Mächtige Schwingen schlugen lautlos in der Luft. Die Schwärze der Nacht verbarg die Wesen, welche zu dieser Zeit jagten, gut. Vor dem Sternenhimmel zeichneten sich undeutlich die riesigen Umrisse dreier Drachen ab. Drei Reiter standen reglos auf ihren Rücken und beobachteten eine Schar menschlicher Soldaten, die an einem offenen Lagerfeuer saßen und leise sprachen. Die Reiter verstanden jedes Wort. Die schemenhafte Gestalt auf dem größten Drachen in der Mitte hob die Hand wie zum Gruß. Wieder verharrte sie in dieser Position. Plötzlich zuckte die Hand herunter und schwarze Blitze schossen auf die Menschen zu.
Im Land Galad-Elderien, im Schloss König Sergons in Thiwen, Herbst, 388 Mondzyklus
>Ruf die Offiziere der letzten Armee herein und sende Boten zu König Kearktos, Königin Sijya und Königin Alanaia. Sie sollen unverzüglich hier her kommen, am besten mit ihren Streitmächten. Kearktos soll seine Eifersucht vergessen und helfen, die Reiche gegen das Böse zu verteidigen. Der Schwarze Wald dringt weiter vor! Wir müssen uns verbünden und gemeinsam gegen den Feind vorgehen.< ordnete König Sergon an. Sein Blick war auf das Fenster gerichtet. Plötzlich fuhr er herum und funkelte die Anwesenden wütend an. >Was steht ihr noch herum? Habt ihr keine Befehle? Raus hier!< brüllte der König in die Stille hinein. Erschrocken zuckten die Bediensteten zusammen und verließen rasch den Thronsaal. Der Bote eilte durch den Haupteingang, während die Mägde und anderen die verborgenen Nebenausgänge benutzten. Seufzend drehte er sich wieder dem Fenster zu und betrachtete die Landschaft, die von der untergehenden Sonne in ein rotes Licht getaucht wurde. Es klopfte an dem großen Tor. >Herein.< Das Wort verklang in der ohrenbetäubenden Stille. Sergon hörte, wie das Tor geöffnet wurde, und wie sich ihm zaghafte Schritte näherten. Langsam drehte er sich um. Seine eisblauen Augen bohrten sich in die den Neuankömmlings. >Wo sind die anderen Offiziere der verbliebenen Armeen, Vescon?< fragte der König mit einer kalten Stimme. >Nun, es ist so, dass nur noch meine Armee übrig ist. Die anderen sind dem Schwarzen Wald zum Opfer gefallen. Gestern wurden Beran und seine Leute in der Nacht überfallen und getötet. Einer der Soldaten ist entkommen, er hat mir davon berichtet. Er sagt, dass plötzlich alle Zelte in Flammen gestanden seien und schwarze Blitze die umherlaufenden Männer getroffen hätten. Die Getroffenen seien zu Boden gestürzt und ihre Herzen wie mit einem Schwert durchbohrt gewesen. Die dritte Armee ist vor zwei Tagen spurlos von hier verschwunden. Keine Leichen oder Hinweise auf ihren Verbleib wurden gefunden. Nur noch meine Armee ist übriggeblieben und von allem Unheil verschont worden.< berichtete der blasse Offizier. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regungen. Sergon beobachtete ihn nachdenklich. >Holt den Verräter herein.< befahl er ruhig. Die Tür flog auf und ein Mann wurde in den Saal gestoßen. Seine Hände waren hinter den Rücken gefesselt und sein Blick huschte misstrauisch durch den Raum. Er stolperte und fiel auf die Knie. Die Wache richtete ein Schwert auf ihn und er kämpfte sich wieder hoch. Als er neben Vescon stand stieß der Soldat ihn die Waffe in die Kniekehle und er stürzte erneut zu Boden. Der König nickte dem Wachmann zu, welcher sein Schwert, einen Beidhänder mir kurzer Klinge, zurück in die Scheide steckte und hastig den Saal verließ. Verwirrt schaute sich der Gefesselte um. Er war mager und dürr, als hätte er lange nichts oder wenig gegessen. Sein dunkles Haar war verfilzt und fiel ihm ungekämmt über die Schultern. Vescons Augen weiteten sich entsetzt, als er den Gefangenen erkannte. >Nein! Das kann nicht sein! Das ist kein Verräter, König. Lasst ihn frei, verschont ihn! Er hat nichts getan!< rief er. >Wie schön, ein Wiedersehen zwischen Brüdern. Nur leider gibt es eindeutige Beweise, die gegen Coras sprechen, sonst hätte ich ihn freigelassen. Es gibt Zeugen, welche bestätigen, dass er seit Längerem meinen Fall plante, und es spricht vieles dafür, dass er dem Feind hilft, den Schwarzen Wald vorwärts zu drängen. Vielleicht wirst du besser sein, wenn du siehst, was mit ihm nun geschieht.< Der Herrscher lachte und Vescon sah ein irres Leuchten in seinen Augen. Sein König war wahnsinnig. Langsam zog er ein langes Schwert, welches in seinen weiten Gewändern verborgen war, und richtete es auf Coras, dessen Angst Sergon förmlich spüren konnte. Er grinste. >Noch irgendwelche letzten Wünsche?< fragte er, und Hohn schwang in seiner Stimme mit. Ängstlich schüttelte er den Kopf. Mit einer einzigen Bewegung, die so schnell war, dass Vescon ihr beinahe nicht mit den Augen folgen konnte, spaltete Sergons Schwert den Verräter in der Mitte. Fassungslos schaute der Bruder Vescons an sich herunter und hob dann langsam des Haupt. >Es tut mir Leid, Bruder...< flüsterte er, bevor er tot zusammenbrach. >NEIN!!!< brüllte der Offizier und stürzte zu seinem toten Bruder. Sein einziger Verwandter, der den Angriff des Schwarzen Waldes auf ihr Heim überlebt hatte, das Einzige was er noch hatte, lag vor ihm in einer Blutlache auf dem kalten Steinboden. Langsam blickte er zum Mörder seines Bruders auf, seine Augen glühten förmlich vor Hass und Wut. König Sergon lächelte jedoch nur und deutete mit dem Schwert auf das Tor. Vescon musste sich dem unausgesprochenen Befehl beugen und verließ den Saal, allerdings nicht, ohne dem König noch einen hasserfüllten Blick zuzuwerfen. Das Tor fiel hinter ihm mit einem lauten Knall zu.
DU LIEST GERADE
Schattenkrieger
FantasiDie Schattenkrieger bilden eine kleine Gruppe, die stets dort auftauchen, wo der Tod sein Spiel treibt. Doch wer sind sie wirklich?