Abstieg

32 1 2
                                    

Ich schätze, dass es gerade um neun Uhr ist, die Sonne ist noch nicht weit gewandert.

"Ihr habt bis zum Sonnenaufgang Zeit", sagt der Entführer durch sein Megaphon noch in seine Maske gekleidet. Er lacht kurz. "Viel Glück"

Der Mann, dem ich als erstes geholfen habe, steht auf.

"Zeit wofür??", fragt er für alle.

KNALL

Ein sauberer Schuss aus einem versilberten Revolver bringt meinen Nachbar zum Schweigen, ich wende den Blick nicht von der Waffe in der Hand des Entführers ab.

Der Erschossene fällt dumpf nach hinten, in die Ecke. Gekreische beginnt wieder, welches jedoch wie zuletzt durch kurzes Aktivieren des Megaphones beendet wird.

"Tztztz... dann erkläre ich es für euch, es ist eure Zeit." Wieder kurzes Gelächter, er erhebt die Stimme, ohne Megaphon wirkt sie weniger bedrohlich: "Liebe Mitspieler und Mitspielerinnen! Ich habe euch versammelt, um ein Spiel zu spielen! Um genau zu sein, handelt es sich dabei um das Verstecken und Suchen. Wie ihr vielleicht erraten könnt, bin ich der Sucher, welcher euch beim Finden ein tödliches Ende bereiten wird." Gekichere. "Der Hafen ist abgeriegelt, ihr dürft natürlich nach Ausgängen suchen, aber das Haupttor öffnet sich pünktlich zum ersten Sonnenstrahl." Er guckt auf sein Handgelenk, wahrscheinlich eine Armbanduhr, dann hebt er den Kopf wieder zu uns und beendet:"Viel Spaß und Erfolg". Er hebt beide Arme in einem V und verneigt sich ausgiebig, um sich daraufhin in einem Schneidersitz hinzusetzen und seinen Kopf auf einer Hand abzustützen.

Allgemeine Panik und Hektik bricht in dem Container aus, als der Entführer seine Waffe außerhalb seiner Reichweite ablegt. Die ersten gucken über den Rand, ich warte lieber weiter hinten, bis sich die Lage beruhigt hat. Schon krabbelt der erste an der einen Tür entlang, ich beobachte ihn. Er steigt runter... zu einem Seil! Damit mussten die Türen vorhin geöffnet worden sein. Eilig folgen ihm die nächsten, das sieht nicht allzu sicher a... der Mann, der sich eben noch schwer daran machte, sich zum Seil zu hangeln,verlor mit einer Hand den Griff. Ich hechte nach vorn, um zu sehen, ob man ihm helfen kann. Er schaut nur noch runter.

Leises Gelächter von drüben.

"Bleiben sie ruhig und halten sie sich wieder fest!", rate ich.

Der korpulente Mann zittert, das gibt ihm den Rest. Er rutscht hysterisch ab und fällt, erst fassungslos und dann schreiend runter, die Frauen quicken laut. Ich wende den Blick ab und höre nur das Aufklatschen... Brrr.

Die Leute werden langsamer und vorsichtiger, nacheinander klettern sie hinunter.

Bald bin ich auch dran, nach einem Mädchen, das sogar jünger als ich sein dürfte. Sportlich bewältigt sie den Abstieg, so auch ich. Unten angekommen sehe ich doch noch den dicken Mann wieder, er liegt völlig aufgeplatzt und verteilt auf dem Boden, schnell laufe ich daran vorbei...

Jetzt sind wir nur noch 11.

Versteck dich...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt