Vor der Reise

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Vor der Reise

Ich gehe zu meinem Kalender und mache ein Kreuz für den heutigen Tag. Noch 3 Tage, dann beginnt mein allererster Urlaub, also nicht der erste, aber der erste im Ausland. Ich bin schon ziemlich nervös, da ich zum ersten Mal fliegen werde und ich habe so schon Höhenangst, wie soll es denn mehrere tausend Kilometer über dem Boden werden? Ich bin zwar schon 22 und sollte keine Angst mehr haben, aber das ist echt ein Problem für mich. Bis eben habe ich eigentlich gelesen, doch jetzt bin ich mit meinen Gedanken wieder ganz woanders. Ich könnte ja etwas anderes machen, als lesen, aber es sind draußen ungefähr 30° und hier drin mindestens das Doppelte. Eine Dachgeschosswohnung war wohl nicht meine beste Idee, doch sie ist günstig und liegt mitten in der Innenstadt.

Ich sollte wohl mal langsam anfangen, meinen Koffer zu packen, denke ich mir und lege mein Buch weg. Gesagt getan. Ich hole meinen Koffer und packe dort meine Kleidung rein. Zwei Jacken, ein paar Pullover, da es abends schon kalt wird auf dem Meer, aber hauptsächlich Kleider, da es in Spanien sehr heiß ist, vor allem im Hochsommer. Vielleicht auch nicht die beste Zeit um in so ein heißes Land zu reisen. Aber nach Spanien wollte ich schon immer! Ich schaue auf meine Kleider und lege meinen Kopf skeptisch zur Seite. Ganz zufrieden mit meiner Auswahl bin ich nicht. Vielleicht gehe ich morgen mal in die Stadt und kaufe mir noch ein paar neue Sachen.

Ich reise zusammen mit meiner Oma, sie kann sehr speziell sein, aber ich habe sie trotzdem gern. Seitdem ich ausgezogen bin, sehen wir uns kaum noch. Was ich wirklich bedauere, denn sie ist meine Lieblingsperson und ich habe einen sehr guten Draht zu ihr. Obwohl ich nicht bei ihr gewohnt habe, war ich oft nach der Schule bei ihr. Sie hat fast jeden Tag frisch gekocht und ich war jedes Mal begeistert. Aber am besten geschmeckt hat mir ihre Tomatensuppe. Denn das war keine normale Tomatensuppe. Nein. Diese war besonders. Nicht nachzumachen. Ich habe es oft probiert, aber bei meiner Oma hat sie immer am besten geschmeckt. Nachdem wir mit dem essen fertig waren, hat mich meine Mutter abgeholt und wir sind nach Hause gefahren. Deshalb hat sie mir, naja eigentlich uns eine gemeinsame Reise geschenkt. Weil wir uns seit meinem Umzug nicht mehr so häufig sehen. Wir fliegen nach Mallorca und von da aus geht es auf das Schiff, unsere Reise geht insgesamt 10 Tage. Es geht von Mallorca nach Barcelona und noch andere Städte. Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht so genau. Aber meine Oma bestimmt, ich meine sie hat es ja schließlich gebucht. Ob sie auch schon so nervös ist wie ich? Ich glaube nervös ist sie, ja. Aber nicht so wie ich. Es ist nämlich nicht ihre erste Kreuzfahrt.

~

Am nächsten Tag wache ich früh auf und frühstücke etwas. Ich nehme mir einen Apfel und setze mich auf meine Couch. Mit meinem Buch in der Hand, lese ich dabei. Danach mache ich mich fertig, ich möchte wieder Zuhause sein, bevor es wieder so heiß ist. Ich frage meine beste Freundin Lana, ob sie Lust hat mit in die Stadt zu kommen, doch sie kann heute leider nicht. Wir verabreden uns für morgen zum Kaffee und Kuchen. Also dann eben alleine. Ich packe meine Tasche und ziehe mich an, ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und laufe durch die Stadt. Meine Lieblingsmusik ist die Musik der 70/80er. Ich weiß gar nicht genau warum, aber die Texte berühren mein Herz und es spricht so viel Wahrheit daraus. Damit will ich nicht sagen, dass die Musik von heute totaler Mist ist. Ok eigentlich schon. Aber das weiß ja keiner! In der Innenstadt angekommen, schaue ich in ein paar Läden nach Kleidern und nach luftigen Oberteilen. Erfolgreich mit einigen Tüten in der Hand, bemerke ich, dass die Sonne schon sehr hoch steht. Erschrocken von meinem knurrenden Magen, suche ich nach einem Laden mit etwas Essbaren. Ich beschließe in ein Restaurant zu gehen und nicht nur in ein willkürliches, sondern in das Beste. Das Essen ist einfach nur göttlich und die Preise sind auch super. Das Personal kennt mich schon, da ich oft hier bin und immer dasselbe bestelle. Nachdem ich mich gesetzt habe und bestellt habe, versinke in meinen Gedanken, bis jemand aggressiv 'Noah!' ruft. Ich schaue dort hin und sehe ein junges Paar, sie ist vielleicht so 25 und er etwas älter, vielleicht nicht viel aber so 2-3 Jahre. Er hat schwarzes Haar und dunkle Augen, er wirkt auf Anhieb sympathisch, er lächelt mich peinlich berührt an. Sie hingegen wirkt total unsympathisch mit ihren langen braunen Haaren und ihrem genervten Gesichtsausdruck. Die beiden setzen sich zwei Tische von mir entfernt hin, während sie nicht aufhört zu reden. Er schaut nur genervt herum und wünscht sich innerlich bestimmt, dass sie aufhört. Ich aber wende meinen Blick ab, da mein Essen gerade gebracht wird. Mit einem Nicken bedanke ich mich und fange direkt an zu essen. Jetzt erhebt auch er seine Stimme, aber nur um sie zum Schweigen zu bringen. Tatsächlich, es hat geklappt, sie ist jetzt ruhig und schaut ihn verblüfft an. Ich esse auf, bezahle und fühle mich dabei etwas beobachtet. Nach einer Weile schaue ichnochmal zu ihm und merke, dass er mich wirklich anschaut, eher anstarrt. Seine Freundin hat es auch gemerkt und schlägt ihm deshalb gegen den Arm. Ich muss etwas grinsen und schaue ihn mir nochmal etwas genauer an. Er ist leicht muskulös, gepflegt, stilsicher und hat ein hübsches lächeln. Also insgesamt, sieht er nicht schlecht aus, ist aber auch nicht mein Typ. Aber das ist eh egal, er hat schon eine Freundin. Ich seufze, es gibt ja noch viele andere Männer, aber die anderen Männer stehen halt einfach nicht auf mich. Also eigentlich will ich ja auch keine Beziehung, lüge ich mich selber an.

Man sieht sich immer zwei MalWhere stories live. Discover now