Liebst du ihn?

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Mein Herz ging unregelmäßig, als sich die Matratze wieder hob und die Schritte von Louis durch das Zimmer gingen. Die Tür war zu hören und als diese dann leise ins Schloss fiel, konnte ich nicht mehr an mich halten.

Ich riss meine Augen auf und richtete mich ruckartig auf.

Benommen ließ ich meinen Zeigefinger über meine Wange gleiten. Louis' zarte Berührung hatte ein Kribbeln auf meiner Haut hinterlassen und dieses war noch immer vorhanden, obwohl er nicht mehr im gleichen Raum war wir ich.
Schwer schluckend schaute ich durch mein Zimmer.

Schlafen konnte ich jetzt eindeutig vergessen.

****

Als die Sonne aufging, ging ich duschen und danach in die Küche.
Zu meiner Überraschung saßen dort bereits Liam und Zayn.
Mein bester Freund sah allerdings alles andere als gut aus. Müde und mit verwuschelten Haaren richtete er seinen Blick auf und sah mich an. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Ich kannte Liam wie kein anderer und wusste genau warum er so aussah. Auch er hatte die Nacht nicht geschlafen. Hatte sich vermutlich die ganze Nacht Sorgen um mich gemacht und das verschaffte mir ein schlechtes Gewissen.

"Wie geht es dir?", wollte er wissen, als ich mich ihm gegenüber setzte.

"Gut".

Skeptisch zog er seine Augenbraue hoch, doch ich nickte.
"Wirklich. Mir geht es gut."

Mein Körper hatte sich erholt. Einzig alleine die Müdigkeit kam zum Vorschein, aber das war ja auch kein Wunder, da ich ja keine Sekunde geschlafen hatte.

"Und wie geht es dir psychisch?", wollte Zayn wissen und anscheinend konnte Liam das große Fragezeichen auf meinem Kopf sehen, denn er antwortete schnell.
"Wegen Evan".

Ach ja.
Evan.
Zu meiner Schande hatte ich an ihn gar nicht gedacht.

Zögerlich nahm ich mir den Kaffee meines besten Freundes und trank einen schluck.

"Er ist weg und ich muss mir jetzt Gedanken über unsere Beziehung machen".

Ein Nicken kam von dem verliebten Pärchen.

"Liebst du ihn?", wollte der Schwarzhaarige wissen und viel zu schnell schüttelte ich meinen Kopf.
Liam schien das nicht zu überraschen, aber Zayn sah mich mit einem skeptischen Blick an.

"Aber ihr seid seit einem Jahr zusammen. Da kann man doch eigentlich schon von Liebe reden, oder?".

Da hatte er Recht.
Nach einem Jahr konnte man definitiv von Liebe reden, aber nicht bei mir.
Ich liebte ihn nicht.
Ich mochte ihn, verbrachte gerne Zeit mit ihm - zumindest meistens, aber von Liebe konnte man wirklich nicht sprechen.
Er tat mir halt gut und das war für den Moment alles was zählte.

Jemand legte seine Hand auf meine Schulter und als ich meinen Kopf hob, stand Niall mit einem sanften Lächeln auf den Lippen neben mir.
"Wenn du ihn nicht liebst, solltest du dir mal überlegen, ob du diese Beziehung wirklich noch weiter führen willst. Es wäre unfair Evan gegenüber, denn ich denke er liebt dich wirklich."

Nachdenklich nickte ich und stand auf.

"Ich mache mir Gedanken, versprochen. Aber jetzt muss ich mich erstmal hinlegen".

****

Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, war es bereits später Nachmittag.
Es war leise im Haus und als ich durch die Räume schweifte, merkte ich das ich anscheinend alleine war.

Ich genoss die Ruhe, legte mich auf das Sofa und schloss erneut meine Augen.

Ungewollt schweiften meine Gedanken zu Louis.
Sein Verhalten passte einfach nicht zusammen.
Wieso log er mich erst an und schlich sich dann Nachts in mein Zimmer?
Wieso log er überhaupt?
Was brachte ihm das?
Wollte er diesen Ausrutschter mit ihr dadurch verharmlosen?
Das war eigentlich so gar nicht seine Art.
Wenn Louis einen Fehler machte, stand er eigentlich auch dazu.

Gestresst fuhr ich mir mit meinem Finger über die Stirn.
Was interessierte mich das eigentlich?
Das Thema war durch und ich sollte mir keine Gedanken mehr darüber machen.

Aber warum tat es dann immer noch so weh?

"Geht es dir besser?".

Ich zuckte zusammen und öffnete meine Augen.
Wieder war er hier.
Wieder war er genau dann aufgetaucht, als kein anderer zu sehen war.

Louis setzte sich auf das Sofa neben mich und schaute mich unsicher an.
Ich nickte.

"Danke nochmal".

Auch wenn ich verwirrt und sauer war, hatte er mir gestern geholfen und dafür musste ich ihm einfach danken.

Lächelnd zuckte er mit den Schultern.
"Hätte ich dich da einfach liegen lassen sollen? Niall und Liam waren total überfordert und ich...naja ich kannte das ja schon und wusste was zu tun war."

Die Wolldecke die neben mir lag zog ich über meinen Körper.
Plötzlich war mir eiskalt.
Louis hatte mir so oft bei diesen Anfällen geholfen. Und auch wenn diese immer schlimm waren, als ich wieder durch kam hatten wir die Zeit danach Arm in Arm auf dem Fußboden, dem Sofa oder wo auch immer ich gerade umgefallen war gesessen und hatten gekuschelt. Trotz der Vorfälle waren diese Nächte eigentlich immer wundervoll.

Mein Herz bekam einen Stich und schnell kniff ich meine Augen zusammen um die aufkommenden Bilder zu verdrängen.

"Aber eigentlich dachte ich diese Anfälle wären verschwunden."

Tja, wie man sich doch täuschen konnte, Louis.

"Dachte ich auch, aber wie du gemerkt hast können sie wieder kommen".

Louis schluckte und schaute mich mit einem Blick voller Reue an.
"Und das ist meine Schuld. Wenn ich nicht mit diesem Thema angefangen hätte, dann hättest du ihn sicherlich nicht gehabt. Und Evan wäre sicherlich auch noch da." Traurig senkte er seinen Blick.
"Es tut mir wirklich leid, dass ich das alles so vermasselt habe und auch wenn ich dein Betthäschen nicht mag, tut es mir leid das er jetzt weg ist und du mit ihm Stress hast."

Nun war ich es der mit den Schultern zuckte.
"Er kriegt sich schon wieder ein".

Tat er doch immer.
Der Streit mit Evan beschäftigte mich eigentlich herzlich wenig. Ich würde mich bei ihm entschuldigen, ihm sagen das ich mich ändern würde und schon war alles wieder in Ordnung.

So wie immer.

Wobei mir Nialls Worte auch durch den Kopf spukten. Vielleicht sollte ich wirklich darüber nachdenken ob es wirklich das war was ich wollte. Und ob ich einfach so mit Evans Gefühlen spielen wollte.
Denn für ihn war diese Beziehung viel mehr.

Louis fuhr sich verzweifelt durch seine Haare, sah aus als wenn er innerlich mit sich ringen würde.
"Hazza, ich...das was ich gesagt habe...ich...", er schüttelte seinen Kopf und stand hastig auf. "Vergiss es einfach...ich...", erneut schüttelte er seinen Kopf und eilte aus dem Wohnzimmer.

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