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Es ist spät, als ich endlich mit den Helikopter wieder zum Avengers-Gebäude gebracht werde. Steve trägt mich in mein Zimmer, da ich unterwegs eingeschlafen bin. Natürlich bekomme ich das nicht mit. Ich bekomme auch nicht mit, dass Nat mich in mein Bett einbettet, mir über die Stirn streicht und mir einen Kuss aufdrückt und flüstert, wie froh sie sei, dass ich hier bin.

Nat ist nicht da, als ich aufwache. Doch es gibt kein Grund zur Beunruhigung, denn sie hat Training. Nur ich habe heute einen freien Tag, wie jeder Avenger, wenn eine Mission erfolgreich beendet wurde. Gegen elf klopft es an meine Türe. Steve steht grinsend davor: "Wir haben beide frei!" Nur wenig später sind wir auf dem Weg in die Stadt, Mittagessen zu gehen. Komisch ist nur, dass Menschen ihn anstarren, ihn erkennen. Mich kennt noch niemand, deswegen bin ich es, die Fotos machen muss. Werde ich irgendwann so gemocht, dass man Fotos mit mir haben möchte? Wir sitzen an einem kleinen Tisch in einem griechischen Restaurant, da Steve es unfassbar findet, dass ich es noch nie gegessen habe. "Was machst du gerne in deiner Freizeit?", fragt er mich und blickt mich interessiert an. Ich zucke mit den Schultern: "Ich hatte keine, deshalb weiß ich es nicht." "Entschuldigung", murmelt er schnell, doch ich zucke mit den Schultern: "Ist in der Vergangenheit", obwohl es nicht stimmt. Denn alles von meinem früheren Leben ist noch so präsent, das ich glauben könnte, ich wäre noch dort. "Hast du gerne getanzt?" Ich schaue an ihm vorbei, ins Nirgendwo, als ich die Frage beantworte: "Ich musste gerne tanzen, sonst hätte es mich umgebracht. Aber ja", ich richte meinen Blick wieder auf ihn, "das Tanzen lässt mich alles vergessen." Wieder eine Lüge. Nur wenn ich mit Nat tanze, passiert das. Ansonsten wird alles noch realer, weil ich Angst habe, sobald ich die Augen wieder aufschlage, stehe ich im Red Room.

Es ist später Nachmittag, als ich Nat zu Gesicht bekomme. Sie trägt eine schwarze Leggins und ein schwarzes Tütü. Ich erblicke Verzweiflung ihn ihrem Gesicht. "Tanz' mit mir", ihre Augen bohren sich in meine. In unserem Zimmer schlüpfe ich in mein Tütü, ebenfalls schwarz. Im Trainingssaal läuft schon Musik, an dessen Takt sich mein Herz anschließt. Wir schließen beide die Augen, lassen unsere Körper frei sein, sich so bewegen, wie sie es wollen. "Ich hab mir Sorgen gemacht", flüstert Nat, als ich mich um sie drehe. Meine Augen öffne ich nicht, als ich sage: "Ich weiß. Aber ich bin zurück. Ich hab's dir versprochen." Sie greift nach meiner Hand und wir vollführen eine Hebefigur, die mich kurz jauchzen lässt. "Du bist alles, was ich habe, Danija." "Und du bist alles, was ich habe, Nat." Ab da wird unser Tanz stumm, doch noch freier. Wie von selber vollführen wir ein Duett zu zweit, ohne zu kommunizieren. Von der Dauer des Tanzes habe ich nicht die geringste Ahnung, es könnte nur zehn Minuten gedauert haben oder sogar zwei Stunden. Doch als wir die Augen aufschlagen und die Musik verklingt, kann ich in ihren grünen Augen den Sturm erkennen, der sich auch in meinen Augen befindet. Mein Herz schlägt rasend schnell, meine Atmung liegt schwer, doch ich fühle mich befreit. "Ich brauche nicht mehr zu wissen, wer meine Familie ist", murmle ich leise, "denn du bist meine Familie." Als ich meinen Blick wieder hebe, sehe ich, wie Nat eine Träne über die Wange läuft. Sie nimmt mich in die Arme, hält mich und flüstert mir ins Ohr: "Du warst schon immer meine Familie."

"Danija, wie geht es dir nach deiner ersten Mission?", fragt Tony mich und legt mir die Hand auf die Schulter. Ich nicke und lächle ihn an: "Überlebt habe ich es zumindest." Er lächelt und verlässt unseren Tisch wieder. Nat, die Zwillinge, Peter und ich, unsere Stammgruppe. Denn wir sind immer noch die "Kleinen" in den Augen aller. Für sie sind wir noch nicht groß genug, noch nicht stark genug, noch nicht erfahren genug. Mit Ausnahme von Nat natürlich. Sie sitzt hier, weil sie bei mir sein will. Alle würden sie an ihrem Tisch aufnehmen, Black Widow ist schon jedem ein Begriff. Ob sie Ginger auch schon kennen, ist fragwürdig. Steve kennt meinen Namen und er schätzt mich, was auch schon etwas ist, immerhin ist einer der Uravengers. "Wie war es?", Wanda schaut mich gebannt an, doch ich zucke nur mit den Schultern: "Einfach ungewohnt. Aber man kommt da glaub' schon rein."

Am Abend stehen ich und Wanda oben auf dem Dach. Sie will mit mir reden, wahrscheinlich über die Mission. Ich weiß, dass sie jemand demnächst begleiten soll und jetzt ist sie nervös, fragt sich, ob sie alles richtig machen kann. "Wanda, es wird alles gut gehen. Du hast magische Fähigkeiten, dagegen kommt keine Waffe an!" Still mustert sie mich: "Eigentlich wollte ich nicht darüber nicht reden." Verwundert schaue ich sie an. "Weißt du, ich würde gerne deine Freundin sein und mit dir reden" jetzt schaue ich wahrscheinlich aus, wie ein Schaf, als man ihm versucht hat, Chinesisch beizubringen. "Ja, auch egal", sie will gehen, doch ich halte sie zurück: "Ich wäre gerne deine Freundin. Ich bin nur nicht gut in so etwas." Wir setzen uns auf den Boden, lehnen uns gegen das Geländer. "Ich dachte du hättest hunderte Freundinnen da draußen", seufzt sie. Das ist so ein absurder Gedanke, dass ich anfangen muss, zu lachen. Erst, als ich mich endlich erholt habe, kann ich es der verwirrten Wanda erklären: "Wo ich erzogen wurde, war es verboten, Freunde zu haben. Als ich eine hatte, musste ich sie umbringen." Wanda schaut mich entsetzt an: "Und Natasha?" "Ich habe sie immer bewundert, aber nie gezeigt. Dann wurden wir zu zweit auf Mission geschickt und sind uns nahe gekommen", ich lächle. "Ich dachte, ihr seid Schwestern." Der Gedanke erwärmt mein Herz. "Beinahe", flüstere ich. Zumindest fühlt es sich so an.

Ginger || N.R. ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt