ein Mensch

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Trae war eiskalt.

Seine Augen waren so blau und so tief und so unendlich, wie das Meer. Und jedes Mal wenn man in sie hineinblicke, verlor man sich ein Stückchen mehr, in ihrer Unendlichkeit. 

Sein Haar war so dunkel, wie pure Finsternis, schwarz wie Asche.

„So ist er nur oberflächlich schön, er muss mehr sein als das", dachte sie.

„Könnte ich ihn doch nur reden lassen", dachte sie, „Reden müsste er, ganze Sätze, haufenweise Wörter mit Bedeutung."

Also gab sie ihm eine Stimme.

Und seine Worte waren von Bedeutung. Sie waren warm und liebevoll und voller Mut und Selbstbewusstsein.

Doch so war er nur ein Junge, der nicht mehr hatte als seine unendlich tiefen Augen, sein rabenschwarzes Haar und seine Stimme.

Also gab sie ihm ein Gehör und das Verständnis.

Er konnte nun zuhören, die Probleme der Leute verstehen, ihnen Rat geben. Was ihm zu einem wahren Freund machte.

Zufrieden sah sie, was sie geschaffen hatte: Einen Jungen mit Augen wie das Meer, mit Haaren schwarz wie die Nacht, mit einer Stimme, die er zu benutzen wusste und einem Gehör, mit dem er den Menschen Aufmerksamkeit schenkte.

Doch dann hielt sie inne.

So war er kein Junge. So war er kein Mensch. So war er nur eine menschliche Hülle, ein Etwas, mit tiefblauen Augen, mit dunklem Haar, mit Stimme und Gehör.

„Fühlen müsste er. So richtig und voll und ganz fühlen. Schmerz und Hass, genauso wie Liebe und Glück."

Also gab sie ihm ein Herz.

Und eine Seele.

Plötzlich war Trae nicht mehr eiskalt. Denn als er jetzt mit seinen blauen Augen die Menschen ansah, sah er nicht mehr durch sie hindurch, sondern in sie hinein.

Wenn er den Menschen zuhörte, war er mitfühlend, war offen, war ehrlich.

Jetzt war er nicht mehr ein Etwas. Sondern ein Jemand.

Jetzt war er ein Jemand, der geliebt werden konnte.

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