Die Privatsphäre

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~Manchmal brauchen wir einen Bussitz für uns und einen zusätzlichen für unsere Privatsphäre...~

Sie hörte ihn, lange bevor sie ihn sah. Als er um die Ecke bog, durchwühlte sie ihre Tasche, auf der Suche nach ihrer Fahrkarte. Mit aufheulendem Motor kam der Bus vor ihr zum Stehen. Sie stieg ein.

Der Bus war leer, wie jeden Morgen, denn ihre Station war die erste. Sie setze sich auf ihren Lieblings Platz, stöpselte ihre Kopfhörer rein und schaute aus dem Fenster.

Wie jeden Morgen. 

Sie mochte die Ruhe des Buses nur sie und ihre Gedanken, das würde sich jedoch bald ändern, denn mit jeder Haltestelle würde sich der Bus füllen und die Ruhe wäre weg. Aber wenigstens, hatte sie den Platz für sich alleine.

Der Bus kam vor ihm zum Stehen. Er stieg ein. Der Bus war leer bis auf einen Platz. Da saß sie.

Wie jeden Morgen.

Er setzte sich immer so weit von ihr weg wie möglich, aber nicht an diesem Morgen. Jetzt würde er in die Offensive gehen. Er hatte lange genug gewartet. Jetzt oder nie. Zielstrebig ging er auf ihren Sitzplatz zu...

Sie beobachtete gelangweilt wie er einstieg. Das war nichts ungewöhnliches, doch irgendwie wirkte er an diesem Morgen anderes. Anstatt sich soweit wie nur irgendwie möglich von ihr wegzusetzen, steuerte er direkt auf sie zu.

Er fragte sie, ob er sich neben sie setzen dürfte. Sie verneinte. Er erkundigte sich.

Genervt blickte sie ihn an. Was hatte er für ein Problem? Sie machte eine ausholende Bewegungen durch den Bus, vermittelte ihm, dass er sich auf jeden anderen Platz setzen könnte.

Er ließ sich nicht beirren. Hatte doch endlich den Mut gefunden mit ihr zu sprechen. Zu lange hatte er eine Konversation mit ihr vermieden, vor Angst sich zu blamieren.

Missmutig stellte sie fest, dass er standhaft blieb. Sie setze zum Sprechen an: „Ich hätte nichts dagegen, wenn du dich setzen würdest“, er machte Anstalten sich hinzusetzen, da sprach sie weiter. „Aber“, eine gespielt theatralische Handbewegung unterstrich ihr Auftreten, „leider sitz da schon meine Privatsphäre, das tut mir echt Leid.“

Er vernahm den Spott in ihrer Stimme. Das warf ihn leicht aus der Bahn, aufgeben wollte er jedoch nicht, jetzt wo er doch endlich den Mut hatte.

„Deine Privatsphäre?“

„Ja, meine Privatsphäre.“

„Warum hat deine Privatsphäre einen extra Platz?“

„Damit ich in Ruhe nachdenken kann.“

„Und ich würde dich dabei stören?“

„Ja.“

Er grinste. „Verstehe“, sagte er -für ihren Geschmack- zu verständnisvoll und definitiv zu glücklich.

Er sprach schelmisch grinsend weiter: „Wenn ich du wäre, könnte ich mich bei meinem wunderschönen Anblick auch nicht mehr konzentrieren.“

Genervt rollte sie die Augen, diese Antwort hätte sie erwarten können. Sie wollte ihm eine schlagfertige Antwort, die ihn vertreiben würde geben, jedoch fiel ihr keine ein. Das einzige was ihr einfiel, implizierte, dass er sich zu ihr setzen würde. Sie seufzte, gab ihm mit ihrer Gestik zu verstehen, dass er sich setzen konnte.

Glücklich saß er neben ihr. Und was nun? Er hatte -um ehrlich zu sein- nicht damit gerechnet überhaupt so weit zu kommen. Das war mal wieder typisch, nie dachte er seine Pläne zu ende, das warf ihm seine Mutter auch immer vor. Etwas panisch suchte er nach etwas was er zu ihr sagen könnte. Sollte er Small Talk mit ihr betreiben? Über das Wetter reden? Über die Schule? Oder sollte er ihr schmeicheln? Letzteres verwarf er, für schmeicheln war es zu spät, er hatte sich ihr aufgezwungen. Vielleicht war sein Plan doch nicht der beste gewesen. Doch jetzt war es zu spät um sein Handeln zu bedauern, jetzt saß er neben ihr und verdammt nochmal er würde seine Chance nutzen!

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