Kapitel 80

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(Lilly's Sicht)

Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Das konnte nicht sein ... wie? In meinem Kopf traten lebhafte Erinnerungen auf und ein Anflug von Panik überkam mich. Mit einem Mal kam alles wieder hoch was in der letzten Zeit passiert war. Ich erinnerte mich wieder an Wincent und auch an das ganze Drama mit Jonas. Er war doch verurteilt worden, was zum Teufel machte er also hier? Und wo war Wincent? Ich bekam eine heiden Angst. Doch ich konnte weder weg noch irgendwie anders auf mich aufmerksam machen. Ich fühlte mich einfach zu schwach um aufzustehen. Panisch schaute ich mich um und suchte nach einer Lösung für meine missliche Lage. Irgendwann fiel mein Blick auf eine Fernbedinung in meiner Hand. Diese war mir zuvor gar nicht aufgefallen, da es immer noch dauerte bis ich Teile meines Körpers komplett spürte. Dafür musste ich mich zu sehr darauf konzentrieren. Bei genaueren betrachten erkannte ich einen roten Notknopf welchen ich ohne zu zögern drückte. Kurz darauf kam ein Krankenpfleger ins Zimmer. ,,Frau Kuhn, was ist los? Ist alles in Ordnung bei Ihnen?'', fragte dieser besorgt und kam zu mir ans Bett. Ich nickte so gut es ging mit dem Kopf und deutete dann mit einem schwachen Nicken zu Jonas. Der Pfleger folgte meinem Blick doch schaute mir kurz darauf wieder verwirrt an. ,,Was möchten sie mir sagen?'', fragte er dann und wartete das ich was sagte. Sehr lustig, wie sollte das denn gehen? Mein Hals fühlte sich total trocken an, weswegen nichts außer ein leises Krächzen von mir kam.

Der Pfleger schien zu verstehen und sagte mir er würde gleich wieder kommen. Ich hoffte nur das er sich beeilte und wieder kam bevor Jonas aufwachen würde. Keine 2 Minuten später war er wieder da und Jonas schlief Gott sei dank noch. Er hatte eine Flasche stilles Wasser und ein Glas geholt welches er nun füllte. Bevor er es mir hinhielt drückte er auf einen Knopf auf der Fernbedinung woraufhin das Kopfteil vom Bett sich langsam aufsetzte. Als ich eine halbwegs gute Sitzposition erreicht hatte hielt er mir das Glas, indem sich jetzt zu meinen Erstaunen auch noch ein Strohalm befand, hin und ließ mich trinken. Das Wasser war zum Glück nicht zu kalt, doch da ich kaum Kraft hatte dauerte es ziemlich lange bis ich das Glas zur Hälfte geleert hatte. Es war ein wirklich wohltuhendes Gefühl und endlich fühlte sich mein Hals nicht mehr trocken an. Ich wagte also die ersten Versuche zu sprechen. ,,Wo ...'', krächzte ich los. Es klappte doch noch nicht so gut, aber der Pfleger konnte scheinbar meine Gedanken lesen den er antwortete: ,,Sie sind im Krankenhaus in Gustow.'' Wie bitte? Wie konnte das denn sein? Ich war doch in München gewesen? Wie kam ich denn jetzt hier her? Die Frage konnte er mir jedoch bestimmt nicht beantworten, weswegen ich mich wieder auf das Wesentliche konzentrierte. Was machte Jonas hier? ,,Jonas ...'', krächzte ich als wieder drauf los und auch diesmal verstand der Pfleger was ich wollte. ,,Ihr Freund hier? Der wollte vorhin einfach nicht von Ihrer Seite weichen, also haben wir eine Ausnahme gemacht und er durfte hier bleiben.'', erklärte er mir und hoffte wohl das ich mich darüber freute, doch das tat ich ganz und gar nicht. Nur wie konnte ich diesem Pfleger jetzt deutlich machen das Jonas eigentlich gar nicht hier sein durfte, weil er eigentlich im Gefängnis saß? Und wo war eigentlich Wincent? Wieso war er nicht hier?

Fragen über Fragen die ich mir alle nicht beantworten konnte und so wie es aussah konnte der Pfleger das auch nicht. ,,Er ...'', begann ich ein drittes Mal und versuchte jedes Wort so verständlich wie möglich auszusprechen. ,,Soll ... gehn'.'', krächzte ich und merkte dabei wie sehr mein Hals noch schmerzte. ,,Was? Aber wieso denn Frau Kuhn?'', fragte er dann. War das sein ernst? Er merkte doch das ich kaum sprechen konnte. Warum hinterfragte er meine gequälte Aussage nun? Ein flehender Blick von mir reichte um ihm das zu verstehen zu geben. Ohne weiter nachzufragen weckte er Jonas, welcher total perplex aussah und dem Pfleger verwirrt aus dem Raum folgte ehe er auf dem Flur begriff was da gerade passiert war. Er protestierte doch ich konnte nicht verstehen was genau er sagte. Ich bekam nur noch mit, dass zwei weitere Männer, vermutlich vom Sicherheitsdienst, dazu kamen und ihn hinaus begleiteten. Das alles hatte mich nun so angestrengt das ich wieder müde wurde. Ich ließ die Müdigkeit gewinnen und schloss beruhigt wieder meine Augen. Diesmal schlief ich durch, bis zum nächsten Morgen.

Als ich wieder aufwachte fragte ich mich immer noch wieso ich überhaupt hier war. Ich verstand gar nichts mehr, weder warum Jonas auf freien Fuß war, noch warum Wincent nicht hier war. Da mir die Ärzte dabei wahrscheinlich eh nicht weiter helfen konnten musste ich also wohl oder übel auf die Person warten die mir als Einzige weiterhelfen konnte – Yuna. Diese ließ sich allerdings den ganzen Tag nicht blicken. Lediglich meine Mutter besuchte mich und teilte mir mit das Yuna erst morgen wieder vorbei kommen konnte, da heute auf dem Hof ein Lehrgang stattfand. Ich hatte immer noch Schwierigkeiten zu sprechen, weswegen meine Mutter mich auch nicht lange beanspruchte und meinte das wir reden sobald es mir besser geht. Im Laufe des Tages bekam ich noch Besuch von einer Logopädin die mit mir übte wieder zu sprechen. Nach anfänglichen Probleme klappte es eine Weile später schon ganz gut. Mein Hals tat zwar immer noch weh, aber ich klang immerhin schon wieder mehr wie ich selbst und weniger wie eine Krähe. Am späten Nachmittag kam noch ein Physiotherapeut und machte eine paar Bewegungsübungen mit mir. Ich wunderte mich schon ein wenig warum meine Muskeln so abgebaut hatten. Wie lange war ich überhaupt schon hier? Leider bekam ich an diesem Tag keine Gelegenheit mehr jemanden danach zu fragen, da ich nach der Physiotherapie so kaputt war und direkt einschlief.

Als ich die Augen das nächste Mal wieder aufschlug blickte ich direkt in ein mir sehr bekanntes Gesicht. Meine beste Freundin Yuna saß an meinem Bett und lächelte mich an als sie sah das ich wach war. ,,Yuna ...'', begann ich doch mein Hals war wieder so trocken, dass ich erstmal was trinken musste. Yuna war so lieb und gab mir ein Glas Wasser vom Beistelltisch welches ich dankend entgegen nahm. Ich leerte es relativ zügig, da ich so viele Fragen an Yuna hatte. Sie wollte gerade etwas sagen, doch ich ließ sie gar nicht zu Wort kommen, denn mir brannte ein Frage tierisch auf der Seele. ,,Wo ist Wincent?'', fragte ich und war froh, dass meine Stimme nicht versagte. Prompt erntete ich einen fragenden Blick von Yuna. ,,Wincent? Welcher Wincent?'', erwiderte sie. Was? Wieso fragte sie mich das? Sie wusste doch über Wincent und mich Bescheid ...

,,Äh ... Wincent Weiss ... mein Freund?'', half ich ihr auf die Sprünge woraufhin sie los prustete und laut lachte. Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Was war daran denn so komisch? Da ich nicht in ihr Lachen mit einstimmte verstummte sie kurz darauf wieder. ,,Ach du meinst das Ernst?'', fragte sie dann und schaute mich entgeistert an. ,,Ja ...'', erwiderte ich unsicher. ,,Was haben die dir denn hier für Medikamente gegeben das du denkst Wincent Weiss sei dein Freund?'', entgegnete Yuna und tat sich schwer damit sich das Lachen zu verkneifen. Was sollte das? Wieso verarschte sie mich denn jetzt? Ich fand das ganze überhaupt nicht lustig und verzog daher keine Miene. ,,Nicht lustig Yuna.'', sagte ich dann woraufhin sie verstummte. ,,Sorry Lilly, aber ich weiß wirklich nicht was du meinst.'' ,,Oke lassen wir das ... dann sag mir warum Jonas wieder auf freien Fuß ist.'', bat ich sie dann, da ich keine Lust auf dieses Spielchen hatte. ,,Warum sollte er das denn nicht sein?'', fragte sie dann aber und verunsicherte mich wieder total. ,,Äh vielleicht weil er die Scheune auf dem Hof in Brand gesteckt hat und ich dabei fast umgekommen wäre?'', half ich ihr auf die Sprünge. Yuna machte jedoch nur große Augen.

Langsam hatte ich das Gefühl das sie mich gar nicht verarschte sondern wirklich nicht wusste wovon ich redete. ,,Lilly ... du machst mir gerade ein bisschen Angst, wovon redest du denn da?'', sprach sie. In meinem Kopf drehte sich alles und ich konnte mit einem Mal nicht mehr klar denken. Ich hatte panische Angst ihr jetzt diese eine Frage zu stellen, denn sie konnte alles verändern, aber ich musste es einfach wissen. Während ich die Frage nur dachte stiegen mir schon die Tränen in die Augen. ,,Yuna ... warum bin ich hier und wie lange schon?'', fragte ich sie schließlich. Während Yuna sprach und mir somit die bittere Wahrheit erzählte liefen unzählige Tränen über mein Gesicht. Das konnte doch alles nicht wahr sein. ,,Du hattest einen Autounfall ... das Ganze ist schon ziemlich lange her ... 4 ½ Monate um genau zu sein und du hast bis vor 2 Tagen im Koma gelegen.'' Mehr brauchte sie nicht zu sagen, denn meine Welt brach innerhalb von diesen paar Sekunden zusammen.

~Zu Dir~ (Eine Wincent Weiss Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt