Wenn man mit schlechter Laune ins Bett geht, dann ist die Chance, dass man mit guter Laune aufwacht sehr gering. Meine Laune war im Keller, als ich wach wurde und konnte irgendwo zwischen Demotivation, keinem Selbstvertrauen und dem Bereuen, dass ich Leif so weit in mein Leben gelassen hatte verortet werden. Ich hasste es solche Launen mit anderen zu teilen und ohne nachzudenken hatte ich ihn gestern mit hineingezogen. Ich wünschte mir, dass es niemals passiert war und ich hatte in diesem Moment keinen Nerv Leif gegenüberzutreten. Ich wollte nach meinem Handy greifen, doch musste erst eine kurze Zeit nach diesem unter meinem Kissen suchen. Der Akku hatte sich über den letzten Tag und die Nacht entladen, wodurch ich keine Idee hatte, wie lange ich geschlafen hatte, beziehungsweise wie viel Uhr es war. Ich steckte es an, und während ich darauf wartete, dass es sich so weit voll lud, lauschte ich, ob ich Leif hören konnte. Die Wohnung lag jedoch still, was bedeutete, dass Leif entweder schlief, Videos schaute oder weg war.
Mein Handy vibrierte in meiner Hand kurz, als ich es anschaltete: 10:35 Uhr. Ich hatte keinen Grund mich länger in meinem Bett hin und her zu wälzen, selbst wenn ich eigentlich wollte. Langsam quälte ich mich heraus, wobei ich fast über die Kante auf den Boden rollte, als ich mich umwandte. Schwankend kam ich auf die Beine und verließ mein Zimmer. Ein Blick auf das Schuhregal verriet mit, dass Leif unterwegs war und ich musste zugeben, dass ich dies nicht unbedingt so schlecht fand.
Zehn Minuten und einen Kaffee später fühlte ich mich wieder lebendig und ich zog mich zurück in mein Zimmer und versuchte damit weiterzumachen, womit ich am Vortag aufgehört hatte.Leif kam irgendwann gegen Abend mit zwei Pizzen heim. Ich hatte es irgendwie geschafft den ganzen Tag nichts zu essen, deshalb war ich ihm sehr dankbar, als er mich aus der Konzentration riss und mich fragte, ob ich auch wollte. Ähnlich wie an dem Morgen, nachdem er mich gebissen hatte, vermieden wir über den Vorabend zu sprechen, sondern schwiegen uns die meiste Zeit an.
„Also, wann hast du morgen die Klausur?", fragte er irgendwann.
„Ab 15:30 mit dreieinhalb Stunden Zeit."
„Also bis 7?", rechnete er schnell durch.
Ich nickte nur. Die späte Uhrzeit war auf der einen Seite positiv, auf der anderen jedoch negativ. Ich konnte dadurch ausschlafen und musste dann für die Klausur selbst mich nicht unbedingt vollkommen auf Kaffee verlassen, doch gleichzeitig würde es heißen, dass ich erst wieder aus der Uni kam, wenn es dunkel war und nach den vergangenen Ereignissen hatte ich darauf so gar keine Lust.
„Falls ich es morgen vergesse, schon mal jetzt: Viel Erfolg."
Ich nickte erneut. Es wäre schön, wenn ich mir die Worte zu Herzen nehmen könnte, doch da ich immer noch das Gefühl hatte, ich würde das nicht können, glaubte ich nicht daran, dass ich selbst mit Glückwünschen, Erfolg haben könnte.
Vielleicht hätte ich morgen ein besseres Gefühl, aber ich zweifelte sehr dran. Ich würde einfach mein Bestes geben und wenn ich später eine 6 hatte, dann hatte ich die schriftliche Bestätigung, dass ich Scheiße war.Ich schlief bis zehn, begann mit Kaffee und dem erneuten Wiederholen des Stoffes für die Klausur, wobei ich zwischen „Ich kann das" und „Ich werde vollkommen versagen" im Fünf-Minuten-Takt schwankte. Wenn ich meine Notizen anschaute, dann hatte ich zwar schon das Gefühl, dass ich die Themen konnte, doch sobald ich sie weg legte, wurde ich unsicher.
Gegen Mittag holte uns Leif spontan Döner, wobei er darauf bestand, dass ich selbst auch etwas aß, was ich ansonsten wahrscheinlich gelassen hätte.
Früher als sonst ging ich zur Uni, da ich kein Vertrauen in die öffentlichen Verkehrsmittel hatte, was dazu führte, dass ich über eine halbe Stunde vor der Klausur im Unigebäude war.Die Klausur selbst kam mir vor wie eine Zugentgleisung. Drei Aufgaben mit jeweils zwei bis vier Teilaufgaben, doch als der Professor verkündete, dass die Hälfte der Zeit herum war, befand ich mich immer noch bei 1.4. Panisch wurde meine Schrift immer unordentlicher, bis man sie auf der letzten Seite fast mit einem EKG vergleichen konnte. Mir blieben zehn Minuten, als ich die letzte Aufgabe anfing und als es dann „Abgabe" hieß, hätte ich noch weitere drei Punkte schreiben wollen, welche mir nicht mehr gegönnt wurden.
DU LIEST GERADE
Vampirbiss
Romance„Leif!", rief ich recht laut und er zuckte zusammen, „Sag was du willst, nachdem ich bis eins gezählt habe, sonst geh bitte wieder." Er nickte zögerlich und ich schloss die Augen, bevor ich langsam von drei herunter zählte. Als ich die „Eins" ausges...