3: Ernsthaft?

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Als ich endlich wieder aufwache, bin ich nicht alleine. Cem, Paula und Julia stehen um mein Bett herum. ,,Geht es dir wieder besser?", fragt Julia mich. ,,Nein. Ich muss immer an ... das ... denken", sage ich leise. ,,Mir geht es doch genau so, aber wir müssen stark bleiben", sagt Paula und nimmt mich in den Arm. Immerhin habe ich jetzt jemanden, der mich versteht. „Wie bist du die Alpträume losgeworden?", frage ich. „Ich habe auch noch Alpträume, Lisa. Aber ich versuche mir einzureden, dass es nicht real ist", erklärt Paula. ,,Nicht real?", frage ich. ,,Nein, nicht real. Komm her, wir schaffen das schon zusammen", sagt sie und umarmt mich nochmal. Dann lassen sie mich alleine. Ich stehe auf und schlage mit meinem Kopfkissen gegen n das Fenster. „Geht aus meinem Kopf raus", brülle ich. „Lisa. Leg das Kissen weg. Alles wird gut, aber lass uns einfach reden", sagt jemand hinter mir. Ich drehe mich um und sehe Claudia und Yule. „Lasst mich. Ich kann das einfach nicht ertragen, diese Träume und Erinnerungen", weine ich und sinke auf den Boden. „Alles wird gut, Lisa", sagt Yule. ,,Ich traue mich nicht einmal mehr, einzuschlafen", weine ich. ,,Es wird alles wieder gut. Paula kann dir etwas geben, dass du schlafen kannst", sagt Claudia und kniet sich neben mich hin.

,,Das kann ich machen, Lisa", sagt Paulas Stimme. Ich schaue auf und blicke ihr tief in die Augen. ,,Danke", sage ich mit verheulter Stimme und wische meine Tränen weg. ,,Lasst ihr uns mal alleine?", fragt Paula die anderen. ,,Klar, bis später", meint Yule und geht mit ihrer Kollegin nach draußen. Sie setzt sich neben mich und streichelt mir über den Arm. ,,Mäuschen, ich muss mal mit dir über etwas reden. Bitte raste nicht aus, sondern höre es dir erstmal an", bittet sie mich. Ich nicke leicht unsicher und schaue auf den Boden.

,,Ich habe mich mit den anderen unterhalten und wir alle sind der Meinung, dass es das Beste wäre, wenn du ... vielleicht ... ein paar Tage in der ... Psychiatrie verbringst. Dort kann man dir helfen, Schätzchen", sagt sie. ,,Was?", frage ich entsetzt. ,,Beruhige dich. Dort hilft man dir. Bitte, Lisa", sagt sie mit ruhiger Stimme. ,,Wenn du auch solche Träume hast, warum musst du dann nicht in die Klapse? Warum steckt ihr mich in die Irrenanstalt?", rufe ich. ,,Das ist doch keine Bestrafung. Und schon gar nicht eine Irrenanstalt. Lisa, wir möchten dir doch nur helfen", erklärt mir Paula. ,,Lass mich alleine. Ich möchte meine Ruhe", sage ich und mir laufen wieder Tränen über die Wangen. ,,Es tut mir leid, Lisa", sagt sie und geht leise aus dem Raum. Ich sitze bestimmt stundenlang so da und weine mir die Augen aus dem Kopf. Das darf doch nicht wahr sein. Erst werde ich zum Opfer und dann bestraft man mich auch noch dafür, auch wenn ich nichts zu dieser ganzen Geschichte kann. Ich hasse mich und ich hasse mein Leben. Langsam stehe ich auf und versuche, in mein Bett zu kommen. Nach dem ersten Schritt knicke ich ein und falle um. Ich robbe zu meinem Krankenbett und ziehe mich an der Kante hoch. Dann hieve ich mich ins Bett und ziehe die Decke über den Kopf.

