eine Entscheidung

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Ein Atemzug noch.

Ein allerletzter Atemzug noch.

Dann würde all das hier ein Ende finden.

Ich drehte mich noch ein allerletztes Mal um. Ein riesiger Fehler.

Ihre kristallblauen Augen trafen genau meine. So groß und rund. Ihr Gesicht war so weich gezeichnet, wie ein Gemälde. Sie war einfach wunderschön. Atemberaubend.

Sie schien für mich immer nur eine Last gewesen zu sein. Das schlimmste was mir je passiert war. Ein einziges großes Versehen. Ungewollt. Ungeliebt.

Doch jetzt in diesen letzten Minuten kurz vor unserer Trennung, sah ich sie an, zum ersten Mal wirklich an und konnte nicht fassen, wie unfassbar schön sie war.

Jetzt in den allerletzten Minuten, mein Entschluss war eigentlich schon lange gefällt, war mein Plan doch zum Scheitern verurteilt.

Wie sie da in ihren Bettchen lag, so winzig, so zerbrechlich.

Ich musste feststellen, dass in meinem kurzen Leben schon so viele gekommen und gegangen waren, doch sie wäre vielleicht die Erste, die wirklich bleibt.

Die Erste, die mich wirklich bedingungslos lieben könnte, ohne Vorurteile, ohne Zweifel.

Vielleicht war sie die einzige Chance auf Glück, die letzte Chance die ich jemals bekommen würde.

Unsere Blicke trafen sich also und ich hätte nicht gedacht, dass ein Baby einen so ansehen kann. Es war so als wüsste sie genau, was mit ihr geschah und es war als war das ihr letzter Versuch mich zum bleiben zu bewegen.

Ihre kleinen Lippen bebten und es war als würde sie flüstern: „Bleib bei mir Mami."

Tränen stiegen mir in die Augen.

„Was machen Sie denn hier um diese Uhrzeit?"

Ich erschrak als ich plötzlich die Schwester hinter mir bemerkte, die mich mit besorgten Blick musterte.

„Komm ich bringe sie zurück ins Bett." Die Schwester nickte mir freundlich zu und streckte ihre Hand nach mir aus.

Ein letzter Atemzug noch.

Ein allerletzter Atemzug noch.

Dieses winzige Wesen, dort in diesem Bett, war meine Tochter und sie war wunderschön. Sie war das Beste was mir je passiert war.

Ich lächelte leicht und strich über ihre kleinen Finger, die sich zu einer Faust um meinen Zeigefinger ballten.

„Sie ist wirklich bezaubernd", die Schwester kam nun lächelnd an meine Seite, „Ist sie Ihre Tochter?"

Ihre kristallblauen Augen blitzen mich an. Die Lippen hatte sie von mir, dass wusste ich. Genauso wie ich wusste, dass von diesem Moment jetzt alle zukünftigen Momente meiner Welt abhingen.

„Ja, dass ist sie", flüsterte ich und ich folgte der Schwester die Treppe hinauf zu meinem Zimmer, wo ich den gepackten Koffer unter das Bett schob.



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