ein Lebewohl

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Sie war noch nicht bereit zu gehen.

So sehr sie auch wusste, dass sie nicht bleiben konnte, und das Leben weiter gehen musste, sie konnte es nicht.

Es war als wäre sie an Ort und Stelle festgewachsen, unfähig sich zu bewegen.

Wenn sie die Augen schloss sah sie ihre Freunde. Wie sie lachend zusammen am Lagerfeuer saßen und von ihrer Zukunft träumten. Sie konnte ihr schallendes Lachen hören, sie roch den Rauch, spürte die leichte Meeresbrise auf ihrer Haut.

Doch wenn sie die Augen wieder öffnete, war da die Gegenwart, das Jetzt.

Kalte Erde, klamm und dunkel, ihre feuchten Wangen, der Abdruck ihrer Fingernägel, die sie schon seit Stunden in ihren Handballen drückte.

Noch nie wollte sie so wenig im Hier und Jetzt leben.

Das Wetter schwankte. Ein leichter Nieselregen setzte ein. Der Himmel verdunkelte sich.

Doch sie war noch nicht bereit zu gehen.

Sie konnte ihre Stimme hören. Wie sie ihr ins Ohr flüsterte, dass alles gut werden würde. Doch nichts war gut. Trina hatte aufhört daran zu glauben seit sie die Tür ihrer Wohnung Nachts um halb drei geöffnet hatte und die Blaulichter sie blendeten.

Nichts war mehr gut. Nichts war mehr so wie früher. Doch irgendwie musste es weitergehen. Auch wenn sie noch nicht wusste wie.

Mittlerweile waren alle gegangen. Der Regen setzt ein und vermischten sich mit ihren Tränen.

Schmerz ist eigentlich nur das dringende Bedürfnis zu verschwinden. Vergessen zu können. Die Existenz zu verlieren.

Sie stand langsam auf. Ihre nasse Hand fuhr noch einmal am glatten Stein entlang.

Lebewohl.

Sie war noch nicht bereit zu gehen.

Und doch stand sie auf und ging. Und ließ die schmiedeisernen Tore des Friedhofes hinter sich.



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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 21, 2019 ⏰

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