Out of the Cage

Das Leben bei Ray

6:30 Der Wecker klingelt und ich werde langsam wach. Ich drehe mich nochmal um und kuschle mich in meine Bettdecke, weil ich nicht aufstehen will. Aber dann fällt mir ein: Es ist Freitag. Und nicht irgendein Freitag, sondern der Freitag an dem die Party bei Lia steigt. 

Voller Vorfreude schwinge ich mich aus dem Bett und gehe duschen. "Ich muss nur den Tag hinter mich bringen und dann kann ich heute Abend machen was ich will. Vorausgesetzt ich schaffe es Mecki loszuwerden...": denke ich. 

Mecki ist mein Bodyguard ist Anfang 40, sieht Til Schweiger ähnlich und heißt eigentlich Oliver, aber weil er eigentlich ständig meckert habe ich als Kind angefangen ihn Mecki zu nennen und das bleibt auch so. Als ich fertig geduscht bin gehe ich in meinen Kleiderschrank und habe die Wahl zwischen endlos vielen Kleidern, Blusen, Stiftröcken, Pollundern und eben Anziehsachen, die ich hasse, weil sie unbequem und eng sind. Mittlerweile habe ich einen kleinen Geheimvorrat an tollen Sachen im Badezimmerschrank ganz hinten hinter den Handtüchern, aber die ziehe ich auch erst dann an, wenn ich durchs Fenster verschwinde. 

Nachdem ich mich also für ein hübsches, knielanges Kleid entschieden habe, dass durch seinen fliederfarbenen Ton zum Frühlingswetter passt, gehe ich ins Erdgeschoss zum Frühstück. Die offene Küche ist riesig und so steril eingerichtet, dass es hallt wenn man sich unterhält, weshalb ich Mecki und Ray schon von der Treppe aus hören kann.  Bei politischen Gesprächen am Morgen vergehen... nein ganz sicher nicht, wer will sich mit sowas auseinander setzen bevor der erste Kaffee leer ist? Ich betrete die Küche während Ella, unsere Küchenhilfe, das Frühstück serviert. 

"Ah, Guten Morgen Nalani, beeil dich mit dem Essen, bevor deine Dozentin kommt hast du noch eine Sicherheitseinheit und erweise dem Herrn mehr Respekt, er hat gesagt beim letzten Mal hast du ihn einfach ignoriert, diese Art und Weise von dir in letzter Zeit ist mehr als töricht.": sagt Ray. Ich antworte ihm nicht, sondern nicke nur einmal mit einem einsichtigen Blick, schließlich möchte ich heute Frieden stiften.  Schnell esse ich mein gesundes Müsli und gehe zum Unterrichtsraum, der direkt am Salon liegt. Ja ich bekomme Privatunterricht in Politik, Betriebswirtschaft, Spanisch und Russisch. Alles was in meinem Alter noch relevant ist behauptet Ray.. Na sicher, mit 20 Jahren verfolge ich nichts weiter als Reichtum und die Weltherrschaft. 

Aber viel schlimmer als die Schuleinheiten sind tatsächlich die Sicherheitseinheiten von Securitymitarbeitern, die mir alle paar Wochen erklären, wie ich mich in Notsituationen zu verhalten habe. Bei Feuer der schnellste Weg raus, bei Beschuss der schnellste Weg in den Keller.. bla bla. Im Endeffekt habe ich sowieso andauernd Mecki bei mir, der mir spätestens wenn es so weit ist, sagen wird was ich tun soll. 

Aber jetzt muss ich erst mal diesen Tag, der ist wie jeder andere der letzten 15 Jahre, hinter mich bringen...