
Ich stand auf. Mein Notizbuch und mein Handy an meine Brust gedrückt.
"Ich vertraue ihm und auch wenn er jetzt nicht neben mir stehen kann... Er beschützt mich trotzdem noch. Also Jason, lass mich einfach in Ruhe und komm nicht wieder her."
Ich nahm meine Tasche, drehte mich auf dem Absatz um und als ich gerade verschwinden wollte, hielt er mich auf, drehte mich an meiner Schulter zu sich um, sodass ich jetzt wenige Zentimeter vor seinem Gesicht stand.
Man war dieser Junge anstrengend."Haley bitte gib mir doch eine Chance. Ich weiß nicht, warum dein Bruder sich immer zwischen uns gedrängt hatte, aber ich habe doch nicht umsonst so lange..", er brach ab.
"wir müssen hier weg."Ohne mich etwas Antworten zu lassen, wie: "ich muss nirgendwohin" oder: "nein, nur du musst hier weg", zog er mich auch schon an meiner Hand aus der Bibliothek heraus.
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another way to heaven
ChickLitHailey Donovan,16, ein sehr nachdenkliches Mädchen, welches nur einen Wunsch hat. Ein Wunsch der wie sie denkt ohne ihren Bruder nicht zu erfüllen ist. Sie möchte einfach nur die Liebe spüren, die sie auch verdient, doch als ihr großer Bruder Ben s...