4 // Kampf der Gefühle

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"Und das hier ist ebenfalls neu. Es ist ein Nachrichtengerät. Der Grundbau ähnelt dem, deines Herzens. Ich kann dir damit Nachrichten schicken und du findest Informationen über das Jahrhundert in dem du dich befindest. Schließlich darfst du nicht auffallen. Außerdem kann ich damit deinen Standpunkt orten. Ich habe versucht eine Art Sprachkommunikation einzubauen, jedoch ist der Versuch kläglich gescheitert. Tut mir leid, aber das heißt, dass du immer noch größtenteils auf dich allein gestellt sein wirst."

Die Worte fließen aus seinem Mund, als wäre es eine Rede, die er jahrelang einstudiert hat. Ich kann kaum etwas davon verstehen, so schnell wie er es runterrattert. Meine Augen behalten dabei immer das kleine gelbe Gerät das er in der Hand hält im Blick, jedoch kann ich es nicht genau sehen, da er während dem Reden ziemlich heftig mit seinen Händen gestikuliert. Genervt davon mit meinen Augen der Apparatur hinterher zu huschen, halte ich seinen Arm fest. Endlich kann ich es mir genauer anschauen und stelle fest, dass es eine Art Touchhandy ist. Etwas klobig und eher praktisch, als elegant.

Noch bevor ich meinen Mund öffnen kann, berichtet er weiter von seinen neuesten Erfindungen.

"Das hier ist mein ganzer Stolz", äußert er und in seinen Augen blitzt etwas auf. Er legt das Handy beiseite. Vorsichtig hebt er eine kleine Glasbox mit beiden Händen in die Luft. Die Box erlaubt den Anblick einer kleinen Metallplatte. Sie ist geschätzt einen Zentimeter groß und nur wenige Millimeter dick. Sie besitzt vier, kaum erkennbare, Widerhaken.

Fragend ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe.

"Und...was soll das sein?", versuche ich so interessiert wie möglich zu klingen. Natürlich muss ich darüber Bescheid wissen, aber eigentlich überlasse ich lieber ihm diesen ganzen Wissenschaftskram. 

"Ich gehe jetzt nicht ins Detail. Das ist selbst für mich ziemlich kompliziert. Kurz und knapp: Damit sind Langzeitaufenthalte möglich." Beim letzten Satz sinkt die Lautstärke seiner Stimme deutlich. Er hat immer noch Angst davor, dass ich es mir anders überlege.

Doch das werde ich nicht und jetzt erst recht nicht mehr, da mir wieder einmal bewiesen wurde, wie fanatisch er diese Dinge angeht. Er liebt es so sehr an Erfindungen herumzubasteln, wie ein Künstler es liebt die Leinwand zu bemalen.

"Und in welche Körperöffnung schiebe ich mir das Teil?", frage ich grinsend, mit einem Hauch von Ironie.

"Das übernehme ich", sagt er bestimmend.

"Oh, willst du mich nicht erst zum Essen einladen?", erwidere ich in einer erhöhten Stimme. Die Ironie zergeht mir förmlich auf der Zunge.

Lachend schüttelt William seinen Kopf.

"Ich meine es ernst. Das muss an deinem Herz befestigt werden. Und ich denke nicht, dass du das selbst machen willst", erklärt er.

Überrascht weiten sich meine Augen. "Du willst mich schon wieder an mir rumschneiden?" Ich gehe an diese Sachen immer mit viel Humor. Es mag sich komisch anhören und manche können es auch nicht verstehen, aber über die Jahre ist all das normal für mich geworden. Wahrscheinlich liegt es an William.

Er kennt mich so gut wie auswendig. Er ist immer für mich da. Er hat mich aufgenommen, ohne dass er es musste. Und das sind nur drei von vielen Gründen, weshalb ich ihm blindlings vertraue.

"Wir müssen uns beeilen. Damit wir so schnell wie möglich herausfinden können was da vor sich geht, bevor alles noch viel schlimmer wird...", erzählt er besorgt. Ich nicke.

"Na dann, los", antworte ich entschlossen.

***

Stirnrunzelnd betrachte ich die frische Naht, die die Haut über meinem Herzen ziert. Vorsichtig fahre ich sie mit meinem Zeigefinger entlang.

Auf schmerzhafte Weise muss ich erfahren, dass das Schmerzmittel nachgelassen hat. Scharf ziehe ich die Luft ein und warte darauf, dass das stechende Brennen nachlässt.

Meine bleiche Haut hebt das Schwarz des Fadens noch stärker hervor. Eine leichte Blutkruste hat sich um die Naht gebildet. William hat mir erzählt, dass ihm ein kleiner Fehler unterlaufen ist, der aber nicht zu schlimm ist. Der Faden wird vor meiner Reise noch entfernt.

Meine sonst, vollen und glatten Lippen sind trocken und weisen leichte Risse auf. Auf der weißen Lederhaut meiner Augen haben sich kleine rote Äderchen gebildet. Die braune Iris wirkt glanzlos und fahl. Insgesamt fühle ich mich schwach.

Doch ich muss stark sein.

Denn bereits in zwei Tagen, geht es los.

Erschöpft lege ich mich auf mein Bett. Die Sorgen plagen mich stärker, als sonst. Die Fragen schwirren in meinem Kopf umher und lassen mir keine Ruhe.

Wird die neue Technik so funktionieren, wie er es sich vorstellt? Was wenn sie nicht ausreicht, um mich lange genug in der Vergangenheit sein zu lassen? Wie soll ich den Fehler beheben, wenn ich ihn entdecke? William meinte zwar, dass er mich ständig benachrichtigen kann und mir sagen kann, wo der Fehler ist, aber das heißt nicht, dass er mir die Arbeit abnimmt. Was wenn ich versage? Was passiert mit der Menschheit? Und vor allem, was passiert mit William? Wie soll ich all das schaffen? 

Lächelnd erinnere ich mich an meine erste Zeitreise. Damals war ich so verdammt naiv.

Ich war gerade fünfzehn geworden und konnte William endlich überreden mich das erste Mal in die Vergangenheit reisen zu lassen. Ich wusste noch nicht, wie körperlich anstrengend das Ganze ist. Und als ich zurückgekehrt bin, war ich so kraftlos, dass ich bewusstlos geworden bin. Seitdem fällt es mir mit jeder Reise leichter, aber es ist immer noch belastend. Zu belastend, um es ständig zu machen.

Die Angst wächst mit jedem Gedanken. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sehr mich ein langer Aufenthalt zerstören wird.

Krampfhaft versuche ich meinem Verstand einzureden, dass mein Wille stärker ist, als die Furcht, aber es gelingt mir einfach nicht. Die Angst ist ein mächtiges Gefühl, das jeden unter Kontrolle hat. Sie entscheidet darüber, wie Menschen handeln. Man kann sich noch so gut auf etwas vorbereiten, die Angst beschließt letztendlich, was wir wirklich tun.

Doch ich muss die Angst unterdrücken, zumindest so lange, bis mein Wille handelt und es zu spät ist, um einen Rückzieher zu machen. 

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Das Kapitel ist etwas kurz geworden, aber ihr könnt euch DEFINITIV auf das nächste freuen;) Zu diesem habe ich keinen Musikvorschlag, weil es ein bisschen...na ja...ohne Thema ist und dementsprechend langweilig. Aber das mache ich mit den nächsten Kapiteln wieder gut:) Uuund vielen Dank für die Votes:) die kamen einfach aus dem Nichts heraus:D ich hab mich mega gefreut♥

Danke für's Lesen♥


Time traveler // h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt