Die kürzeste Ankunft der Welt

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In dem Schlüsselloch war tatsächlich etwas: eine kleine goldene Perle. Ich war mir sicher, dass sie nicht echt war, wegen dem leichten Bronzeschimmer, wenn man sie zwischen den Fingern hin-und herbewegte.

Das Zimmer war klein, etwas kahl, mit seinem Bett ohne Nachttisch und der Tür, die mir durch die Leerheit wie ein Zweitmöbel vorkam. Aber ich fühlte mich wohl. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mich in jedem Zimmer nach einer Reise wohlfühlen würde. Was ist eigentlich eine Reise? Das bewegen von A nach B oder sich nicht zuhause befinden? Ich denke beides.

Ich befinde mich nicht Zuhause. Und ich bewege mich zweimal die Woche von A nach B.

Allgemein betrachtet ist eine Reise ein längerer Weg, als vom Bett zum Kühlschrank.

Ich schmiss meinen Rucksack aufs Bett und mich gleich daneben. Einmal durchschnaufen, aaaaaah.

Doch die Stille wurde unterbrochen durch das plötzliche Piepen meines Handys, welches mich an meinen Termin im Bundestag erinnerte.

Das hatte ich völlig vergessen!

Schnell steckte ich mir zwanzig Euro und mein Handy in die Hosentasche und verließ das Hotel. Beinahe hätte ich den Bus verpasst, doch mit hochrotem Kopf und dem Atem eines Kampfstiers stellte ich mich vor den Bus, sodass er gezwungen war, anzuhalten.

Als ich einstieg, bemühte ich mich um ein liebliches, dankbares, nicht allzu Kampfstierhaft angestrengtes Lächeln, doch der Busfahrer tat es mit einem Grunzen ab.

Nach zehn Minuten bog der Bus um die Ecke und gab einen Blick auf den Bundestag frei, den ich nie wieder vergessen werde: majestätisch und friedlich klug stand er da, mit seiner berühmten Glaskuppel, in der das Licht brach. Ein paar längliche Wolken hinter dem Bauwerk zogen sich in die Länge, als würden sie ihm ehrfürchtig folgen, was ihn opulent in seiner Gestalt ruhen ließ.


Mein Blick fiel auf die Truppe, die vor einem großen Tor stand, woraufhin ich mich noch einmal der Adresse vergewisserte, die ich mir aus der Veranstalterseite im Internet herausgeschrieben hatte. Zufrieden steckte ich meinen roten Mini-Notizblock zurück in die Gesäßtasche, während ich ausstieg und auf die kleine Menschenmenge zuging.

Die Gruppe bestand überwiegend aus Menschen mittleren Alters, doch auch ein junges Paar und zwei Familien waren interessiert.

Zwei Männer traten aus dem Gebäude und geleiteten uns durch die Sicherheitszone, die der eines Flughafens ähnelte. Danach wurde die Gruppe an eine Frau übergeben, die die Führung übernahm.

Es ging los.

Ich war im vollkommen gebannten Aufnahmemodus.

Na, wie lang das hält...
-amimix

The JournalistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt