Act 8

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"Du hast doch wohl nicht wirklich vor den Arsch anzurufen, oder?"

Ich sah auf und direkt in Emmy's viel zu bleiches Gesicht. Sie hatte tiefe Augenringe und ihre Augen waren Rot. Ihr braunes, gelocktes Haar stand ihr wirr vom Kopf ab, und sie machte einen ziemlich kränklichen Eindruck. Sofort sprang ich auf und ging auf sie zu.  "Scheiße Emmy, wie siehst du denn aus? Geht es dir gut?"

"Das sollte ich dich fragen. Bist du noch ganz dicht?" Sie brachte ein bisschen Abstand zwischen uns, als wiedere ich sie an. "Hat dich Fio jetzt vollständig einer Gehirnwäsche unterzogen?"

Ich seufzte. Mit Emmy war in diesem Zustand nicht sehr gut Kirschen essen, so viel war klar. "Hör zu. Ich habe bis jetzt nicht vor anzunehmen. Ich werde mich vielleicht mit ihm treffen ... aber auch nur um mit ihm zu reden."

"Ach und du glaubst das hilft, ja? Wie dumm bist du eigentlich?"

"Ich bin nicht dumm, das hast du mir sehr gut eingebläut. Ich will mich ja nicht auf ihn stürzen. Und du musst zugeben, auf ewig Jungfrau zu sein ist grässlich."

Emmy's wütender Gesichtsausdruck wechselte zu erstaunen. "Grässlich? Aber ich dachte du wolltest so unbedingt auf den Richtigen warten?"

"Wollte ich auch. Aber ich bin mittlerweile über zwanzig, bald fünfundzwanzig, wenn das so weitergeht. Ich hasse dieses Verlangen mal berührt werden zu wollen, es aber beiseite schieben zu müssen. Klar wäre es toll, wenn ich den richtigen finden würde, aber dann bin ich vielleicht dreißig und noch immer Jungfrau. Nein danke, das will ich nicht!"

Emmy schluckte und sah mich an. "Ernsthaft?"

"Naklar Ernsthaft, du Nuss. Denkst du ich habe keine Bedürfnisse und kein Verlangen? Und ich wollte mich um ehrlich zu sein schon immer mal auf einen One-night-stand einlassen. Ich habe es nie zugelassen, aber das kommt wahrscheinlich, wenn man so alt wird wie ich. Ich glaube ich habe einfach zu lange gebraucht um mich wieder zu fassen seit damals. Viel zu lange und ich habe das Gefühl etwas verpasst zu haben. Und wie gesagt, ich habe einen Selbstverteidigungskurs besucht. Der Kerl kann mir garnichts."

Emmy schwieg. Sie sah aus unserem Fenster in den schwarzen Himmel. Es schienen Stunden zu vergehen, bis sie mir ganz leise -fast so leise, dass ich befürchtete nichts zu hören und mich deshalb vorbeugte- antwortete: "Aber sollte er etwas tun, was du nicht willst, gehst du sofort und meldest dich nie wieder. Tu nichts, was du nichts willst, verstanden?"

Ich lächelte sie beruhigend an. "Wahrscheinlich wird das gar nichts, ich will ja nur ein Gespräch."

Sie nickte stumm, die Lippen fest zu einer Linie zusammengepresst.

Ich nahm mir mein Handy und wählte die Nummer von Mr. Bosworth.

"Bosworth", meldete sich seine dunkle Stimme und es klingt, als sei er  überaus gereitzt. Ich räusperte mich und setzte mich aufrecht hin. Als könnte er das sehen. "Mr. Bosworth, hier ist Gianna Winston."

"Miss Winston!", seine Stimme hellte sich automatisch auf. "Was kann ich für Sie tun?"

"Ich wöllte gerne mit Ihnen sprechen. Ich habe nicht in Ihrem Büro angerufen, weil Sie mir Ihre Karte gegeben haben ... und ..." "Das geht völlig in Ordnung, Miss Winston. Das ist bestimmt kein Termin für das Büro. Ich würde mich gerne Privat mit Ihnen treffen."
Privat? Scheiße. So war das nicht geplant. "Wenn Sie damit einverstanden sind, dass wir lediglich nur reden.", antwortete ich und biss mir krampfhaft auf die Unterlippe. Ich bin so froh, wenn ich das hinter mir habe, denn schon das hier ist die reinste Qual für mich.

"Wie Sie wünschen. Ich hätte heute Abend Zeit."

"Schon heute Abend?" Für meinen Geschmack zu früh. Ich würde viel lieber etwas Zeit haben um zu überlegen, was ich sage ... aber der Herr scheint es eilig zu haben.

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