Kapitel fünf

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Es war spät am Abend, ich saß wieder in meiner Zelle, doch ich fühlte mich nicht alleine, denn gegenüber saß Loki, sein Buch in den Händen, die gesamte Konzentration auf die Worte gerichtet. Manchmal warf ich einen kurzen, schüchternen Blick zu ihm hinüber, nur um sofort wieder wegzusehen, damit er es nicht bemerkte.

Aber auch obwohl wir nicht miteinander sprachen, fühlte ich mich besser in seiner Gesellschaft. Plötzlich hörte ich Stimmen auf dem Flur und reckte den Hals, um zu sehen, wer so spät noch hierher kam.

Es war Mr Stark, neben ihm lief eine rothaarige Frau, die einen engen schwarzen Anzug trug. Die beiden kamen direkt auf mich zu.

Auch Loki legte interessiert sein Buch beiseite und beobachtete uns.

„Hallo Cara. Wir haben Neuigkeiten. Dürfen wir reinkommen? Ich bin Natasha.", sagte die Frau mit einem leichten russischen Akzent und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten. Stark folgte ihr. „Klar, kommt rein.", meinte ich sarkastisch und lehnte mich zurück.

Ich hörte Loki leise kichern und sah, wie Stark die Stirn runzelte. „Schallschutz", sagte er und eine glänzende, durchsichtige Schicht zog sich über meine Zelle. Loki machte einen Schmollmund und ich musste mich anstrengen, um mein Grinsen zurückzuhalten.

Natasha setzte sich an den Tisch in meiner Zelle und klatschte einen Stapel Papier auf die Tischplatte.

„Wir haben deine Mutter gefunden.", platzte sie heraus und sah mich forschend an.

„Wusstest du, was sie arbeitet?", fragte Stark und ich sah ihn verwirrt an. „Nein- sie hat nie mit mir darüber geredet, schließlich war ich noch sehr jung."

„Nun, sie war eine S.H.I.E.L.D. Agentin, und zwar eine gute. Aber sozial war sie kein Genie. Sie verließ deinen Vater noch bevor sie dich bekam und irgendwann ließ sie auch dich zurück, stimmt's?", sagte Natasha. Mein Herz pochte.

Was wollte sie mir damit sagen? Mom hatte für Leute wie Coulson gearbeitet? Deshalb war sie nie zuhause gewesen? Deshalb hatte sie mich alleine gelassen?

Für ihre Arbeit? All das schien unmöglich, aber es wurde immer logischer, je länger ich darüber nachdachte. Es machte Sinn.

„Aber... das... Wie habt ihr das rausgefunden?", fragte ich mit brüchiger Stimme.

„Du heißt Cara Walters, wir haben einfach deinen Nachnamen im System gesucht und sind dabei auf Agent Walters gestoßen. Emilia, war das der Name deiner Mutter?" Mir wurde kalt, ich begann zu zittern, nickte langsam.

"Ha, ich wusste es.", zufrieden lehnte Natashas sich zurück und sah Stark an.

„Ich sagte doch sie sieht ihr ähnlich."

„Warte... du kanntest sie?", fragte ich ungläubig, meine Gedanken wirbelten durcheinander. Ich konnte einfach nicht glauben, was hier passierte.

„Yep, war mal meine Vorgesetzte." Sie schob die Unterlippe nach vorne. „Ich kannte sie nicht gut, sehr empathiefähig war sie nie. Und irgendwann wurde sie dann korrupt, hat Daten verkauft und niemand wusste mehr, für wen sie wirklich arbeitete.

Nach einer Weile war sie einfach plötzlich weg, verschwand von der Bildfläche. Puff!", mit einer Fingerbewegung wischte Natasha durch die Luft, um die Bedeutung ihrer Worte zu unterstreichen.

„Meinst du, sie könnte etwas hiermit zu tun haben?", rätselte Stark, doch sie zuckte nur mit den Schultern. „Das müssen wir noch herausfinden. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass sie für HYDRA arbeitet, vielleicht ist sie zu denen gewechselt.

Können wir bitte wieder gehen, ich spüre Lokis Blick in meinem Rücken und langsam wird das echt unangenehm. Bye Cara, war nett dich kennenzulernen!", grinste die Rothaarige und stand schwungvoll auf, um aus der Zelle zu stolzieren.

Stark wandte sich ebenfalls zum Gehen, dann drehte er sich noch mal zu mir um.

