🌟Sechzehn🌟 How to suppress curiosity: Gar nicht

1.5K 251 68
                                    

Jimin

Es ging eine Weile hin und her, und der Amaretto ging zur Neige. Mit der Zeit wurden wir etwas ruhiger und die Sachen gingen tiefer. Das war ja auch irgendwo der Sinn des Spiels.
"Ich hab noch nie Weihnachten allein verbracht und mir immer gewünscht, allein feiern zu können. Und als es so weit war, war es auch scheiße", sinnierte er, und ich versuchte zu folgen.

"Warte, warte. Das ist zu kompliziert für mein Suffhirn. Ich glaube, du musst trinken. Na los."
Er lachte nur leise.
"Jiminie", sagte er sanft, "ich hab die Frage gestellt, also muss ich auf jeden Fall nicht trinken. Du auch nicht, oder hat dich Weihnachten nicht angekotzt?"
Ich trank.
"Schon, aber ich habe mir nie gewünscht, allein zu sein. Aber das eine Jahr, hätte ich fast mit Jiyoung nach Disneyland Paris fliegen dürfen. Ich ... hatte so hart dafür gearbeitet. Lohn habe ich nie bekommen, aber ich hatte einen Deal mit meinem Dad, dass wir dürfen, wenn ich eine bestimmte Anzahl an Stunden schaffe ..."
Ich schluckte und lehnte mich an die Lehne des Sofas.

"Was ist passiert?", hakte er nach und strich mir durch die Haare. Die Geste hatte inzwischen was Vertrautes.
"Ich habe mich erkältet, habe weiter gearbeitet, und dann lag ich an Weihnachten allein im Krankenhaus mit einer schweren Lungenentzündung. Ji hat es verstanden, sie war elf Jahre alt und sagte zu mir, ich sollte mich lieber ausruhen. Sie hatte Recht."
"Nächstes Jahr schnappen wir sie uns und fliegen nach Disneyland."
Ich lächelte nostalgisch.
"Du hast bereits genug getan, Hoseok. Ich würde deine Großherzigkeit nie so ausnutzen."

Er sagte nichts mehr dazu, dachte sich wohl einfach seinen Teil.
"Jetzt wird es schlüpfrig! Ich hab noch nie versucht, mit einer Frau zu schlafen."
Ich ging nicht davon aus, irgendwie dachte ich, dass das von Anfang an eine Fakeehe gewesen war, aber er trank nicht. Ich drückte seine Schulter.
"Ihr Armen", murmelte ich leise.
"Es war ein Desaster. Ich habe mir eingebildet, dass ich vielleicht bi bin oder so, aber ... nah. Ich hatte noch nie guten Sex."
Ich schenkte extra nach, damit ich gleich zweimal trinken konnte.

Ich konnte ihm das gut nachfühlen. Auch ich hatte es versucht, aber es war einfach ... nicht schön gewesen, also hatte ich es sein lassen. Dementsprechend waren meine Erfahrungen eher Mau und beschränkten sich auf zwei, drei gescheiterte Experimente und das Fantasieren von meinem Mathelehrer.

"Ich hatte nie einen echten Freund", versuchte ich als Nächstes, "bitte trink nicht."
Doch er trank, und ich krabbelte an ihn ran, um meine Arme um ihn zu schlingen.
"Du hast jetzt mich", sagte ich leise, und er drückte mich. Ich ließ ihn wieder los, rückte aber nicht wesentlich wieder ab.
"Monate auf der Straße hin oder her, ich hatte mehr Glück als du, ich habe die Jungs."
Ich legte kurz meine Hand an seine Wange und genoss das Gefühl seiner weichen Haut unter meinen Fingern.
"Ab heute bin ich dein Bestie, Zuckerschnute. Wir gegen den Rest der Welt!"

"Auf jeden Fall. Das ist das betrunkenste und ehrlichste Gespräch meines Lebens."
Er lachte wieder nur leise und ich ließ ihn wieder los.
"Ich ... habe mich noch nie wirklich verliebt. Crushs auf Lehrer und Schwäger gelten nicht."
Ich zögerte merklich. Doch dann trank ich. Ich zögerte, weil ich nicht einzuordnen wusste, was das mit ihm wahr. War ich verliebt? Woran merkte man das? Ich hatte ... uhm, Symptome. Verknallt war ich definitiv schon mal gewesen. Nicht nur in meinen Mathelehrer, auch in einen meiner Kommilitonen. Er wusste es bis heute nicht, und das war gut so. Doch das stand auf einem anderen Blatt. Ich hätte die Frage zuvor vielleicht sogar mit Ja beantwortet, denn auf irgendeine Art und Weise war ich schon verliebt gewesen, doch das mit Hoseok fühlt sich so anders an. So viel ... intensiver.

Hätte ich nicht trinken sollen? Hätte er es verstanden?

"Was ist mit dir?", fragte ich, um die Stille zu überbrücken und mein Zögern zu überspielen.
"Ich habe es immer unterdrückt."
Ich runzelte die Stirn.
"Sowas kann man nicht einfach unterdrücken, es passiert doch einfach?", hakte ich nach, und er zuckte mit den Schultern.
"Doch, das geht schon, man muss nur den Kontakt abbrechen."
"Das hast du gemacht?"
Er nickte nur. Das musste hart gewesen sein. Er seufzte.
"Aus den Augen aus dem Sinn."

"Das ist hart", sagte ich mitfühlend.
"Es war notwendig, damals habe ich noch versucht, brav die Ansprüche meiner Mutter zu erfüllen", erklärte er.
Und auch, wenn es eine unschöne Eifersucht in mir auslöste, sagte ich: "Du könntest ihn jetzt wieder sehen ..."
Hoseok schüttelte nur den Kopf.
"Ich habe noch nie ein Konzert besucht", machte er einfach weiter, und ich trank.
"Zumindest keines, wo ich hin wollte. Trauriges Leben."
"Aber wirklich."
Auch er trank einen Schluck.

"Ich habe nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt ...", meinte ich leise.
"Ich habe generell nicht an die Liebe geglaubt."
Ich musterte ihn, und er schien traurig zu werden. Ich war so bereit, ihn zu trösten, sollte jetzt aus ihm alles rausblubbern.
"Wenn du weinen musst, ich bin da", meinte ich, und er grinste schief und lachte melancholisch. "Ich bin nicht so der Typ fürs Weinen."

Ich atmete tief durch. Dann sah ich wieder auf.
"Es gibt sie. Liebe. Es gibt sie wirklich", sagte ich überzeugt, und er lächelte leicht.
"Nur weil ich bisher nicht dran geglaubt habe, heißt das nicht, dass sich das nicht vielleicht noch ändert."
Ich grinste.
"Ha!", rief ich. "Darauf Amaretto!"
Ich stieß an seine Tasse an, sah ihm in die Augen und trank. Er tat es mir gleich.
"Ich habe mir nie ein Tattoo stechen lassen", machte ich weiter, und er wackelte mit den Augenbrauen. Ich wackelte mit den Augenbrauen zurück. Konnte er noch attraktiver werden? Ja, er konnte.

"Ohhh, Jimin, jetzt musst du sie aber auch zeigen!"
Ich kicherte leise.
"Muss ich?", fragte ich.
"Alle?"
Er nickte.
"Zeig mir deins, ich zeig dir meins."
Ich biss mir auf die Lippe. Ich war definitiv neugierig. Also zeigte ich ihm erst mal meinen Knöchel. Dort zierte mich das bereits verblassende Bild einer süßen, einfachen Schildkröte.
"Ich vermisse meine Hurly", verriet ich wehmütig.
"Klag sie mit ein", meinte er leichthin, "sie gehört dir. Süßes Tattoo."
"Danke", sagte ich und zog mir den zu großen Pullover über den Kopf.

Ich war mit den Armen noch im Pulli, aber ich musste schon sehr grinsen, denn er wurde doch schon etwas rot. Wie passte das mit dem zusammen, was er immer mal zwischendurch tat? Seine Ärmel waren immer noch hochgekrempelt, ja?
"Entspann dich", sagte ich neckend, "ich hab ja noch ein Tanktop an."
Ich zeigte ihm die Innenseite meines rechten Oberarmes.
"Das ist der Name meiner Schwester in Sindarin", erklärte ich den Schriftzug.
"Sindarin?"
"Elbisch, quasi."

Er lachte leise.
"Du bist also ein Nerd? Süss."
Meine Wangen wurden warm.
"Ich bin kein Nerd", ich haute ihn leicht an die Schulter, "Und Nerds sind cool. Zeig mir deins, dann zeig ich dir das Dritte vielleicht später."
Seine Augen funkelten spitzbübisch, und er stand auf.
"Wie unfair", beschwerte er sich, "so kommst du nicht davon."

Er zog dein Hemd hoch und mir vielen fast die Augen aus dem Kopf, denn s) er war gebaut, wie ein junger Gott, und f)konnte ich spontan das Alphabet nicht mehr, und c) hatte er wohl das hübscheste Tattoo, was ich je gesehen hatte, da konnte ich einpacken. Ein Long schlängelte sich in schwarz-weiß über seine gesamte Seite, die Schattierungen waren detailliert und wunderschön, und das ganze Tattoo schrie förmlich: "Ich bin mit Liebe gemacht worden, ich war teuer und schmerzhaft und hab Zeit gekostet."

Er setzte sich wieder zu mir, und man möge es mir verzeihen, denn ich war betrunken, aber ich wollte noch einen Blick darauf werfen, also schob ich sein Hemd, sobald er saß, einfach wieder nach oben.
"Jetzt zeige ich meins nicht mehr", sagte ich mit trockenem Mund. "Das ist ja peinlich."
"Wieso?", fragte Hoseok und ließ mich machen, während ich eine harte Zeit hatte, heilig zu bleiben.

"Weil meins lame ist dagegen", antwortete ich und glotze das Tattoo einfach weiter an. Er lachte leise.
"Also findest du es schön?"
Ich nickte. Fasziniert strich ich leicht über die Tinte auf Hosoeks weicher Haut, und oh shit, ich mochte das.
"Wunderschön", wisperte ich.

"Ich habe noch nie einen Mann geküsst", sagte er plötzlich, und einen Moment war ich ganz aus dem Konzept gebracht. Ich musste erst mal kapieren, dass er weiter spielen wollte. Meine Hand suchte nach meiner Tasse, damit ich trinken konnte, doch Hoseok hielt meine Hand einfach auf. Ich sah verwirrt auf unsere Hände, doch mir blieb nicht viel Zeit, mich zu wundern. Ehe ich mich versah, drehte er meinen Kopf zu sich und legte seine Lippen auf meine. Vorsichtig  begann er seine Lippen gegen meine zu bewegen, und wenn ich nicht vorher schon gewusst hätte, dass ich mich einfach so in ihn verliebte, würde ich es spätestens jetzt merken.  

Ich erwiderte den Kuss genauso vorsichtig. Warum war das so atemberaubend? So faszinierend? Meine Hand wanderte ohne mein Zutun etwas über sein Tattoo, und die andere suchte sich ihren Weg in sein Haar. Er wurde etwas mutiger, umfasste meine Hüfte und zog mich auf seinen Schoß. Meine Gefühle spielten völlig verrückt. Ich wusste nur eins sicher, und das war, dass ich nicht aufhören wollte. 

An Unexpected GiftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt