Ein breites Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus und sein Blick ruht auf dem Mädchen. Er legt ihr seine Hand in den Nacken, zieht sie zu sich her und küsst sie auf ihre Lippen. Er sieht das Strahlen in ihren Augen und genießt das Gefühl ihrer festen Lippen unter seinen, die den Kuss bereitwillig erwidern. Ihre Zunge stupst fordernd, und da er das Spielchen begonnen hat, gibt er mit Vergnügen nach.
Sie schmiegt sich an ihn, schlingt ihre Arme um ihn, und ihre Hände streichen über seinen Rücken. Um sie herum tobt die Party, laute Musik tönt durch die Räume, ab und zu taumeln Gesprächsfetzen ebenso vorbei wie die typischen Gerüche nach Alkohol, Rauch und Essen.
Noah gräbt seine Hände in die langen Haare des Mädchens und schließt für einen kleinen Augenblick die Augen. Irgendwo werden Stimmen laut, und dieser magische Augenblick ist vorüber. Noah löst sich von dem Mädchen, und sie sieht sich instinktiv nach dem Tumult einige Meter von ihnen entfernt um.
Noah schiebt seine Beanie ein Stück nach hinten, sein Blick wandert über die Gesichter der Leute in seiner Umgebung, und er lässt sich mit der Menge der neugierigen Partygäste von dem Mädchen wegtreiben. An der Bar schert er aus, holt sich eine Cola und schlendert damit durch die Räume. Er nickt hier und da Leuten zu, die er kennt, und lehnt sich schließlich draußen auf der Terrasse an eine Wand. Er betrachtet den Nachthimmel und die Pärchen, die sich im dunklen Garten trotz oder gerade wegen der Winterkälte wohl ein klein wenig Privatsphäre versprechen. Sein Blick bleibt an einem Mädchen hängen, das scheinbar gedankenverloren auf der alten Schaukel sitzt und darauf leicht hin und her schwingt. Ihr Atem verwandelt sich in kleine Wölkchen, und sie hat die Ärmel ihres Pullis weit nach vorne gezogen, um damit wie mit Handschuhen die Ketten der Schaukel umfassen zu können. Einige vorwitzige Haarsträhnen haben sich aus ihrer Flechtfrisur gelöst und schwingen sanft im Luftzug hin und her. Ihr Blick ist nach unten gerichtet, Schatten fällt über ihr Gesicht, doch als sie aufschaut, sieht sie Noah direkt an. Er presst seine Lippen aufeinander, reibt sich über den rechten Unterarm und bemerkt erstaunt das Kribbeln in seinem Magen und das Zucken seiner Mundwinkel, als wollten seine Lippen lächeln.
Sie zieht ihre linke Augenbraue nach oben, stoppt die Schaukel und geht an Noah vorbei zurück auf die Party. Noah stößt sich von der Hauswand ab und folgt ihr ins Haus. Er sieht sich nach ihr um, wandert durch die Räume, doch er entdeckt sie nirgendwo, so als wäre sie niemals dagewesen.
Noah gibt seine Suche auf, holt sich noch etwas zu trinken und trifft wieder auf das Mädchen, das er eine Weile zuvor geküsst hat. Sie lächelt ihn mit leicht geöffneten Lippen an, schlingt ihre Arme um ihn und küsst ihn schließlich voller Begierde. Er erwidert den Kuss mit geöffneten Augen und entdeckt nun endlich nur wenige Meter entfernt das Schaukelmädchen. Ihre Augen weiten sich für einen kleinen Augenblick, dann gleitet ihr Blick über ihn hinweg, und er ist sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt wahrgenommen hat. Das Schaukelmädchen macht einen Schritt zurück und verschwindet wieder in der Menge und somit aus Noahs Blickfeld.
Das Mädchen ihm gegenüber sagt irgendetwas und Noah wendet sich ihr wieder zu, doch er hat keine Lust mehr auf dieses Spielchen. Er schüttelt den Kopf, hebt abwehrend die Hände und löst sich aus ihrer Umarmung. Verblüfft lässt sie es geschehen, und er geht einfach weg.
Sein schlechtes Gewissen überschüttet er mit Cola, flaniert durch das Haus und hält Ausschau nach dem Schaukelmädchen. Dieses scheint jedoch über einen Unsichtbarkeitszauber zu verfügen, denn er findet sie auch diesmal nicht. Dafür trifft er auf alle möglichen anderen Bekannten, die ihm irgendwelche Dinge erzählen, die er gedankenlos abnickt. Er lässt sich ziellos durch die tanzenden, redenden, trinkenden Partygäste treiben. Seine Neugierde und Interesse sind allein auf das Schaukelmädchen gerichtet, das er allerdings nicht wieder entdeckt.
Dunkle Wolken ziehen über den dunklen Himmel und verdecken die Sterne, als Noah die Party verlässt. Er steckt seine Hände tief in die Hosentaschen seiner Jeans und vergräbt sein Kinn in seiner Winterjacke. Romy neben ihm japst erschrocken nach Luft. „Ist das kalt, verdammt!" Sie hüpft drei Mal, damit ihr wärmer wird. Noah beachtet sie kaum, denn am Straßenrand sieht er das Schaukelmädchen in ein Auto einsteigen. Ihr Blick trifft ihn für einen kleinen Augenblick, und ein winziges Lächeln weht durch die Kälte zu ihm herüber. Überrascht bemerkt er, wie seine Mundwinkel sich ebenfalls zu einem Lächeln nach oben kräuseln, und er zieht eine Hand aus der Tasche, um ein Winken anzudeuten. Das Schaukelmädchen schließt die Wagentüre, beugt sich zum Fahrer hinüber, und gleich darauf fährt das Auto in die Nacht davon. Noah ist stehen geblieben und verpackt seine Hand wieder warm in der Tasche.
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Das Schaukelmädchen
أدب المراهقينWenn das Schicksal einen immer wieder zusammenführt, sollte man sich nicht dagegen wehren...