„Warum seid Ihr denn einfach abgehauen letzte Nacht?", tadelte mich Thorew, doch ich wies den Vorwurf, der in seiner Stimme mitgeklungen hatte, wirsch zurück und erwiderte, es sei nicht meine Absicht Liebesnächte mit ihm zu verbringen und es ginge mir lediglich um den Spaß. „Thorew, das habe ich dir ausdrücklich gesagt und du hast zugestimmt.", rief ich schon leicht verärgert, als er mir immer noch grollte. Der Mann biss jedoch nur die Zähne zusammen und sagte nichts mehr, denn in diesem Moment stieß Theodred zu uns. „Eomer redet schon den gesamten Tag nur noch von einer Fee, die ihn letzte Nacht besucht haben soll." berichtet er mit schalkhaft glänzenden Augen. Thorew schnaubt missgelaunt: „Kleine Kinder!" Der Prinz ignorierte seinen Freund und verwandten und lächelt nur mir zu: „Vielleicht mag er geträumt haben, doch ich glaube ihm, dass eine Fee ihn besucht hat." Und erntete damit schallendes Gelächter von seinem Vetter, der seine schlechte Laune wieder vergessen zu haben schien.
Nach dem Essen bot der Prinz mir an, mich nach Hause zu bringen und ich nahm es dankend an. Thorews Kiefermuskeln zeichneten sich für einen Moment deutlich unter einer Haut ab, als er die Zähne zusammenbiss, aber kein Wort des Widerspruchs kam aus seinem Mund, er verabschiedete sich nur knapp und eilte dann alleine die Straße hinauf in Richtung Burg. So schlenderten der Prinz und ich ohne Thorew durch die dunklen Gassen zu meiner Unterkunft. „Ihr seid ein ganz besonderer Mensch und ich glaube Eomer, wenn er sagt, Ihr seid seine beschützende Fee.", wiederholte Theodred plötzlich, was er eben schon vor dem Essen gesagt hatte. Ich sah ihn an, blickte tief in seine grauen Augen, die die meinen fixierten und keinen einzigen Moment wegblickten, und fühlte eine mir völlig unbekannte Unsicherheit in meiner Brust aufwallen. Noch nie hatte ich Probleme gehabt mit jemandem zu reden oder Entscheidungen zu treffen, doch Theodred brachte mich in eine verzwickte Lage. Ich konnte nicht leugnen, dass der junge Prinz mich mit seiner Andersartigkeit anzog und wahrlich interessierte, mehr als irgendjemand sonst. Aber wollte ich jemand so unschuldiges wie ihn verderben, in dem ich mich auf ein Verhältnis mit ihm einließ, obwohl mir bewusst war, dass ich ihn bald darauf verlassen müsste? War ich tatsächlich so selbstsüchtig? Deshalb gab ich zu bedenken: „Theodred, seid vorsichtig was Ihr sagt, ich bin nur ein heimatloses Bauernkind und Ihr seid der Thronerbe Rohans. Wir sollten nichts tun, was wir beide bereuen würden." Verwirrt zogen sich seine Braune zusammen und seine Stirn legte sich in Falten, dann sah Theodred mich bittend an. „Ich möchte nur, dass Ihr Euch mein Angebot durch den Kopf gehen lasst. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass Ihr bereits eine Arbeit habt und diese täglich verrichten müsst. Dennoch, es wäre mir ein wichtiges Anliegen, wenn Ihr die Nächte in der Burg verbringen würdet. Am Geld soll es nicht scheitern, selbstredend werdet Ihr für Eure Mühen entschädigt." Wütend schnappte ich nach Luft um ihn zu unterbrechen. Bat er mich gerade für ihn als Prostituierte zu arbeiten? Konnte ich mich derart in einem Menschen getäuscht haben? Wann hatte er das zwischen mir und seinem Vetter herausgefunden? Benahm ich mich denn wirklich wie eine Hure? Ja, verflucht, ich wollte Spaß dieser Art haben und mein unendliches Leben genießen, soweit das eben möglich war! Aber Freier hatte ich deswegen noch lange nicht! „Ich verkaufe mich nicht! Was ich tue, tue ich aus freien Stücken!" Erschrocken ob meines plötzlichen Ausbruchs wich der Prinz einen Schritt zurück und in seinen Augen blitzte etwas auf, das ich nicht benennen konnte. Die Hände beschwichtigend erhoben versuchte er sich zu erklären: „Miraja, das wollte ich nicht! Habe ich mich unziemlich verhalten? Verzeiht mir, ich bitte Euch! Ich bin mir dessen nicht bewusst, womit ich Euch erzürnt habe." Theodred hatte mich vollkommen entsetzt und enttäuscht. Und diese Enttäuschung schmerzte mich sehr, denn irgendwo gestand ich mir ein, wie gerne ich ihn mochte und wie viel er mir bedeutete. Schon stiegen Tränen in meine Augen und bitter sagte ich: „Ihr schimpft mich eine Hure. Mir war sehr an Euch gelegen, weil Ihr mir ein ehrenwerter Mann schient und ich Euch in mein Herz geschlossen hatte. Doch nun..." ich musste schlucken, weil mir auf einmal die Luft zum Atmen fehlte. Völlig wirr mit seinen Händen gestikulierend rief Theodred aus: „Miraja, ich habe Euch niemals der Hurerei