Ketchup oder Mayo?

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Katja hörte Anna das Licht in der Küche ausmachen und legte schnell ihr Handy auf den Nachttisch, dann stopfte sie sich mit einem Strahlen ein Kissen in den Rücken. »Oh, Pommes um Mitternacht, du bist eine Göttin!«

Anna reichte Katja einen Teller an und schüttelte den Kopf. »Ich hab nur ein Eisfach und einen Backofen. Ketchup oder Mayo?«

Katja nahm den Teller entgegen. »Am liebsten beides!«

Anna nickte und verschwand wieder in der Küche. Katja warf einen nervösen Blick aufs Handy. Eigentlich sollte das nur ein Spaß sein, als sie Sven das Foto geschickt hatte, aber jetzt bekam sie doch ein mulmiges Gefühl. Wieso antwortete er nicht? War er vielleicht gerade mit einer anderen Frau zusammen, von der sie nichts wusste? Hatte er jemanden auf der Party getroffen oder kennengelernt?

Anna kam wieder herein und reichte Katja Flaschen mit Ketchup und Mayo an, dann kletterte sie selbst wieder ins Bett und zupfte sich ein paar Pommes vom Teller. »Wartest du auf eine Nachricht von Sven?«

Katja drückte Mayo auf den Tellerrand und seufzte. »Ich bin immer ein bisschen nervös, wenn er allein unterwegs ist. Wenn er bei dir ist, komme ich inzwischen ganz gut klar, aber was ist, wenn er eine monogame Frau kennenlernt, die ihn für sich haben will?«

Anna sah Katja verdutzt an, dann zog sie die Nase kraus und lachte, wurde aber sofort wieder ernst. »Sorry, ich wollte nicht lachen! Aber da musst du dir bei Sven echt keine Sorgen machen! Der hat noch nie eine Frau für eine andere verlassen. Wenn er sich trennt, hat das andere Gründe, aber die siehst du dann vorher auch kommen, weil er mit dir redet.«

Katja seufzte innerlich. Anna war so umwerfend niedlich, wenn sie so lachte, am liebsten hätte sie sie einfach geküsst. Stattdessen neigte Katja traurig den Kopf, streckte die Hand aus, um Anna die wild zerzausten Haare aus der Stirn zu streichen und sagte einfach nur zärtlich: »Anna!«

Anna neigte unsicher den Kopf zur Seite, um Katjas Hand auszuweichen und sie ließ die Hand wieder sinken. »Entschuldige. Ich hab nur einfach noch nie eine Freundin wie dich gehabt. In mir läuft zu vieles durcheinander.«

Anna stibitzte sich wieder ein paar Pommes, sah Katja aber nicht an. »Vielleicht bist du nur durcheinander, weil wir so eine intime Beziehung über Bande spielen.«

»Über Bande?«

Anna nickte knapp. »Klar, wie beim Billard. Wir schlafen mit demselben Mann, das schafft eine seltsame Intimität. Wir wissen dadurch einfach beide verdammt viel über das Sexleben der anderen. Wie er sich anfühlt, wie er riecht, wie er schmeckt, was er mag, wie er kommt. Das schafft eine seltsame Nähe, die erotische Grenzen überschreitet, die man sonst mit Freundinnen hat. Wenn jede ihren eigenen Mann hat.«

Katja sah Anna fasziniert an. »So hatte ich das noch nie betrachtet.«

Anna zuckte die Schultern und stopfte sich die Decke zurecht. »Über so was denkt man ja auch normalerweise nicht nach. Ich glaub, deswegen ist es für monogame Frauen auch so schmerzhaft, wenn ihre Männer sie betrügen. Weil dann irgendwie auch jemand in ihr Intimleben einbricht, den sie sich selbst nicht ausgesucht haben. Und weil sie nicht gefragt werden, fühlen sie sich total ohnmächtig. Auf irgendeine Art ist es eine subtile Vergewaltigung, den Partner mit jemandem teilen zu müssen, wenn man das nicht will.«

Katja stellte den Teller in die Mitte, rutschte tiefer ins Bett und knabberte nachdenklich am Essen. »Du denkst über unglaublich komplizierte Dinge nach. Die Ebene wäre mir nie aufgefallen.«

Anna zuckte müde die Schultern, dann lachte sie freudlos. »Ja, den Vorwurf, dass ich immer alles viel zu kompliziert mache, höre ich öfter.«

Katja sah fasziniert zu ihr auf. »Von Sven?«

Endlich Alleinlage! (Polyamorie-Lesehappen 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt