Freitag Abend

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Weil ich weiß, dass ich nur dann ausgehen dürfte, wenn es zu einer Gala oder einer Oper wäre frage ich logischerweise gar nicht erst. Nach dem Abendbrot sage ich zu Ella und Mecki:"Ich geh jetzt in Ruhe baden und mein Buch weiterlesen.", und laufe nach oben in mein Zimmer.

 Es ist groß, mit einer Fensterfront an der gegenüberliegenden Seite. Links steht mein Schreibtisch und daneben geht eine Tür zu meinem begehbaren Kleiderschrank, auf der rechten Seite hinten am Fenster steht mein Bett und davor geht eine Tür ins Badezimmer. Das Bad ist mein persönlicher Lieblingsraum, ich habe es mir skandinavisch stilvoll einrichten lassen, mit hellen Holzelementen, einer großen Regendusche, einer Badewanne, Fernseher und Musikanlage. Es ist einfach mein Rückzugsort, der wo ich stundenlang verschwinden kann, ohne dass mir irgendjemand folgt und dementsprechend viel Zeit nehme ich mir für mich.  

Nach dieser Prozedur krame ich meine "privaten" Anziehsachen aus dem Badezimmerschrank und entscheide mich für eine dunkle Hotpants, ein lockeres Tanktop in weiß und schwarze Boots. Während aus meiner Musikanlage "Havana" tönt, betrachte ich mich im bodentiefen Spiegel und bin zufrieden. Ich fühle mich wohl in den Sachen und das obwohl ich mit meinen gerade einmal 1,55 meter vielleicht öfter mal zu hohen Schuhen greifen sollte. Auch mein Gesicht gefällt mir wie es ist, ich bin weder wunderschön noch hässlich, ich habe Sommersprossen auf der Nase und schokoladenbraune Haare und Augen. Natürlich darf ich nur lange Haare tragen, denn Kurzhaarfrisuren sind bei Frauen in gehobenen Kreisen nicht gerne gesehen. Ja genau so emanzipiert sind die gehobenen Kreise, dass die Haarlänge über den Stand der Frau entscheidet. Weil mein Papa afrikanischer Herkunft war, habe ich einen relativ dunklen Teint und leichte Locken, die ich locker geföhnt habe, ohne sie zu frisieren. 

Plötzlich unterbricht "Havana" und mein Handy klingelt über die Anlage. Es ist Lia, schnell hebe ich ab. "Hey, ich bin fast fertig, wie sieht es bei dir aus?", begrüße ich sie. "Hey, Honey! Tut mir leid die Vorbereitungen laufen noch, es kann 5 Minuten später werden bis ich bei dir bin." "Ach, kein Problem, du kannst mich ja eh nicht direkt vor der Tür abholen, ich laufe dir gleich einfach schon ein bisschen entgegen. Ich freue mich!", sage ich. "Okay, super, dann bis gleich." antwortet Lia und legt auf. 

Es ist lange nicht das erste Mal, dass ich aus dem Fenster über den Baum, der direkt davor steht, verschwinde und ich bin mir sicher, dass Mecki mich schon mehr als einmal ertappt hat, aber er hat noch nie etwas zu mir gesagt und scheinbar deckt er mich vor Ray, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Er weiß eben, dass es mit 20 Jahren kein Verbrechen ist eine normale Party zu feiern und ich habe es noch nie übertrieben. Weder mit Alkohol oder Drogen, noch mit der Nähe zu einem Jungen. Ray hat es immer als "Gossentreff" bezeichnet, wenn ich ihm sagte ich wolle zu einer normalen Party. Einfach nur ein paar Leute die sich treffen um zu  quatschen und Spaß zu haben, Dart oder Mario Party zu spielen. Manchmal tut es mir leid, dass er scheinbar nie in seinem Leben wirklich Spaß hatte. 

Ich mache mir noch schnell eine schlichte silberne Kette um, und meine 3 Ohrstecker auf jeder Seite rein, schnappe mir meine Lederjacke und klettere mit ein paar geübten Handgriffen an der großen Kastanie runter in den Garten.

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⏰ Last updated: Feb 23, 2019 ⏰

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