bezichtig, noch wäre mir dies in meinen dunkelsten Träumen eingefallen! Ihr liegt mir ebenfalls sehr am Herzen und es bekümmert mich, dass ich Euch beleidigt habe. Mir bleibt nichts, als mich zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten." Völlig verwirrt riss ich die Augen auf. Was sollte das denn heißen? Verwirrt ging ich im Kopf seine Sätze noch einmal durch und musste eingestehen, dass er nun wirklich noch nichts Konkretes geäußert hatte, aber ihm trauen konnte ich nicht, dazu hatte ich zu viele schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht. „Nun denn," fragte ich misstrauisch, die Augen zu Schlitzenverengt, „worum wolltet Ihr mich bitten?" Theodred schien mir auf einmal völlig überfordert mit mir zu sein und sein Blick wanderte wachsam hin und her, während er sein Gewicht von einem auf das andere Bein verlagerte. Vorsichtig, als wäre ich ein Reh, das bei der kleinsten falschen Bewegung davonspringen würde, erklärte er: „Mein Anliegen betrifft meinen Vetter Eomer." Kurz hielt er inne um mich zu mustern. „Der Junge hat seit jeher schlimme Albträume und doch schlief er heute Morgen so friedlich, als Ihr bei ihm wart. Eomer ist oft krank, weil er so schlecht schläft und ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn ihm etwas zustieße, weil ich nicht alles in meiner Macht stehende versucht habe." Mit riesigen Augen sah ich ihn an und ehrliches Bedauern, meines Verhaltens wegen, stieg in mir auf. Seine uneigennützigen Beweggründe hatten mir vollkommen den Wind aus den Segeln genommen und ließen mich nun entwaffnet und unsicher zurück. „Oh, Ihr habt solch edle Gedanken und ich unterstelle Euch schlechtes zu tun! Es tut mir von ganzem Herzen leid, Euch Unrecht zugefügt zu haben.", rief ich aus und blickte ihm flehend in die Augen in der Hoffnung, dass er mir nicht böse wäre. Theodred trat wieder einen Schritt auf mich zu und nickte: „Zwar ist mir immer noch nicht begreiflich, was mir unterstellt wurde und aus welchen Gründen, doch erleichtert es mich zutiefst, zu wissen, dass kein Zwist zwischen uns herrscht. Es gibt nichts zu verzeihen, Miraja." Dankbar und erleichtert seufzte ich auf und schickte ein stilles Dankeschön an die Valar. Theodred schenkte mir ein kleines Lächeln und hielt meinen Blick weiterhin fest. Ohne dass ich darauf hätte Einfluss nehmen können, beschleunigte sich mein Herzschlag wieder, bis es zu rasen schien und mein ganzer Körper zu kribbeln begann. „Ich danke Euch, mein Prinz." flüsterte ich mit belegter Stimme. Doch er schüttelte nur sachte den Kopf, ohne mich dabei auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen: „Ich bin nicht Euer Prinz, ich bin Euer Freund." Benommen nickte ich. Noch nie, niemals in all den tausend Jahren, hatte mich jemand derart aus der Fassung gebracht. Mein Herz raste und ich fühlte mich klein und schwach neben der wundervollen Fremdartigkeit dieses Mannes. Unsicher was ich jetzt tun sollte, trat ich einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn ganz langsam, jeden Augenblick darauf gefasst, dass er zurückzucken oder mich von sich stoßen würde - doch Theodred bewegte sich überhaupt nicht. Wie festgefroren stand er da, jeden Muskel angespannt, jederzeit bereit zur Flucht. Zwar stieß er mich nicht von sich, jedoch umarmte er mich auch nicht zurück und das kam für mich einer abgeschwächten Abweisung gleich. Die Schamesröte stieg mir ins Gesicht, so gedemütigt und zurück gewiesen hatte ich mich selten gefühlt. Ganz langsam wich ich zurück und blickte verlegen zu Boden, während meine Hände sich in ineinander verkrampften. „Mein Verhalten war wohl unangemessen, dafür entschuldige ich mich.", murmelte ich so leise, dass er es kaum hören konnte. Theodred räusperte sich einmal, zweimal. Dann strichen seine Finger für einen Moment zärtlich über meinen Handrücken. „Darf ich wagen, darauf zu hoffen, dass ihr meine Bitte erhört?", fragte er und räusperte sich erneut. Ein verschüchtertes Lächeln huschte über mein Gesicht und ich nickte, das Gesicht vermutlich immer noch flammend rot. „Ich könnte in zwei Stunden bei dem Jungen sein."
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Der schmale Grat zwischen Liebe und Schmerz (Herr der Ringe Fanfiction) ✔️
Fanfiction2997 Drittes Zeitalter: Unsterblichkeit ist für Laurelin kein Segen, sondern der seit drei Jahrtausenden auf ihr lastende Fluch. Zur Einsamkeit verdammt durchstreift die letzte Seregemath die Gefilde Mittelerdes, in denen es keine Heimat mehr für s...