Cilantro ❉ l.h. [AU]

3. Teil ❉ Ajowan

Trotz aller Ängste und Unsicherheiten kam der Sonntag dann doch irgendwann.

Luke war am Tag zuvor bei einem Friseur gewesen, der ihm seine Haare so kurz geschnitten hatte wie er sie zuletzt vor 4 Jahren getragen hatte. Außerdem sparte er sich an diesem Morgen auch das lästige Einsetzen der Kontaktlinsen und trug stattdessen seine Brille. Auch die hatte er schon ewig nicht mehr getragen.

Unter Protest stand Gina mit ihm vor dem Kleiderschrank und sie versuchten zu erörtern, was ein junger Koch zu einem Bewerbungsgespräch tragen würde. Es gefiel Gina überhaupt nicht, dass ihr Verlobter dieses Kinderspiel aufgezogen hatte. Beinahe wie zum Karneval verkleidete er sich und nahm eine andere Persönlichkeit an. Besonders die kurzen Haare gefielen ihr ganz und gar nicht.

Aber damit musste sie leben, wenn sie es sich nicht mit Luke verscherzen wollte. Nach all den Jahren an seiner Seite hatte sie gemerkt wann sie aufhören musste zu bohren und zu nerven. Welche Themen sie lieber nicht ansprach und wann man am besten einfach den Raum verließ.

Er war anstrengend, ja. Aber das machte ihn ja auch irgendwie aus. Das Aufbrausende, das Gebrülle, seine cholerische Ader. Womöglich liebte sie ihn ja sogar deshalb nur noch mehr. Vielleicht zog es sie ja an. Starke, autoritäre Männer hatte Gina schon immer sexy gefunden. Das hieß natürlich nicht, dass sie sich ihnen auch immer unterwarf. Viel mehr kam es oft daran, dass man aneinander geriet. Denn nichts war besser als Versöhnungs-Sex.

Obwohl ... Sex während man noch im Streit war fühlte sich noch echter, noch heftiger an.

"Also man sagt so generell, quasi als Daumenregel", erklärte Gina "dass man sich dem Job entsprechend kleiden soll, nur etwas schicker. Also wenn du im Büro abeitest danürlich im Anzug oder als Frau zumindest mit Bluse und Blazer. Wenn du dich aber als Tierpfleger bewirbst, dann reicht eine Jeans meistens schon aus. Man muss dir da ansehen, dass es dir nichts ausmacht, wenn du schmutzig wirst. Aber als Koch ... hm ... vor allem wenn du ja heute auch schon in der Küche stehen wirst... ich empfehle ein gepflegtes T-Shirt und darüber ein Strickjäckchen, das kannst du später wenn es warm wird ausziehen. Jeans und bequeme Schuhe...also deine normalen Küchen-Sneaker gehen bestimmt.", plapperte sie wie beinahe mit sich selber.

Brav gehorchte Luke und zog alles aus dem Schrank. Gina kannte sich mit Mode aus, sie war früher schließlich selber ein Modell gewesen und arbeitete nun für eine Pariser Agentur. Luke war sich sicher, dass Greta Axelsson sicher keinen so guten Geschmack hatte. Auf den Bildern im Internet hatte sie nur Jeans und einfaches T-Shirts getragen. Wie konnte eine Frau sich nur so gehen lassen? Auch wenn man kochte, konnte man trotzdem noch auf sein Aussehen achten. Sie schminkte sich ja nicht einmal richtig.

Kurz bevor er bereit war zu gehen, hielt ihn Gina noch einmal zurück. Sie hatte sich bereits bevor er überhaupt aufgestanden war geduscht, frisiert und geschminkt, ganz das Modell eben. "Willst du das wirklich tun?", hakte sie ein letztes Mal nach "Ich glaube nicht, dass dir dieses kindische Gehabe etwas bringen wird. Das neue Restaurant ist garantiert keine Konkurrenz für dich, du bist doch ein Genie! Bitte, belasse es bei dem einen Mal heute, dieses Verkleiden ist kindisch."

Er ignorierte ihre Bitte und schüttelte ihre Hand ab, trat dann entschlossen hinaus in den nebeligen Vormittag.

Nebel war beinahe etwas alltägliches hier am Meer. Aber irgendwie auch immer etwas unheimlich, als würde in den nächsten Momenten etwas wirklich schlimmes passieren. So war es jedenfalls immer in Horrorfilmen. Und Luke kam sich im Moment wirklich so vor, als würde heute etwas schreckliches geschehen. Wahrscheinlich würde er herausfinden, dass das Bellina Lucca wirklich so gut war, dass er sein Restaurant schließen müsste.

Eilig verließ Luke das hippe Neubaugebiet und stieg in den Bus, der über die Brücke in die Altstadt fuhr. Während er so dasaß und aus dem Fenster starrte, begann die Sonne allmählich den Neben über dem Wasser und der Stadt zu vertreiben. Beinahe so, als wurde er aus der schlechten Sache hinein in die gute fahren.