Kapitel 4 - Schwarz, Weiß, Bunt

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- Samuel

Ich werfe noch einen letzten Blick auf Lenn und das Mädchen in der sehr, sehr kurzen Hose. Schaue aber schnell wieder weg, denn es sieht schon fast so aus, als wäre er ein Vampir, der ihr Blut aus dem Hals saugt.
Ihh...
Sehr verstört versuche ich die Knutschfleckenproduzenten auszublenden und im Dunkeln das Schlüsselloch zu finden. Da die Musikanlage im Garten steht, ist es auf der Straße noch relativ ruhig, aber als ich endlich die Tür aufbekomme, kommt mir die laute Musik wieder entgegen. Ich verziehe das Gesicht und mache mich auf den Weg zur Treppe um mich in meinem Zimmer vor den Leuten und der Musik abzuschotten. Je näher ich dem Hausinneren komme, desto lauter wird die Musik und damit langsam echt unerträglich laut, besonders ohne Alkohol. Ich trinke also noch einen Schluck und bereue es schon in dem Moment wieder, als sich die Flüssigkeit in meinem Mund befindet, grausames Zeug. Aber nicht nur die Musik wird lauter, es werden auch immer mehr Menschen. Dafür werden es aber immer weniger Kleidungsstücke die die einzelnen Personen tragen. Als müssten sie diese fehlende Kleiderwärme kompensieren, tanzen sie so nah beieinander, dass ich teilweise nicht weiß wem welches Körperteil gehört. Das ganze wird auch noch dadurch verstärkt, dass vereinzelt einige Hände an Stellen von anderen Personen sind, an die sie nicht vor der Ehe hingehören, wie es meine Mutter wahrscheinlich formulieren, oder ehr hysterisch schreien würde, wenn sie das Gleiche sehen würde, was ich gerade ertragen muss.

Vor meinem Zimmer schiebe ich eines dieser beschriebenen Knäule beiseite, dass aus einem Mädchen aus meiner Klasse und noch irgendeinem Jungen besteht. Noch schneller als Draußen ziehe ich meinen Zimmerschlüssel heraus und schließe auch diese Tür auf. Ich stoße sie hinter mir zu und lasse mich mit dem Gesicht voran auf mein Bett fallen. Glücklicherweise ist hier die Musik nicht mehr allzu laut und da ich bevor ich zu Lukas gefahren war die Tür abgeschlossen hatte, sind hier glücklicherweise auch keine Menschen mehr. Umgeben von dieser "Ruhe" kommen die ersten wirklichen Erinnerungen an eben wieder. Hatte ich wirklich meinen besten Freund geküsst? Es war so schnell gegangen, dass ich nicht mal mehr weiß ob ich dabei überhaupt etwas gefühlt hatte. Aber bevor ich überhaupt in einen Abgrund aus Gedanken stürzen kann, wird plötzlich die Tür geöffnet.
Ich hebe meinen Kopf und drehe ihn zu Tür, in der Hoffnung mich nur verhört zu haben. Doch leider hatte ich das nicht und ich konnte jetzt live dabei zu sehen, wie Nick, der Bruder von Chris, Polly einem Mädchen aus seinem Jahrgang, die Bluse öffnet und sie dabei innig küsst, während sie sein T-Shirt leicht nach oben zieht. Sofort springe ich auf, aber die beiden scheinen, weder meine Anwesenheit noch meine Bewegung wahrzunehmen. „Äh Hallo? Raus hier! Sucht euch einen anderen Platz um..." Ich reiße meine Augen auf, ehe ich schnell wieder weg schaue. Wie schnell hat Polly die Hose von Nick den aufbekommen? Aber anscheinend, ging ihre ganze Aufmerksamkeit dafür drauf, denn die beiden haben immer noch nicht bemerkt, dass sich noch eine dritte unbeteiligt Person im Raum befindet.
Als Nick dann auch noch Pollys Bluse komplett geöffnet hat und langsam mit seinem Mund von den Pollys Lippen ablässt und weiter nach unten wandert, beschließe ich, dass die beiden nicht auf Worte reagieren werden und schiebe sie, genau wie das Paar zuvor einfach wieder durch die Tür nach draußen.
Dabei versuche ich so wenig Körperkontakt aufzubauen und nicht genau hin zu schauen, was die beiden tuen, denn sie lassen sich durch nichts beirren und machen einfach weiter. Wie viel oder ehr was müssen die zu sich genommen haben?

Gerade als ich die beiden so weit geschoben habe, dass ich mir sicher sein kann, dass sie nicht mehr in mein Zimmer kommen werden. Sehe ich wie ein Junge mit braunen Haaren die Treppe hoch kommt. Panisch realisiere ich, dass Lukas dieser Junge ist. Unsere Augen treffen sich und ich muss wieder an den Kuss denken.
Oh nein, was macht er denn hier? Überfordert schüttel ich meinen Kopf und stolpere rückwärts, ich bin nicht bereit ihn mit dem gleichen Ausdruck zu sehen wie den den meine Eltern hatten. Mein anfängliches Stolpern wird langsam kontrollierter und ich drehe mich um, um schnell in mein Zimmer zu laufen „Sam warte!" ruft Lukas nach mir. Doch ich kann einfach nicht. Mir steigen wieder Tränen in die Augen. Ich höre wie Lukas los läuft, was mich nur noch schneller werden lässt. Ich erreiche mein Zimmer und habe es fast geschafft die Tür zu zu ziehen, da stellt Lukas seinen Fuß zwischen Tür und Türrahmen.

Sam.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt