Meinen Eltern wollte ich erstmal nichts davon erzählen, dass ich von der Schule geflogen war. Trotzdem wollte ich nach Hause in mein Bett um einen freien Kopf zu bekommen.
Doch als ich zu Hause ankam, konnte ich immer noch nicht aufhören über den Vorfall mit Thies nachzudenken.
Nachzudenken darüber, dass es schon verwunderlich war, dass mich so etwas so sehr beschäftigte, obwohl es ja selbstverständlich sein sollte, dass man eingreift und versucht zu helfen.
Aber es schien es nicht zu sein, denn ich hörte viel zu selten von solchen Alltagshelden.
Oder war die Welt einfach ein so schöner Ort, an dem Alltagshelden überflüssig waren, da so etwas fast nie passierte? Nein.
Zu oft hatte ich solche Fälle in den Nachrichten beobachtet, Fälle die einen Thies gebraucht hätten. Das führte mich zu dem Gedanken, den ich eigentlich hatte verdrängen wollen: Vielleicht beschäftigte mich die ganze Sache auch einfach so, weil ich Thies interessant fand und ihn auch schon vor dem Zwischenfall ein wenig bewunderte.
So wie er war, schien nämlich niemand anderes zu sein. Wie schon erwähnt, war er bekannt dafür unbekannt zu sein. Niemand hatte irgendeinen Kontakt zu ihm, die wenigsten hatten je mit ihm geredet und insgesamt schien er auch vor und nach dem Unterricht wie vom Erdboden verschluckt. Das ich seine Stimme kannte, lag nur daran, dass ich den selben Chemiekurs mit ihm hatte.
Dort beteiligte er sich regelmäßig, auch wenn es ihn nicht sonderlich zu interessieren schien.
Auch in den Arbeiten schrieb er immer zu die besten Noten. Für all das bewunderte ich ihn und dass er Alma geholfen hatte bekräftigte mich nur in meinem gutem Bild, das ich von ihm hatte.
Mir kam die Idee ihn auf Instagram zu suchen. Auch ein so stiller, fast unsichtbarer Typ musste Instagram haben. Jeder hatte es heutzutage.
Und tatsächlich als ich seinen Namen eingab, wurde mir direkt ein Profil namens "Thisisthies" vorgeschlagen. Ich war mir recht sicher, das er es war, da Alma ihm folgte.
Das Konto war privat und er hatte Null Beiträge gepostet. Enttäuscht legte ich mein Handy neben mich aufs Bett. Was für ein Langweiler...
Aber irgendwie machte ihn das noch interessanter. Er war nicht wie all die anderen, die jede Sekunde ihres Lebens im Internet festhielten, sodass man sich manchmal fragte, ob sie für sich oder für die Likes lebten, nein, er war anders. Er war besonders.
Ein Summen riss mich aus meinen Gedanken und als ich es lokalisiert hatte, sah ich eine Fliege, die sich in einem Spinnennetz verheddert hatte. Natürlich hätte ich der Natur freien Lauf lassen können, vielleicht sogar sollen, aber ich selbst hasste es eingeengt zu sein, da ich riesige Platzangst hatte. Also stand ich auf und befreite die Fliege. (Hoffentlich) dankbar flog sie mehrmals gegen meine Fensterscheibe.
Zurück auf meinem Bett sah ich, dass ich eine Nachricht auf Instagram bekommen hatte. Thisisthies: „Ey, kennen wir uns?“
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Mein Ich als Wrack
ActionThies, für mich ein Held, fliegt von der Schule. Warum? Weil er geholfen hat, weil er nicht einfach weggeschaut hat. Ich merk das an und fliege ebenfalls von der Schule. Was soll man sagen, Leben ist hart.