Prolog

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12. Dezember 1912, Hyde Park

Leise fiel der Schnee auf die immer weniger grüne Parkfläche des Hyde Parks. Keine Menschenseele weit und breit. Der See war zugefroren, kein Vogelgezwitscher, noch die Laute eines anderen Tieres waren zu hören.

Stille lag über dem verschneiten Hyde Park.

Plötzlich erschütterte ein Schuss die eben noch so friedliche Stille.

"Ergreift sie!", schrie eine harte Männerstimme und ein weiterer Schuss folgte.

Ein junges Paar preschte in den Hyde Park. Schwer atmend machte Lucy eine Verschnaufpause und stützte sich mit den Händen auf ihre Oberschenkel.

„Komm!", schrie Paul und lief mit Lucy an der Hand los.

Immer weiter durch den Hyde Park lief die Verfolgungsjagd, schließlich erreichten Lucy und Paul den Ausgang und rannten weiter durch die verschneiten, bereits weihnachtlich geschmückten Gassen.

„Hier in den Straßen werden sie sich nicht mehr trauen zu schießen", sagte Paul schwer atmend.

„Bis zu Lady Tilneys Haus ist es nicht mehr weit", stellte Lucy erleichtert fest.

„Oh nein!", rief Paul, "Da kommen sie!"

Geschickt schlängelten sich Lucy und Paul Hand in Hand durch die engen Straßen.

Als sie in der der Straße, in der Lady Tilneys Haus stand ,angekommen waren, wurde Lucy von einer Hand gepackt und samt Paul in einen Eingang gezogen.

„Margret!", rief Paul erleichtert.

„Psst!", Sie legte einen Finger auf die Lippen, zog die beiden mit ins Haus und schloss die Tür. Kurz

darauf hörte man aufgeregte Männerstimmen.

„Das hört sich an, als würde eine Horde Elefanten vor der Haustür entlang galoppieren", kicherte Lucy leise.

Als die Schritte und Stimmen verklungen waren, atmeten Lady Tilney und Paul erleichtert auf.

Vorwurfsvoll sah Lady Tilney die beiden an. „Lucy muss sich schonen, Paul, sie ist hochschwanger, Paul, Verdammt, ihr hättet besser aufpassen müssen! ", sagte sie empört.

Einen Moment lang sah Lucy wirklich Schuldbewusst zu Boden.

„Sie haben uns überrascht", sagte sie kleinlaut, doch dann strahlte sie plötzlich los.

"Gwen und Gideon

müssen gleich hier sein!", rief sie aufgeregt.

„Schon komisch, wenn man so aufgeregt ist, nur weil die eigene Tochter zu Besuch kommt, oder?", fragte Paul nachdenklich. Lucy nickte traurig.

„Nun, wir wollen jetzt aber kein Trübsal Blasen", sagte Margret, „lasst uns den Tee vorbereiten."

" Ja", sagte Lucy plötzlich wieder fröhlich und hüpfte ausgelassen die Treppe hinauf.

„Diese Stimmungsschwankungen wegen der Hormone sind mir immer noch unheimlich", raunte Paul Lady Tilney zu, die ihn daraufhin kopfschüttelnd anlächelte.

„Daran wirst du dich gewöhnen müssen, der Geburtstermin ist erst im April, Paul", sagte sie, „und schließlich wirst du ja auch nicht zum ersten Mal Vater."

„Stimmt", sagte Paul und ließ langsam die Luft aus den Wangen, „aber das erste Mal ist ja schon 100 Jahre her!", grinste er.

Margret kicherte wie ein junges Mädchen.

„Kommt ihr?", rief Lucy von oben die Holztreppe hinab.

"Ja,Prinzessin", rief Paul zurück und ging beschwingt die Treppe hinauf.

Lady Tilney folgte ihm.

Paul ließ seinen Blick über die kotzgrüne Tapete schweifen und verzog das Gesicht.

„Margret , du solltest dringend die Tapeten wechseln", sagte er. Erbost öffnete Lady Tilney den Mund, doch bevor sie etwas bissiges erwidern konnte, klingelte es an der Tür.

„Das müssen Gwendolyn und Gideon sein!", sagte sie stattdessen erfreut.

Lucy beeilte sich, die Treppe hinunterzukommen und öffnete die Tür.

„Gwen!"

Ihre Augen fül
lten sich mit Tränen und sie umarmte ihre Tochter stürmisch.

Auch Gwen traten die Tränen in die Augen.

„Lucy!", Schniefte sie.

Gideon und Paul grinsten einander an.

„Na, Kleiner", sagte Paul.

Doch anstatt sich über das "kleiner" aufzuregen, war Gideon plötzlich sehr ernst.

„Wir haben euch etwas zu berichten."

„Hat der Plan funktioniert? Wieso verfolgen uns die Wächter noch? Was ist passiert?"

Ein Schwall Fragen platzte aus Lucy heraus.

Gideon machte ein stolzes Gesicht und sagte, wie gewohnt, ziemlich arrogant: „Ich..." Nach Gwens Blick verbesserte er sich, "Ähm, ich meine, wir haben den Grafen besiegt."

Er setzte ein Sieger- Lächeln auf.

Erleichtert jubelte Lucy, Doch Paul seufzte.

„Nachdem, was ich eben erfahren habe, kann ich euch nur sagen: Es ist noch nicht vorbei."

Amethystviolett - Liebe geht durch alle ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt