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Es war meine Schuld.

Es war ganz allein meine Schuld.

Trotz des heißen Wassers zitterte mein ganzer Körper. Es schien, als würde er gar keinen anderen Zustand mehr kennen.

Ich saß auf dem Boden der Badewanne.
Meine Arme hatte ich um fest meine Beine geschlungen und trotzdem hatte ich keinen Halt. Die Last drückte mich immer weiter runter.

Ich hätte alles verhindern können, wäre ich einfach nicht mitgegangen. Wie konnte ich annehmen, ich wäre bereit ohne Training mitzugehen? Ich wusste, wie man kämpft. Ich war gut im Kämpfen. Jedoch wusste ich nicht, wie man in einem Team kämpft. Vor allem in einem, welches schon eingespielt war.

Immer wieder tauchten die Bilder in meinem Kopf auf. Es war als hätten diese sich auf Ewigkeit eingebrannt. Ich war unaufmerksam. Ich sah, wie sein Körper zu Boden fiel. Dann hörte ich das Knurren der anderen. Ich bemerkte nur noch, wie Sebastian auf mich zugerannt kam, ehe alles verschwamm. Es ging alles so schnell. Könnte ich je das Schreien von Erin vergessen, als Sie die Neuigkeit gehört hatte? Sie musste es schon eher gewusst haben, wollte es sich aber nicht eingestehen.

Hätte ich den fremden Wolf hinter mir gesehen, wäre es nicht passiert. Hätte ich die anderen Schattenwolfe aufmerksam beobachtet, wäre mir aufgefallen, dass Sie mir deuteten zurück zu bleiben. Doch ich dachte ich wäre unantastbar. Als könnte mir keiner etwas anhaben. Ich habe mich von dem berauschenden Gefühl leiten lassen.

Was würde Elijah sagen?

Könnte mir jemand von ihnen je verzeihen? Wegen mir ist ein Schattenwolf gestorben. Ich habe das Herz von Erin gebrochen. Ich habe Elijah einen Freund genommen. Ich habe dem Rudel ein Mitglied genommen.

Elijah wollte nie, dass ich mit raus gehe. Ich dachte immer es wäre, weil er mir das kämpfen nicht zutrauen würde. Stellt sich raus, er nahm mich nicht mit, weil es ziemlich umständlich ist jemand neues in ein perfektes Team einzubringen. Vor allem wenn kein Bedarf besteht. Es gab nie Probleme, wenn nur die Jungs unterwegs waren. Hier und da ein paar Kratzer, doch sie kamen alle vollständig zurück. Alle.

Bei den Gedanken an Elijah zog sich mein Herz schmerzvoll zusammen. Auch hatte ich das Gefühl meine Lungen würden jeden Moment versagen. Ich will mir nicht die Enttäuschung in seinen Augen vorstellen. Wird er überhaupt mit mir sprechen? Er war heute morgen schon nicht gut drauf. Wie wird er jetzt drauf sein?

Wieso benahm ich mich in letzter Zeit so komisch? Wieso traf ich all diese Entscheidungen, welche ich eine Sekunde später schon bereute? Lag es wirklich an der Verwandlung und wie diese sich auf meinen Wolf auswirkte?

Angespannt fuhr ich mir durch mein Gesicht, ehe ich beschloss das Wasser auszustellen. Sofort umhüllte die Kälte meinen nassen Körper. Ich brauchte einen Moment ehe ich aufstand, mich abtrocknete und mir was überzog.

Dabei kam in mir ein Wunsch auf. Ich wollte nicht mehr hier sein. Doch könnte ich einfach abhauen? Nein. Das könnte ich Elijah nicht antun. Auch wollte ich nicht weg von ihm. Auf der anderen Seite, hatte ich das Gefühl er wollte mich nicht mehr hier. Aber sollte ich wirklich alles von einem unschönen Morgen abhängig machen?

Eins stand fest, die Stimmen sollten aufhören. All diese Schuldgefühle sollten aufhören. Diese erdrückende Gefühl soll verschwinden.

Mit einem tiefen Atemzug öffnete ich den Spiegelschrank, ehe ich mir Elijahs Schlaftabletten nahm. Er hatte sie zu Beginn seiner Verwandlung, als Schattenwolf, gebraucht. Denn sein Wolf wollte ihn keine Sekunde ruhen lassen.

