Wie erwartet schminkte sich meine Mutter nach der Fahrt nochmal nach. Ihre leicht glänzende Haut wurde mit einer übertriebenen Schicht Puder aufgetorkelt und gleichmit das komplette Innenleben der Kutsche. Auch an Rouge konnte sie nicht sparen, sodass mir von der Intensität schon fast schumrig wurde.
Als ich aus der Kutsche endlich herauskam, fühlte ich mich als wären meine Atemwege wieder frei. Die frische Luft drang durch meine Lungen und ließ mich aufseufzen.
Ich würde meine Mutter im Thema Styling niemals verstehen!Mit meinem Koffer in der Hand und Mutter hinter mir klingelte ich voller Vorfreude bei Tante Lillian und Onkel Alfred.
"Animant!", Lillian schloss mich augenblicklich herzlich in die Arme. "Liebes, wir haben dich so vermisst! Es gibt so viel zu erzählen, setz dich."
Erst dann schien sie auch Mutter und Vater zu bemerken und begrüßte sie ebenso freundlich. Oder sagen wir Mutter etwas enthusiastischer als Vater.
Sie schien ihm noch immer meinen übereilten Aufbruch zuzuschreiben, doch im Moment war ich noch nicht bereit ihnen meine wahren Beweggründe mitzuteilen.
"Henry und Rachel kommen uns in letzter Zeit regelmäßig besuchen und ich bin wirklich begeistert von der Wahl deines Bruders.", fing sie an und zwinkerte mir schmunzelnd zu. "Sie ist ein sehr gescheites und liebenswürdiges Mädchen und gehört offiziell in die Familie!", Lillian schien diese Aussage sehr am Herzen zu liegen, da sie nach längerem Gerede nun endlich den Mund hielt. Ihre Beziehung zu Rachel rührte mich und ich hoffte, dass sie Thomas irgendwann genauso ins Herz schließen würde!
Es war Sonntag Abend, weshalb es für mich perfekt passen würde heute das Thema mit der Bibliothek anzusprechen, so dass ich morgen schon wieder dort hingehen könnte.
"Wäre es für euch in Ordnung, wenn ich morgen wieder in der Bibliothek anfange zu arbeiten?", fragte ich somit in die Runde.
Alle blickten mich überrascht an - nicht nur, weil ihr Gespräch über die letzten großen Bälle im Umkreis plötzlich auf Arbeit lenkte - sondern auch, weil ich mich davor rein gar nicht in ihr Gespräch einbezogen hatte.
Vater runzelte augenblicklich die Stirn:"Animant, Schätzchen, willst du wirklich dein restliches Leben in einer staubigen, alten Bibliothek verbringen? Meiner Meinung nach solltest du dir lieber erstmal einen Lebensgefährten suchen.", er holte tief Luft, "Du musst dir doch gar keine Sorgen um Geld machen, du bist eine Frau höherer Klasse und sobald du einen Mann hast ist das Thema sowieso überflüssig."
Ich zog schnell die Luft ein. Auf der einen Seite konnte er ja nicht wissen, dass ich bereits verlobt war, aber die Aussage über Arbeit von Frauen hatte mich doch etwas getroffen.
"Nur, weil ich eine Frau bin heißt das nicht, dass ich nicht arbeiten kann oder darf!"
"Das verstehen wir doch Liebes", erwiderte Lillian schnell, "Ich glaube dein Vater wollte bloß sagen, dass du nicht arbeiten müsstest."
"Und vielleicht solltest du dein Augenmerk im Moment eher auf die Männersuche legen.",steuerte Mutter ihr schnell bei.
Ich verdrehte unauffällig die Augen. "Vielleicht habe ich ja schon einen gefunden.", murmelte ich leise vor mich hin, doch Mutter hatte leider Ohren wie ein Fuchs.
"WIE BITTE?", der Mund stand ihr weit offen, obwohl sie mich sonst immer tadelte, wenn ich meinen nicht schloss.
Verflucht! Ich hätte besser aufpassen sollen! Wie würde sie nur reagieren, wenn ich ihr erzählte, dass ich bereits verlobt war?
"Ähmm, jaa aalsoo in der Bibliothek habe ich ähm einen kennengelernt.", stotterte ich mir mein Leib aus der Seele.
Alle starrten mich nun mit großen Augen an. Ganz toll! Die Röte floß förmlich in mein Gesicht.
"Also darf ich nun morgen hingehen?"
"Natürlich.", schoss es Lillian und Mutter gleichzeitig aus dem Mund und Onkel Alfred und Vater starrten mich weiterhin mit großen Augen an.
"Okay. Ähhmm ich also ich gehe dann mal in mein Zimmer.", zögerlich stand ich auf und eilte anschließend aus dem Raum.
Das war wohl mit Abstand die unangenehmste Situation,in der ich jemals war.
Ich hätte wissen sollen, dass Mutter ALLES hörte sobald es um Männer ging!
Das einzig Gute war, dass ich morgen zur Bibliothek zurückkehren werde. Endlich.
Ich nahm mir noch ein Buch und setzte mich in den Sessel, der in meinem Gästezimmer stand.
Ich musste mich gerade einfach von der erdrückenden Realität entfernen. Ich würde ihnen bald Mr. Reed vorstellen müssen! Schnell klappte ich die Seiten eines Buches über das alte Ägypten und deren Pyramiden auf und versank in deren Zeit.Nach wenigen Stunden, als sich auch im Untergeschoss die aufgeregt schnatternden Stimmen langsam beruhigten, schlief ich ein.
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Animant Crumbs Staubchronik 2 Fanfiction
De TodoAnimant Crumb, eine Frau des 19. Jahrhunderts steht nun vor einer schwierigen Herausforderung: Sie muss ihrer Familie von Mr. Reed erzählen, dem Mann, dem sie die Ehe versprochen hatte. Wie wird sie dies bewerkstelligen können? Ich habe das Buch "An...