Das Ziel in der Ferne

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Bildquelle: https://i.onmeda.de/gewitter-ueber-feld-635x355.jpg

~Mein Blick ist in die Ferne gerichtet...~

Sie blickte gen Himmel, der immer dunkler zu werden schien. Vor nicht mal fünf Minuten war nicht eine Wolke am strahlend blauen Himmel zu sehen gewesen und jetzt sah sie riesige, dunkle Wolken.


Sie kniff die Augen zusammen und fokussierte die sich auftürmenden Wolkenmassen.
Sie war im Erdkunde Leistungskurs und es wäre ja wohl ein leichtes die Wolkenart zu bestimmen.

Die Wolken hatten relativ schnell den gesamten Himmel bedeckt und die Sonne war auch hinter der dichten Wolkenwand verschwunden, also könnte es sich um Altostratuswolken handeln.

Na toll. Auf heftige Regenschauer hatte sie echt keinen Bock, aber wenigstens waren es keine Gewitter- ein grelles Licht erleuchte den dunklen Himmel- okay, es waren doch Kumulonimbenwolken.

Und sie stand mitten auf einem Feld von Wäldern umringt im Nirgendwo. Perfekt.
Suchend blickte sie sich um. Hier musste doch irgendwo ein kleiner Unterstand oder irgendetwas in der Art sein.

Während sie sich angestrengt umsah, spürte sie einzelne Tropfen, die in immer kürzeren Abständen auf einander folgten und sie schließlich binnen weniger Sekunden völlig durchnässten.

Gerade wollte sie ihre Suche aufgeben und sich schnell im Feldgraben zusammen rollen, als sie in einiger Entfernung eine kleine Hütte sah.

Ohne lange zu überlegen rannte sie los. Der Wind peitschte ihr den Regen und die Halme des Weizen um die Ohren.
Lautes Grollen übertönte kurzzeitig das Tosen des Regens.

Einige Augenblicke später erleuchte grelles Licht abermals den verdunkelten Himmel.
Sie begann zu zählen.

Erste Sekunde. Gleich hatte sie das Feld hinter sich gelassen.

Zweite Sekunde. Sie sprang geschickt über den kleinen Bach, der das Feld von dem schlecht geteerten Weg trennte.

Dritte Sekunde. Sie versuchte an den riesigen Pfützen, die mit jeder Sekunde immer größer wurden, vorbei zu rennen.

Vierte Sekunde. Fast wäre sie ausgerutscht und der Länge nach in einer großen Pfütze gelandet.

Fünfte Sekunde. Die Pfützen zu umrunden dauerte zu lange und war zu rutschig, außerdem war sie eh schon ganz nass, also rannte sie lieber durch sie hindurch.

Tiefes Gröllen verbreitete sich über das Land. Fünf Sekunden hatte der Donner gebraucht. Alles klar. Die Schallgeschwindigkeit des Donnergrollens beträgt 343,2 Meter pro Sekunde: 5sek • 343,3 m/sek

Gut, dass sie alle physikalischen Konstanten für die letzte Physik Arbeit auswendig gelernt hatte, denn jetzt wusste sie, dass das Gewitter knapp 1716 Meter von ihr entfernt war. Das war nicht weit.

Sie versuchte noch schneller zu rennen, was ihr nicht so recht gelingen wollte, aber die Hütte war sowieso schon fast in Reichweite.

Der matschige Boden verhinterte ihr geplantes Abbremsen, wodurch sie schmerzhaft gegen die Hütte knallte und im Dreck landete.

Fluchend richtete sie sich auf und versuchte den Matsch von ihrer Hose zu wischen, als sie plötzlich ein Räuspern vernahm. Geschockt richtete sie ihren Blick in Richtung Hütteneingang und sah einen amüsiert grinsenden Jungen, der sich lässig an den Türrahmen lehnte.

„Du hättest nicht gleich versuchen sollen die ganze Hütte umzuwerfen, ein einfaches Klopfen hätte gereicht", lachte er.

Sie öffnete ihren Mund und schloß ihn wieder, ohne dass sie etwas sagte.

Slice Of Life (Kurze Geschichten)  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt