Unterlassungsdelikte

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Man unterscheidet 2 Gruppen:

echte Unterlassungsdelikte

unechte Unterlassungsdelikte

Die Unterlassungstat (passives Verhalten, Unterlassen) ist niemals ein „bloßes Nichtstun“, sondern immer ein „etwas nicht tun“.
Hinter jeder Unterlassungstat steht eine „erwartete Handlung“.
Bei den echten Unterlassungsdelikten wird der Tatbestand unmittelbar
durch ein Unterlassen erfüllt. Das STGB (Strafgesetzbuch) erfordert also ein Tun.
Beispiele sind die unterlassene Anzeige von geplanten schweren Straftaten (u.a. Mord, Totschlag, Raub oder gegen die persönliche Freiheit) und vor allem die unterlasseneHilfeleistung.
§ 323 lautet:
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und oder Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Bei den unechten Unterlassungsdelikten wird der Tatbestand an sich durch das Tun erfüllt
(z.B. Tötung eines Menschen). Das Gesetz erfordert also grundsätzlich ein Unterlassen. Trotzdem erfüllt aber ein unterlassen dann den Tatbestand,
wenn es im Einzelfall dem Tun gleich zu stellen ist (z.B. verhungern lassen eines Menschen).
Es können fast alle Delikte (Straftaten) durch unechtes unterlassen begangen werden
(Ausnahme z.B. beim Meineid).
Bei den unechten Unterlassungsdelikten muß also eine Pflicht zum Tätigwerden bestehen.
Diese Pflichtenbegründung – man spricht hier von Garantenpflichten – kann beruhen

auf Gesetz (z.B. die Fürsorge der Eltern für ihr Kind)

auf voran gegangenen tun (z.B. Befreiung einer Person, die man versehentlich eingeschlossen hat) und

auf einer besonderen Übernahme.

Zur letzen Gruppe zählen vor allem die Fälle der vertraglichen Übernahme einer Aufsichtspflicht.
Übernahme der Sorge für einen gebrechlichen, kranken oder alten Menschen begründet in der Regel die Verpflichtung, für den Erfolg verantwortlich zu sein.
In diesem Zusammenhang ist auf § 13 STGB hinzuweisen, wo es heißt:
Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört,
ist nur strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

Einzelfälle

Unterlassene Hilfeleistung:

Ein Heimbewohner erleidet einen Schlaganfall. Die zuständige Altenpflegerin hält
es nicht für nötig einen Arzt zu benachrichtigen. Der Bewohner stirbt.
(Im Klie S. 79 Fall 27)
Jeder ist verpflichtet, bei Unglücksfällen zu helfen.
„Unglücksfall“ ist ein plötzlich auftretendes Ereignis, daß erhebliche Gefahr
für den Menschen und Sachen mit sich bringt.
Daher ist eine Krankheit nicht immer ein Unglücksfall, sondern nur dann,
wenn ihr plötzlicher eintritt oder ihre plötzliche Wendung zum schlimmeren eine
unmittelbare und auch für jeden Unbeteiligten sofort erkennbare Gefahr herbeiführt.
Hier handelt es sich um einen solchen Unglücksfall, in dem jeder zu einer ihm möglichen
und zumutbaren Hilfe verpflichtet ist.
Die Altenpflegerin hätte sofort den Arzt benachrichtigen müssen.

fahrlässige Körperverletzung durch aktives Tun:

Altenpfleger verwechselt infolge Unachtsamkeit 2 Injektionsampullen.
Die falsche Injektion verursacht beim Heimbewohner schwere organische Schäden.
(Im Klie S. 56 Fall 4)
a.) Zivilrechtliche Haftung (Bürger gegen Bürger)
Bei diesem fehlerhaften handeln (grobe Fahrlässigkeit) kann der Heimbewohner von
dem Altenpfleger Schmerzensgeld verlangen. Darüber hinaus kann die Krankenkasse
ggf. Schadensersatz für die Kosten einer erforderlichen Krankenhausbehandlung fordern.
b.) Strafrechtliche Haftung (Behörde gegen Bürger)
Die Staatsanwaltschaft kann auf Anzeige oder Antrag hin, tätig werden und prüfen,
ob der Altenpfleger eine Straftat (fahrlässige Körperverletzung) begangen hat.

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