„Mach dir keine Sorgen, wir wissen noch gar nichts. Alles wird sich irgendwann klären.", meinte er, dann folgte er seiner Partnerin.

Mit ihm verschwand auch der Schallschutz und Loki sah mich fragend an.

„Du siehst fertig aus. Was haben sie dir gesagt?"

Tief atmete ich durch und legte meinen Kopf gegen die kühle Wand.

„Ich... Meine Mom ist ziemlich früh aus meinem Leben verschwunden. Jetzt haben sie herausgefunden, dass sie wahrscheinlich noch lebt und mal Agentin bei S.H.I.E.L.D. war. Sie erwähnten das Wort HYDRA...", erklärte ich kurz. Ich konnte es selbst noch nicht fassen.

„Ew, Agenten sind echt keine netten Zeitgenossen.", sagte Loki und zog die Nase kraus, was ich irgendwie lustig fand. Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und Lokis Augen funkelten kurz auf, als er das sah.

„Lass uns bitte das Thema wechseln.", meinte ich. Jetzt wollte ich einfach nur Abwechslung. „Mhh... wie wärs, wenn ich dir ein paar Tricks zeige?", schlug der Schwarzhaarige vor und ich stimmte dankbar zu. Loki führte mir seine Verwandlungstricks vor, er änderte seine Gestalt zu Stark, dann zu Wanda und zeigte mir auch seinen Bruder Thor. 

„Er ist einfach nur ein riesiger muskulöser Klotz auf den alle Frauen stehen.", erläuterte er und sah dabei ziemlich niedergeschlagen aus.

Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich zwischen euch beiden wählen müsste, würde ich dich wählen. Nicht alle finden Muskeln und blonde Haare attraktiv."

„Das war sehr nett, junge Lady.", lächelte er und ich bildete es mir vielleicht nur ein, aber er sah schon fast verlegen aus, als er blinzelnd zu Boden sah.

Ich musste lächeln. Hinter der unnahbaren Fassade saß vielleicht ein ziemlich sensibler und sanfter Mensch.

„Wo warst du den ganzen Tag lang?", wollte ich interessiert wissen.

Er legte den Kopf schief. „Ich habe mich mit Stark unterhalten."

„Über was?" „Er möchte, dass ich etwas für ihn erledige."

Ich spürte, dass er nicht mehr verraten wollte, als fragte ich nicht weiter.

Ich trug ein weites Shirt und kurze Shorts, es fühlte sich komisch an, neben Lokis Anzug wie ein normaler Mensch gekleidet zu sein. Ihn schien das glücklicherweise nicht zu stören.

Müde rollte ich mich auf meinem Bett zusammen und zog eine Decke über mich.

„Erschöpft?", hörte ich seine Stimme leise von gegenüber.

Ich nickte und kniff die Augen zusammen, hoffte, dass ich schnell einschlafen konnte, um meinen Gedanken zu entkommen. Mir war kalt und das Gefühl von Einsamkeit schlich sich an mich heran, ein Monster, das nur darauf wartete, mich in die Knie zu zwingen.

Schaudernd schlang ich die Arme um mich selbst, um mich ein wenig zu wärmen.

Ich hörte das sanfte Blättern der Seiten aus Lokis Buch und war wieder einmal dankbar für seine Anwesenheit und den unausgesprochenen Beistand, den er mir leistete. Langsam driftete ich in einen unruhigen, von Albträumen verseuchten Schlaf ab. Gequält wälzte ich mich hin und her, gejagt von dunklen Gedanken.

„Cara!" Ich wurde von Lokis Stimme geweckt, die mich schweißgebadet aufschrecken ließ. „Du hattest einen Albtraum, oder?" Zitternd nickte ich. Mein Herz klopfte immer noch wie wild und ich sah mich in meiner Zelle um, um sicherzugehen, dass ich alleine war. Loki stand in seiner Zelle und hatte die Hand an die Scheibe gelegt. Sein Blick war voller Sorgen. Ich hoffte, dass ich ihn durch meinen Albtraum nicht geweckt hatte...

„Tut mir leid, ich bleibe jetzt einfach wach.", murmelte ich und rieb meine schmerzenden Augen.

„Bitte, versuch zu schlafen. Ich bin hier und passe auf, okay?"

Seine Worte klangen nachsichtig, verständnisvoll, und ich nickte ihm dankbar zu, bevor ich mich wieder hinlegte, um den Rest der Nacht zu überstehen.

Cara Smoke (Marvel Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt