Der Applaus ebbte langsam ab und die Leute begannen um uns herum gemächlich zu verschwinden. Sogar Cassandra, Julia und Mildred schienen gegangen zu sein,wie ich erst verspätet wahrnahm, da meine Augen nur auf einer Person lagen.
Meine Gedanken waren wirr und ungeordnet. Thomas Reed, der Mann, der mein Herz schneller schlagen ließ, hatte um meine Hand gehalten. Er, der mir vor vier Monaten noch als griesgrämiger, menschenfeindlicher Bibliothekar erschienen war, offenbarte mir seine Gefühle soeben im Park.
Nebeneinander gingen wir mit verschränkten Händen aus dem Wald heraus und steuerten auf mein Geburtshaus zu.
"Kommst du heute noch mit mir nach London zurück?", ergriff Mr. Reed das Wort wieder und schaute mich von der Seite aus neugierig an. Ich konnte förmlich sein sanftes Lächeln spüren, das auf mir ruhte und würde ihm liebend gerne einfach so zustimmen können, doch es gab da ein winzig, kleines Problem..
Wie konnte ich meinen Eltern nur beibringen, dass ich soeben eine Heirat versprochen hatte. Ausgerechnet dem Mann, der mir das Herz gebrochen hatte und meinem Onkel stetig Arbeit bereitete mit seiner wählerischen, komplizierten Art. Fragend zog er eine Augenbraue hoch. Er wartete auf eine Antwort, die ich ihm nicht geben konnte. Zumindest jetzt noch nicht.
"Um ehrlich zu sein: Ich weiß es noch nicht.", er runzelte die Stirn, "Meine Eltern haben bis jetzt noch kein Sterbenswörtchen von einem Mr. Reed gehört, lediglich von einem verstimmten Bibliothekar und ich weiß echt nicht wie ich ihnen das beibringen soll. "
In seinen Mundwinkel konnte ich das vertraute Lächeln erkennen und Wärme breitete sich augenblicklich in meiner Magengegend aus. Wie hatte ich es nur drei Monate lang ohne ihn aushalten können?
"Da fühle ich mich aber geschmeichelt, dass Sie doch ein so liebliches Bild von mir gehabt haben." Der Sarkasmus triefte aus seiner Stimme heraus, was selbst mir in dieser schwierigen Situation ein Lächeln ins Gesicht zauberte.
"Tja Sie haben mir auch keine andere Wahl gelassen.", fuhr ich unbeirrt fort. Diesmal konnte ich mich nicht mehr in seiner Gegenwart zügeln und strecke ihm frech zu Zunge raus.
Daraufhin begann er lauthals zu lachen. "Was für ein Benehmen Sie doch heute wieder an den Tag legen beeindruckt mich Mrs. Reed". Mein Blick schoss in die Höhe. Ich blickte in seine Augen. "Mrs. Reed", murmelte ich leise vor mir her als ob ich mir den Klang des Wortes erst mal selbst einprägen musste. Er hatte mich das erste Mal so genannt und es hörte sich unglaublich schön an, obwohl wir noch nicht mal verheiratet waren. Ihm schienen seine Worte erst langsam bewusst zu werden und er hob seinen linken Mundwinkel an. "Ich kann es selbst nicht so wirklich fassen. Sie glauben gar nicht wie glücklich Sie mich machen." Erst jetzt fiel mir auf, dass wir wohl schon vor einer Weile stehen geblieben sein mussten, denn er kam näher und hob seine Hand an meine Wange. "Animant. Wir werden alles zusammen durchstehen, komme was wolle. Ich verlasse dich nie wieder!"
Sein Kopf kam noch näher, bis seine Lippen meine sanft berührten. Eine Explosion an Gefühlen brach aus mir raus. Tausende Schmetterlinge flogen Saltos und mein ganzer Körper begann zu kribbeln. Meine Hände hatten sein Gesicht gefunden und umschlossen dies leicht. Er hielt mich an der Taille fest, zärtlich und behutsam. Mein ganzes Gedankengut schmolz dahin, bis mir plötzlich meine Eltern wieder in den Kopf schossen. Ich löste mich behutsam von ihm, was mir eine ordentliche Menge an Selbstbeherrschung abverlangte. "Ich werde meine Eltern überreden einen Ausflug nach London mit mir zu machen und dort werde ich es ihnen, meiner Tante, meinem Onkel und Henry und Rachel erklären. Allen auf einmal. Außerdem kann ich so auch direkt wieder in die Bücherei zurückkehren." Thomas zeigte sich begeistert, nahm mich in die Arme und wirbelte mich in der Luft einmal herum. Ich war so überrascht von seiner überschwänglichen Art, dass ich laut quiekte. Mein Gott, diesen Mann werde ich wohl nie durchschauen können. Und das liebte ich so an ihm.
"Jaaa.", rief er voller Freude und riss seine haselnussbraunen Augen entzückt auf.
"Sagen Sie mir Mr. Reed, wie viele Bibliothekar Assistenten haben Sie in der Zwischenzeit eingestellt und wieder vertrieben?", fragte ich ganz dreist, schmunzelnd. Er rieb sich verlegen den Nacken und murmelte leise etwas vor sich hin.
"Wie bitte?"
"Zwölf.", wiederholte er nun lauter. Stolz erfasste mich, dass er so wählerisch war. Und trotzdem prustete ich drauf los. Kein anderer Mensch wäre dazu fähig zwölf Angestellte innerhalb von drei Monaten zu vertreiben..
"Bilde dir bloß nichts darauf ein. Dann würdest du nur noch abgehobener werden.", stichelte er mir von der Seite, worauf ich das unstillbare Bedürfnis empfand ihm meinen Arm in die Seite zu rammen.
"Sie ungehobelter, dreister Mann. Erst bitten Sie um meine Hand und beschimpfen mich anschließend als abgehoben? Wie können Sie es wagen einer so feinen, perfekten und hochgestellten Frau wie mir, so etwas an den Kopf zu werfen?!", warf ich ihm mit gekünstelt Wut an den Kopf und marschierte schnurstracks an ihm vorbei. Genau bedacht auch extra laut mit meinen hochhackigen Schuhen den Boden zu stampfen, gab ich das Schritttempo vor. Mir war bewusst wie lächerlich ich mich damit eigentlich machte, aber es erschien mir in seiner Gegenwart belanglos, da er mich genau so wie ich war liebte.
Am Straßenrand holte er mich ein mit seinem mürrisch verzogenen Gesicht. "Mein Gott Animant. Musst du denn immer so schnell laufen?", murrte er mich schnaufend an. Kaum einen Moment später konnte ich jedoch das verdächtige Zucken seiner Mundwinkel wieder entdecken.
"Eure Hoheit, wollte ich natürlich sagen. Ich bitte Sie sehnlichst um Verzeihung. ", sagte er mit schelmisch funkelnden Augen und machte eine übertrieben tiefe Verbeugung. Ich rollte die Augen.
Nur Thomas konnte mich so kindisch und glücklich zugleich machen.
Ich hakte mich bei ihm unter, zog ihn in Richtung Haus und gab ihm ein Zeichen hier draußen zu warten.Ich würde mit dem Mann den ich liebte nach London zurück kehren!
Nur noch meine Eltern schien ich von diesem kleinen Ausflug zurück überzeugen zu müssen, doch das sollte ich mithilfe meines Sturkopfes leicht hinbekommen.
DU LIEST GERADE
Animant Crumbs Staubchronik 2 Fanfiction
RandomAnimant Crumb, eine Frau des 19. Jahrhunderts steht nun vor einer schwierigen Herausforderung: Sie muss ihrer Familie von Mr. Reed erzählen, dem Mann, dem sie die Ehe versprochen hatte. Wie wird sie dies bewerkstelligen können? Ich habe das Buch "An...