Mr. Cummings wartete, bis jeder andere Student den Vorlesungssaal verlassen hatte und lehnte während des Wartens lässig mit seinem Hintern an seinem Pult und hatte die Arme dabei vor seinem Oberkörper verschränkt. Bedächtig beobachtete er seine Studenten, die sich eilig daran machten, seinen Saal zu verlassen und dabei auch ein deutlich geringfügiger Geräuschpegel herrschte als normalerweise. Sobald die letzte Person verschwunden war, sah Cummings abwartend zur weit geöffneten Tür und schien zu überlegen, ob er diese schließen sollte, entschied sich dann aber offenbar dagegen.
„Aubrey", sagte er, löste sich gleichzeitig von seinem Schreibtisch und ließ die Hände in die Hosentaschen seiner schwarzen Anzughose gleiten.
„Wieso kennen Sie meinen Namen?", fragte ich plump, nachdem ich mich zugegebenermaßen doch sehr darüber wunderte, dass er überhaupt schon meinen Nachnamen kannte.
„Sie gehören zu den besten Studenten in meinem Kurs und Sie sind bei jeder Vorlesung überpünktlich", antwortete er schlicht und tat dabei so, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck sagte mir, dass das nicht die vollständige Antwort war, aber ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken.
Es war mehr als seltsam, hier alleine mit meinem BWL Dozenten zu stehen, und ich konnte mich nicht erinnern, dass ich mich jemals außerhalb der Vorlesung mit ihm unterhalten hatte. Er musterte mich mit einem unergründlichen Blick, anstatt mich aufzuklären, wieso ich gerade hier mit ihm stand. Ich war immer noch einige Meter von ihm entfernt und dennoch lag mir der Duft seines Aftershaves oder Parfüms in der Nase, von dem er sich generell immer eine halbe Flasche über zu kippen schien, nachdem ich das auch von meinem Platz aus immer riechen konnte, wenn er unterrichtete. Ich hatte schon immer gedacht, dass dieser Mann verdammt eingebildet war mit seinen teuer aussehenden Klamotten und seinem dreihundert Dollar Haarschnitt.
„Was wollen Sie von mir?", fragte ich schließlich ungeduldig, weil er nicht den Anschein machte, als wollte er in nächster Zeit mit der Sprache rausrücken.
„Ich möchte Ihnen gerne sagen, dass ich mich dafür bedanke, dass Sie eingegriffen haben", erwiderte er, ging zwei oder drei Schritte näher auf mich zu und musterte mich mit zu Schlitzen geformten Augen von oben herab. „Gleichzeitig möchte ich Ihnen für die Zukunft aber auch nachdrücklich mitteilen: Sollten Sie es noch einmal wagen, sich in Dinge einzumischen, die Sie überhaupt nichts angehen, dann lernen Sie mich ganz schnell von einer völlig anderen Seite kennen, Aubrey. Habe ich mich damit klar ausgedrückt?"
Ich gehörte nicht zu den Menschen an der Uni, die Mr. Cummings fürchteten. Ich hatte vielleicht Respekt vor ihm, aber mit Sicherheit keine Angst. Daran änderte auch sein fragwürdiger Auftritt nichts und ich wich nicht von der Stelle, als er nochmals einen Schritt auf mich zu machte. Trotzig sah ich ihm in seine wilden, vor Zorn getrübten Augen und ich fragte mich automatisch, woher dieser plötzliche Sinneswandel gekommen war, aber gleichzeitig hätte mir das nicht weniger egal sein können.
„Sie drohen mir?", fragte ich mit fester Stimme und richtete mich dabei kerzengerade auf. Wir standen uns auf einmal so nah, dass ich bereits seinen heißen, ausgestoßenen Atem auf meinen Wangen spüren konnte.
„Nein, Aubrey", verbesserte er mich kopfschüttelnd und ein selbstgefälliges Lächeln nagte an seinen Mundwinkeln. „Ich drohe Ihnen nicht, ich zeige Ihnen lediglich auf, was passiert, wenn Sie sich über mich hinwegsetzen."
„Ist notiert, was aber noch lange nicht heißt, dass ich mich dementsprechend verhalte, Mr. Cummings", erwiderte ich und hielt dabei nach wie vor seinem starren Blick stand. Ich schnappte mir erneut meine Tasche und machte mich auf den Weg zur Tür, ehe ich nochmals in der Bewegung innehielt. „Und für Sie immer noch Miss Miles, wenn ich doch bitten darf."
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A Matter of TIME - AMOT I [abgeschlossen] #NewAdultRomance
RomanceAubrey versteckt sich in ihren Hoodies - denken ihre Kommilitonen. Mr. Cummings ist ein Egozentriker - denken seine Studenten. Doch vielleicht braucht es nur einen Funken, um Gefühle zwischen der grauen Maus und dem Narzissten aufkeimen zu lassen, d...
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