Ich nahm mir zwei Tabletten in den Mund und schluckte sie mit Wasser runter, ehe ich ins Schlafzimmer ging und hoffte die Tabletten würden schnell wirken. Wenn ich diesen Ort nicht entfliehen konnte, wollte ich wenigstens für ein paar Stunden dieser Welt entfliehen.

Ich hatte Angst irgendwas noch dümmeres zu machen, sodass mir nichts anderes einfiel als die Schlaftabletten.

Es dauerte auch nicht lange, bis es endlich ruhig wurde und meine Sicht von der Dunkelheit eingenommen wurde.

"Entweder Sie oder du" raunte mir eine dunkle Stimme ins Ohr. Dabei spürte ich seinen warmen Atem auf meinen kalten Nacken. Seine trainierte Brust spürte ich direkt an meinen Rücken. Wie sie sich bei jedem Atemzug gegen meinen Rücken presste. "Die Entscheidung liegt ganz bei dir."

Meine zitternden Hände ballte ich zu Fäusten, während ich tief ausatmete und für einen Moment meine Augen schloss.

Ich wollte leben. Hier würde mein Leben nicht enden. Nicht so. Nicht durch ihre Hände.

Mit einer schnellen Bewegung nahm ich den Kopf des Mädchens in die Hand, ehe ich ihn mit einem lauten Knacken drehte.

"Wusste ich es doch" entgegnete mir Damon, während ich den leblosen Körper des Mädchens musterte. Sie war nicht viel älter als ich. Sie hatte sich nur anders entschieden. Sie hatte sich für das richtige entschieden. Sie hatte sich, wie ein richtiger Werwolf verhalten.

Ich spürte seine Hand auf meiner Schulter, als wolle er mir verdeutlichen, dass er stolz auf mich ist. Bei seiner Berührung spannte sich mein ganzer Körper an. Denn die Bilder tauchten mir nach und nach wieder in meinen Gedanken auf. Ihre fremden Hände überall auf meinen Körper. Kein Zentimeter blieb unberührt. Ihr lachen in meinen Ohren, als ich mich wehrte. Mein Blut, welches den ganzen Boden bedeckte, wenn ich einen von ihn verletzt hatte.

"Du wirst gut zu uns passen, Aurora" entgegnete mir Damon, worauf ich schluckend nickte.

Sie sind nicht deine Freunde und sind auch nicht deine Familie, versuchte ich mir immer wieder einzureden. Ich dürfte es nicht vergessen, um keinen Preis.

Vorsichtig fuhr ich mit meinen Fingern über die Narben an meinem Oberarm. Wunden, die immer aufgerissen wurden, sodass sie nie wirklich verheilen konnten.

"Bestimmt" erwiderte ich, während mein Blick immer noch an dem Mädchen hing. Mir war klar, dass Sie nicht mein letztes Opfer sein wird. Sie war der nur der Beginn.

"Wir haben noch viel vor uns" flüsterte er mir ins Ohr, während seine Finger an meiner Seite runter wanderten.

Angespannt atmete ich tief ein und aus, während ich überlegte ob der Tod nicht die einfachere Methode war. Ich hätte alles hinter mir. Vermisste meine Familie mich überhaupt? Ich bezweifelte, dass meine Mutter überhaupt bemerkt hat, dass ich verschwunden war. Und wenn, würde keiner von ihnen nach mir suchen. Keiner würde generell davon ausgehen, dass ich noch lebe. Und solangsam fragte ich mich, welcher Teil von mir wirklich noch lebt und welcher sich schon in den vergangenen Monaten verabschiedet hat.

"Dann sollten wir anfangen" entgegnete ich Damon, während ich einen Schritt vor ging und mich umdrehte. "Findest du nicht?" Fragte ich, ehe ich auf die Tür zu ging.

In diesem Moment wollte ich nur so viel Abstand zwischen uns beiden schaffen, wie es ging. Doch ehe ich mich versah stand er schon wieder neben mir und öffnete mir die Tür.

"Nach dir."

Das Rudel der SchattenwölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt