Zuhause angekommen stürme ich in mein Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu. Ungewollt laufe ich darin auf und ab, versuche runter zu kommen, mache mich jedoch nur noch aggressiver, als ohnehin.
Schnell setze ich mich auf mein Bett und atmete tief ein und aus, um mich zu beruhigen. Ich hätte ihm zwischen die Beine treten sollen, stark genug um sicher zu stellen, dass sich ein Idiot wie er nicht mehr fortpflanzen kann.
Aufgebracht schaukele ich vor und zurück, raufe mir die Haare und wippe unruhig mit dem Fuß. Von außen betrachtet muss ich komplett verrückt aussehen und wer weiß, vielleicht bin ich das längst.
"Ich weiß, dass ihr mir das nicht angetan habt", spreche ich zu mir selbst, immer wieder als wäre es ein Mantra. Meine Eltern müssen wissen, dass ich ihnen so etwas nicht zutraue, egal was die Menschen hier sagen.
Ich höre, wie Jemand an der Tür klopft, schließe darauf, dass es meine Schwester ist, denn Judy würde nicht so sanft klopfen. Doch auch Bacardi kann ich gerade absolut nicht gebrauchen.
"Nein, ich will alleine sein!", antworte ich daher und warte darauf, sich entfernende Schritte zu hören, doch Nichts.
"Deal ist Deal?", ruft sie durch die Tür und es schleicht sich tatsächlich ein ganz kleines Lächeln in mein Gesicht.
Der Deal, eine Abmachung meiner Schwester und mir, ein Versprechen in den schlimmen Momenten an den jeweils Anderen zu denken. Daran zu denken, dass es einen Menschen gibt, für den es sich zu leben lohnt. Ein einfaches Versprechen, sich Nichts anzutun.
"Ja", antworte ich ehrlich und höre schließlich doch, wie sie sich von meinem Zimmer entfernt. Wir streiten uns oft, können selten sagen, dass wir einander lieben und trotzdem wissen wir es, passen aufeinander auf.
Wie von selbst greife ich unter mein Bett und ziehe eine halbleere Flasche Jack Daniels hervor, die ich öffne.
"Nur, um runter zu kommen", spreche ich mir selbst zu, bevor ich sie an meine Lippen ansetze und einen großen Schluck daraus nehme.
Der Alkohol brennt angenehm in meinem Hals und verbannt damit das Feuer in meinem Kopf für einen kurzen Moment. Ich lege mich zurück, nehme noch einen großen Schluck und schließe die Augen.
Doch die Albträume kann auch der Alkohol nicht vertreiben und sie werden von Nacht zu Nacht schlimmer.
"Na sieh mal einer an, wen haben wir denn da? Das unschuldige kleine Mädchen, die geliebte Tochter! Soll ich deiner ach so tollen Mommy weh tun, huh? Soll ich ihr dieses Messer in den Rücken rammen, wie Verräter es verdienen? Ja? Sieh genau hin, du hast den besten Platz in der Show!", entgegnete mir die unbekannte Stimme und ich kniff panisch die Augen zusammen, hielt mir die Hände auf die Ohren. Doch es war, als könnte ich durch geschlossene Lider sehen.
Noch immer konnte ich meine Mutter erkennen, konnte sehen, wie dieser Mann auf meine Mutter einstach, als hätte er nie etwas Anderes getan. Sie schrie. Sie schrie um ihr Leben, schrie ihre Seele aus dem Leib, bis sie ruhiger wurde, den Blick starr zu mir gerichtet.
"Nein! Mum, wach auf! Lass sie in Ruhe! Hör auf damit!", kreischte ich und meine eigene Stimme hallte mir in den Ohren. Mum bewegte sich nicht mehr, kein bisschen. Sie blinzelte nicht mehr, keine Atmung.
Ein letztes Mal zog er das Messer aus dem leblosen Körper meiner Mutter und ich konnte nichts weiter tun, als zu schreien. Langsam drehte er sich in meine Richtung und grinste mich an, das blutige Messer in die Höhe haltend. Ich wich zurück, doch mit wenigen großen Schritten war er bei mir, packte meine Haare und riss daran.
"Nein! Lass mich in Ruhe! Verschwinde!", schrie ich.
"Nein!" stieß ich aus und schrie, weinte verzweifelt.
"Tequila!"
"Nein.. Bitte!", schreie ich, während ich mich ruckartig in meinem Bett aufsetzte und augenblicklich in das besorgte Gesicht meiner Schwester blicke. Meine Hautfarbe muss einer weißen Wand gleichen, so blass scheine ich zu sein. Überfordert starre ich Bacardi an, als hätte ich vergessen, wie man atmet. Mein Körper zittert und ich bin unfähig auch nur zu blinzeln. Meine Haare kleben verschwitzt in meinem Gesicht und mein Herz schlägt mir schmerzhaft gegen die Brust.
"Es ist nicht echt", ertönte ihre Stimme sanft und reißt mich aus meiner Starre. Ich werfe mich ihr beinahe entgegen und kralle mich an ihr fest.
"Was ist, wenn es echt war?", frage ich ängstlich, denn fuck, ich habe so verdammt große Angst vor der Wahrheit, doch die Ungewissheit bringt mich um.
Ich muss wissen, was passiert ist, bevor man mich im Wald gefunden hat. Ich muss es wissen! Es ist meine erste Erinnerung an mein Leben, davor muss etwas gewesen sein!
"Denk gar nicht daran. Versuch dich zu beruhigen, es war nur ein Traum", redet sie mir gut zu, doch Alles was ich fertig bringe, ist zu schluchzen. Wäre ich nicht so verwirrt und neben der Spur, würde ich nie vor Jemandem heulen, doch gerade habe ich es einfach nicht unter Kontrolle.
"Okay", murmele ich trotzdem, löse mich von ihr und versuche mit aller Kraft die eben gesehenen Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben.
"Geht's wieder?", fragt Bacardi und ich nicke mechanisch, obwohl ich schreien will, dass ich das Gefühl habe zu sterben. Aber ich zeige es ihr nicht, das bin nicht ich. Ich bin stark, nicht schwach.
"Okay", sie lächelt mich leicht an, bevor sie mein Zimmer verlässt.
"Okay", wiederhole ich in die Dunkelheit, obwohl meine Schwester schon verschwunden ist. Ich lege mich zurück auf die Matratze und versuche wieder einzuschlafen. Doch Nichts. Den Rest der Nacht liege ich wach und versuche nicht zu vergessen, wie man am Leben bleibt.
Am nächsten Morgen klingelt mein Handy laut und ich nehme es in die Hand, um zu sehen, wieso es klingelt, denn einen Wecker hatte ich mir sicher nicht gestellt. Nur über meine Leiche.
"Was?", frage ich genervt, nachdem ich den Anruf entgegen genommen habe.
"Lieblingsfreundin, es ist zum Zeit, um aufzustehen. Die Schule wartet auf dich", trällert mich Jack viel zu laut entgegen, weshalb ich das Handy von meinem Ohr weg halte. Er ist zu laut und es ist zu früh.
"Ne, heute liebe nicht", entgegne ich und sage dies ausnahmsweise nicht aus Faulheit, sondern fühle mich nach dieser Nacht wirklich nicht in der Lage dazu, das Haus zu verlassen. Vor allem nicht, um in die Schule zu gehen. Dort laufen zu viele dumme Idioten rum, die ich heute nicht gebrauchen konnte.
"Beweg deinen hübschen Arsch aus dem Bett oder ich transportiere dich eigenhändig in die Schule", droht er und ich weiß sofort, dass er es ernst meint. Ich weiß er meint es nur gut und es ist schön, dass ihm Etwas an meiner Zukunft liegt, doch absolut nicht heute.
"Jahaaa, ist ja gut", gebe ich trotzdem nach, immerhin bin ich schon wach. Da kann ich gleich aufstehen.
"Ich hole euch gleich ab", sagt er noch, bevor er einfach auflegt und ich die Augen verdrehe, währenddessen aus dem Bett steige. Er will doch nur meine Schwester flachlegen, deshalb holt er uns ab, Nichts weiter.
Ich führe meine übliche Morgenroutine durch und ziehe mir eine schwarze, dünne Strumpfhose an. Darüber eine kurze Hotpants, die man aufgrund des übergroßen schwarzen Pullis nicht sieht. Schließlich ziehe ich noch meine ebenso schwarzen Boots und eine Lederjacke an, bevor ich das Haus verlasse.
Jack wartet bereits bei seinem Auto und flirtet unübersehbar mit meiner Schwester, wie ich es bereits voraus gesagt habe. Sie streicht sich ständig die fast schwarzen Haare aus dem Gesicht oder spielt an ihren vielen Armbändern rum. Klare Anzeichen.
"Wir können", brumme ich und steige ohne ein weiteres Wort hinten im Auto ein und warte, bis die Beiden auch einsteigen.
Als sich nach zwei Minuten noch immer nichts tut, lehnte ich mich zwischen den Vordersitzen hindurch nach vorne und drücke auf die Hupe, weshalb die Turteltauben auseinander fahren und endlich in das Auto steigen.
Jedoch auch nicht, ohne sich weiterhin lächelnd anzugaffen. Einfach ekelhaft.
+++
Morgen ist mein casting.. soooo nervös..😂
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S.M.|| Bad Reputation - Shawn Mendes Fanfiction
FanficViolet Cooper um Etwas zu Beneiden scheint geradezu unmöglich zu sein. Denn als wäre das Leben bei ihrer frustrierten Pflegemutter nicht Strafe genug für das 17-jährige Mädchen, muss sie sich täglich mit dem Bild rumschlagen, das Andere von ihr habe...