Sequenz 55

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Kirk blieb vor der Tür zur Kabine seines Ersten Offiziers stehen und zögerte. Er hatte zwar McCoy beiläufig gesagt, dass er durchaus schon ab und an Spocks Kabine betreten hatte, jedoch war das bisher immer mit Spocks Wissen passiert oder auf seine ausdrückliche Einladung hin. Er schloss seine Kabine nie ab, doch jeder an Bord respektierte die Privatsphäre den Vulkaniers und kam wenn überhaupt außerdienstlich nur angemeldet. Selbst das beschränkte sich auf Myers, Jäger, Tomson und andere Mitarbeiter seines Stabes, wenn es etwas dringendes gab oder auf Kirk selber.

Nachdenklich betrachtete Kirk den Türöffner. Er konnte sich nicht anmelden. Spock schlief. Dennoch sorgte er sich und unbeantwortete Fragen drehten sich im Kreis. Die Antworten lagen hinter dieser Tür, wenn Spock sie ihm denn geben würde. War er in seinem Kopf gewesen? Hatte er seine telepathischen Kräfte, die er als Vulkanier unzweifelhaft besaß auf seinen Captain angewendet?

Auf den Baum hatte er sie mit Sicherheit angewendet.

Kurz entschlossen betätigte Kirk den Türöffner. Warme Luft flutete ihm entgegen. Er trat einen beherzten Schritt in die fast dunkle Kabine und ließ die Tür hinter sich zuschnappen.

Es war still, bis auf das allgegenwärtige Pulsieren des Energiekerns der Enterprise. Kirk sah sich um. Die Kabine lag im rötlichen halbdunkel. Spock lag diagonal über das Bett ausgestreckt, die Beine halb über die Bettkante hängend und noch in Uniform. Er musste sofort eingeschlafen sein.

Kirk schüttelte versonnen mit dem Kopf und schlich leise zu ihm.

Einen Moment betrachtete er den Schlafenden. Der Vulkanier atmete langsam und regelmäßig, nichts deutete darauf hin, dass er Kirks Anwesenheit bemerkt hatte. McCoy hatte gesagt, dass er ihn ohnehin nicht würde wecken können. Schlief er so tief? Wie sehr hatte er Kraft gelassen?

Kirk erinnerte sich an die dunklen Augen, die seine komplette Wahrnehmung eingenommen hatten, die ihn auf eigenwillige Weise gefesselt und geschützt hatten. Sorge und auch die Furcht hatten darin gelegen und doch auch Zuneigung. Zuneigung?

Gefühle, die er so offen von diesem Mann nicht kannte. Hatte er sie ebenso gefühlt? Spocks verborgene Gefühle? Hatte den Vulkanier das so viel Kraft gekostet? Seine Schranken einereseits zu lockern und andererseits gegenüber dem Baumwesen beizuehalten? Er hatte sie beide gerettet, durch was auch immer er getan hatte?

Kirk hob Spocks langen Beine ganz aufs Bett, zog ihm vorsichtig die Stiefel aus und stellte sie neben das Bett. Er öffnete die Uniformhose und zog sie über die schmalen Hüften, faltete sie und legte sie über einen Stuhl neben dem Bett. Noch immer schlief der Vulkanier fast reglos und Kirk machte sich an den Schulterverschlüssen des Uniformhemdes zu schaffen. Dankbar, das diese bei den neuen Uniformen einfacher zu öffnen waren bugsierte er beide Arme aus den Ärmeln. Er zog das Hemd vorsichtig über Spocks Kopf und schob ein Kissen darunter.

Nachdem er die Decke vom Fußende des Bettes über dem Vulkanier ausgebreitet hatte setzte er sich einen Moment neben ihn auf das Bett und betrachtete seinen schlafenden Ersten Offizier. Aus dem fremden und exotischen Mann war inzwischen fast ein Freund geworden, den jedoch noch immer viele Geheimnisse umgaben.

Die sonst akkurate Ponyfrisur war leicht zerzaust und die Gesichtszüge waren entspannt. Er sah friedlich aus. Jünger und fast menschlich? Nein, verletzlich. Kirk fühlte eine Welle von Zuneigung in sich aufsteigen, die er nicht zuordnen konnte.

Wie konnte er sich einem Mann so nahe fühlen, der ihm zugleich noch immer so fremd war? Er kannte diesen Mann nun seit fast drei Monaten, vertraute ihm instinktiv und doch wusste er zu wenig von ihm, um die vielen Fragen zu beantworten, die in ihm empor quollen. Versonnen strich er einige dunkle Haarsträhnen glatt, die durcheinander geraten waren.

Star Trek TOS Sequenzen 48 - 55Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt