wurden leise, als sie im Wartezimmer standen. Jess war übel geworden. Er hasste Krankenhäuser. Sein Kopf drehte sich, leicht schwankend suchte er Halt an einem der Plastikstühle.
Er heftete seinen Blick durch die Glastür. Ein alter Mann lag in einer dieser weißen Liegen. ER hob langsam seinen Arm, gedämpft hörte Jess ihn reden. Vielleicht sprach er mit der jungen Frau, die neben ihm stand und ihm am Kopf berührte. Sie lachte. Erleichtert atmete Jess aus. Dem Mann ging es gut, dachte er. Er beobachtete, wie die Frau die Liege zu ihm umdrehte. Der alte Mann fing Jess Blick. Jess atmete schnell ein, als er die Schläuche sah, die ihm aus dem Magen reichten. Man konnte die dunkle Flüssigkeit sehen, die durch die hellen Schläuchen lief.
Jess kniff die Augen zusammen und fasste sich an den Magen. "Ich geh kurz-", murmelte er und stieß die Glastür auf. Sein Herz raste.
In der Toilette war es still. Der Geräuschpegel riss ab, sobald er sich übers Waschbecken beugte. Jess atmete schwer. Dann sah er auf. Sein Spiegelbild erschreckte ihn. Schweiß stand auf seiner Stirn und blauen schienen die Adern unter seiner bleichen Haut. Sein Mund schmeckte trocken und salzig.
Schnell beugte er sich über den Wasserhahn und spritze sich kaltes Wasser ins Gesicht.
Er war ein Feigling, dachte er. "Reiß dich zusammen", murmelte er seinem Spiegelbild zu und starrte sich schweigend an. Was musste er Schlimmes getan haben, um hier sein zu müssen?
Die Tür ging auf und jemand kam herein. Jess wandte sich schnell weg. Wartete, bis der Mann in einer Kabine verschwunden war, dann ging er aus der Toilette.
Er sah sich um. Hinten konnte er das Wartezimmer erkennen, er drehte sich von ihm weg. Weit weg, dachte er. Weiter weg als nötig, wenns sein muss. So viel Raum wie möglich zwischen ihn und den Mann bringen. Vor ihm öffnete sich ein langer weißer Gang. Langsam schlenderte er ihn herunter, den Arm ließ er über die Tapete streifen.
Einmal blieb er kurz stehen und sah sich die Zeichnungen an den Wänden an. Es waren kindliche Figuren, sie machten ihn traurig. Er wandte sich um, ein Kaffeeautomat stand bei den Treppen. Er fischte 2 Euro aus seiner Hose und wartete, bis der Cappucino fertig war. Seine Stirn fühlte sich heiß an.
Ob man von so einem Ort krank werden konnte?
Er nahm dem heißen Becher und ließ sich an einer Wand heruntergleiten. Eine Hand auf der Stelle, wo sein Herz gegen die Rippen schlug. Es war verdammt ruhig hier. Der Cappuccino war zu wässrig und er verbrannte sich seine Zunge. Fluchend stellte er ihn zur Seite.
Er wünschte sich, es wär lauter hier. Eine Krankenschwester kam vorbei und lächelte ihn mitleidig an. Jess starrte ihr hinterher, er hielt es kaum aus, all den Menschen hier, denen sie ihr Mitleid geben könnte und sie gab es ausgerechnet ihm.
Nach einer Weile ging das Licht aus und es wurde schummrig im Gang. Jess starrte auf die Wand und spitze die Lippen. Er würde gerne schlafen, aber sein Kopf tat immer noch weh.
Das Licht ging wieder an. Jess richtete sich auf, aber sah niemanden. Er lehnte seinen Kopf gegen die Wand und schloss die Augen.
Er fuhr leicht zusammen, als er Schritte hinter der Ecke hörte. Eine Tür fiel zu.
"Werd ich nicht", sagte jemand. "Doch wirst du. Wir werden es zusammen schaffen." "Haben wir immer geschafft-" Jess kniff ein Auge zu. Sie sollten weg gehen. "Was soll es bringen?", murmelte die gleiche Stimme.
Jess wollte wirklich nicht zuhören. Er wollte, dass es wieder still wurde, aber jetzt waren diese Stimmen da und er konnte gar nicht anders, als zuzuhören.
"Die Chemos bringen nichts und ihr wisst es. Und die nächste wird auch nicht anschlagen-" Die Stimme war lauter geworden. "Vielleicht müsst ihr euch einfach mal eingestehen, dass ich krank bin-"

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À demain
RomanceJess ist der, der nachts alleine an ner Brücke sitzt, mit Tauben spricht und sich weit übers Geländer hängt, um den Wind in seinen Haaren zu spüren. Er schleicht sich in die UBK und träumt vom Künstlersein, während er im echten Leben nichts auf die...