Campus | ✔

1. Kapitel

"We've been on the run, driving in the sun, looking out for number 1,

California here we come, right back where we started from."

California – Phantom Planet

- Summer -

„Summer, Schatz, sieh dir nur mal diesen Campus an!"

Ich hebe den Kopf, schiebe mir meine blonden Strähnen aus dem Gesicht, die mir beim Lesen in die Augen gefallen sind und blicke aus dem Fenster. Palmen, große, gepflegte Rasenflächen und jede Menge kleiner, terracottafarbener Bungalows ziehen an mir vorbei.

Lächelnd falte ich die Hände auf der Autotür, lege mein Kinn darauf und genieße den salzigen Wind, der über mein Gesicht streift. Das hier würde also für die nächsten Jahre mein neues Zuhause werden.

„Aufgeregt?" Mein Dad mustert mich durch den Rückspiegel hindurch, ein Lächeln in der Stimme.

„Total", gebe ich zu und merke, wie das Kribbeln in meinem Magen verstärkt, so als hätte jemand den Regler hochgedreht. Die letzten vier Stunden habe ich auf dieser Rückbank verbracht, und obwohl ich die letzten zwei davon in meinen Lieblings-Fantasy-Roman vertieft und kaum etwas von meiner Außenwelt mitbekommen habe, so plötzlich packt mich nun doch die Aufregung.

Bereits um kurz vor sieben Uhr heute Morgen hatten wir uns von unserem Haus in Los Angeles zur PCU, der Pacific Coast University, aufgemacht, damit wir nicht allzu spät hier sind. Während ich die ersten Stunden der Reise also ziemlich müde war, bin ich, je näher wir der PCU gekommen sind, immer hibbeliger in meinem Sitz geworden.

Ich bin froh, als mein Dad wenige Minuten, die mir eher wie Stunden vorkommen, später auf dem großen Parkplatz vor der Uni hält. Sofort springe ich aus dem Wagen und genieße das Gefühl der warmen, kalifornischen Sonne auf meiner Haut, die sanfte Kühle des Windes, der ein wenig nach Salz riecht und das leise Zirpen der Grillen im Hintergrund, das sich mit den Gesprächen der Studenten um mich herum vermischt.

Ich bin so beschäftigt damit, meine Umgebung unter die Lupe zu nehmen, dass ich kaum bemerke, wie mein Dad neben mich tritt.

„Fast wie früher", bemerkt er grinsend und schiebt sich die schwarze Sonnenbrille auf die Nase. Mein Dad war ebenfalls Student an der PCU und schwärmt mir bereits seit meiner Kindheit davon vor. Durch diese frühkindliche Prägung und die Tatsache, dass die PCU neben einem ausgezeichneten Lehrprogramm auch eine renommierte Basketballmannschaft vorweisen kann, gab es für mich keine andere Wahl. Ich musste an diese Uni.

„Wo müssen wir nochmal hin?", erkundigt sich meine Mum und schließt die Autotür hinter sich, ehe sie sich zu uns gesellt.

„Zur Anmeldung", erklärt mein Dad und deutet auf den Pfad vor uns, der zwischen zwei großen Rasenflächen auf ein großes Gebäude zuläuft. „Folgt mir einfach." Mit diesen Worten setzen wir uns in Bewegung.

Mein Herz schlägt immer schneller, je näher wir dem Gebäude kommen. Bei der Anmeldung soll ich den Schlüssel zu meiner WG erhalten, die sich hier auf dem Campus befindet und die ich mir mit zwei Mitbewohnerinnen teilen werde. Auf dem Weg dorthin schaue ich mich weiter um und mustere die Studenten, die es sich auf den Grünflächen bequem gemacht haben und lernen, sich sonnen oder einfach mit ihren Freunden quatschen. Ich lächle und hoffe, dass auch ich demnächst dasselbe tun werde.

Wir sind fast bei der Anmeldung angekommen, da streift mein Blick eine Jungsgruppe, die sich auf ein paar Bänken im Schatten niedergelassen hat. Um die Gruppe herum sitzen zahlreiche Mädchen, die entweder mit den Kerlen reden oder sie aus nächster Nähe anstarren. Ein blonder Typ sitzt zentral in der Mitte der Gruppe und sieht genervt aus. Seine dunkelblonden Haare sind zu einem Undercut geschnitten, aber auf seinem Kopf, wo seine Haare ein Stück länger sind, sind deutlich die Locken zu erkennen, die wohl sonst seinen ganzen Kopf zieren. Genau wie der Rest der Gruppe trägt er eine Basketballhose und dazu ein lässiges, weißes Muskelshirt.