Als ich wieder zu mir komme, ist die Decke verschwunden. Ich setze mich auf und sehe Yule und Claudia. ,,Wir haben die Decke gerade noch rechtzeitig von dir gefischt. Du wärst fast erstickt", meint Claudia. ,,Das war nicht meine Absicht. Ich ... wollte nur meine Ruhe haben. Die haben mich doch verstoßen", sage ich verbittert. ,,Wie meinst du das?", fragt Yule vorsichtig. ,,Tut doch nicht so. Ihr wisst doch schon bescheid, oder?", frage ich. ,,Wenn du meinst, dass du in Therapie sollst ... dann ja", meint Claudia. ,,Ich bin doch nicht verrückt", sage ich. ,,Das sagt doch keiner, Lisa", meint Yule. ,,Aber Paula hat auch Alpträume. Warum muss sie dann nicht auch in die Klapse?", frage ich. ,,Paula steckt das alles viel besser weg, als du. Es sind nur ein paar Tage, Lisa", meint Yule. ,,Ihr seit wie die anderen", sage ich beleidigt und drehe mich wieder weg. ,,Bringt dir jetzt auch nichts mehr, Lisa. Du wirst in zwei Stunden verlegt", meint Yule und seufzt laut auf. Was? Die wollen mich schon in zwei Stunden verlegen? In zwei Stunden wollen sie mich schon in die verdammte Irrenanstalt karren? Ich muss mir auf dem schnellsten Weg etwas einfallen lassen. ,,Wisst ihr wenigstens, auf welche Station ich komme?", frage ich beiläufig. ,,Auf die offene. Aber denk bloß nicht, dass du dann auf dumme Ideen kommen darfst. Dort stehst du auch unter Beobachtung", sagt Claudia. ,,Wollte ich doch gar nicht. Mir geht es um die Besuchstage", lüge ich schnell, damit sie keinen Verdacht schöpfen. Jetzt kann ich mich die nächste Stunde ganz in Ruhe um meinen Plan kümmern. Aber am besten dort, wo mich niemand beobachten kann. Wenn mir die zündende Idee kommt, leuchten meine Augen immer und das verrät mich meistens. Also stehe ich auf und schleiche zum Schrank. ,,Was hast du denn jetzt wieder vor?", fragt Yule. ,,Erstens muss ich packen und zweitens möchte ich jetzt duschen gehen", sage ich und nehme alles notwendige mit, um zu duschen. Natürlich dusche ich jetzt nicht, sondern stelle nur das Wasser an und mache meine Haare nass, damit sie denken, dass ich unter der Dusche war. So habe ich ein bisschen Zeit für mich, um in Ruhe nachzudenken, was ich wohl als nächstes machen werde.

Ach was soll's. Die bekommen doch eh raus, was ich vorhabe und sperren mich noch länger weg. Also stelle ich das Wasser aus und gehe nach draußen. „Was ist los? Ist eine Schlange unter der Dusche?", witzelt Yule. „Nein. Aber ich glaube, ich muss mal mit jemandem reden", sage ich niedergeschlagen. „Spuck es aus. Was ist passiert oder was hast du angestellt?", fragt Claudia. „Ihr versteht das nicht. Ich habe das Gefühl, dass ihr mich nicht für voll nehmt. Könnt ihr nicht einmal Ernst bleiben?", frage ich genervt. „Entschuldige. Was ist denn los, Süße?", fragt Yule und bugsiert mich zum Bett. Sie setzt sich neben mich und schaut mich erwartungsvoll an. „Naja ... ich ... habe Angst vor ...", stammele ich. „Du hast Angst davor, in die Psychiatrie zu gehen", ergänzt Claudia und ich nicke. ,,Wir verstehen deine Angst ja, aber so geht das nicht. Was hattest du denn jetzt vor?", fragt Claudia einfühlsam. ,,Ich weiß nicht ... wahrscheinlich unter der Dusche ertränken oder davonlaufen oder so", murmele ich. ,,Erstens wäre das auch kein Weg und zweitens passen wir auf dich auf, schon vergessen?", fragt Yule. ,,Aber was soll ich denn jetzt machen? Ich will da nicht hin", sage ich. ,,Soll ich dir jetzt mal was verraten, was dich wahrscheinlich aufmuntert?", fragt Claudia. ,,Du kannst es ja mal versuchen", murmele ich und schaue ihr in die Augen.

Died in your Arms 2 (Fortsetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt