3 ~ Waldbekanntschaften

1.5K 55 2
                                    

"Du bist das Mädchen aus dem Schloss, welches Gold aus der kleinen Kammer gestohlen hat, nicht wahr?", fragte der für Robin Fremde und drehte sich langsam um.

Robins Kapuze hielt nicht mehr den Platz auf ihrem Haupt, sonder hin schlaff auf ihrem Rücken hinunter. Ihre rote Lockenpracht war somit entblößt, genau wie die Sommersprossen und die giftgrünen Augen.

Für einen Moment stockte dem Prinzen der Atem, da er hier vor einer wahrlichen Schönheit stand.

Als Robin bemerkte, dass er auf ihre Haare starrte, spannte sie den Bogen noch ein wenig weiter.
"Was willst du?"

"Eure königliche Hoheit, wo seid ihr?", riefen einige der Schlosswachen durch den Wald.
Erschrocken drehten Liam und Robin sich beide in die Richtung der Stimmen.

Robin stand nun leicht hinter Liam und noch ehe er etwas bemerken konnte, war sie im Gestrüpp verschwunden. Den Raubzug würde sie heute wohl ausfallen lassen.

Unruhig ging der Prinz vor seinem Fenster auf und ab.
Das Mädchen wollte nicht mehr aus seinen Gedanken verschwinden und das, obwohl er sich um so viel anderes kümmern sollte.

Gerade kam ein Bediensteter herein und überreichte einen kleinen Stapel Papiere: "Alle bekannten Informationen über das mysteriöse, rothaarige Mädchen."

Nachdem Liam die Papiere entgegen genommen hatte, verbeugte sich der Angestellte und verließ das Arbeitszimmer des Prinzen.

Liam setzte sich an seinen Tisch und begann, die erste Seite zu lesen, voller Hoffnung, dass dies auch die richtigen Informationen waren. Schließlich wusste er nicht viel über die Fremde.

»Junge Hexe wird seit Tagen gesucht.
Bei dem Tod ihrer Eltern bedrohte eine junge Rothaarige einen Soldaten mit Pfeil und Bogen. Man versuchte sie festzunehmen, fand sie jedoch schon nach wenigen Minuten nirgends mehr vor.
Die Eltern der Hexe kamen beide noch vor Ort ums Leben und konnten nicht für das Geheimhalten des Verstecks ihrer rothaarigen Tochter bestraft werden. Laut Angaben einiger Augenzeugen soll die kleine Hexe einige unerklärliche Dinge gemurmelt haben, die vermutlich einen teuflischen Hintergrund haben.«

Prinz Liam runzelte die Stirn. Dies war keine Kindheit, die sich jeder wünschte.
Jeder weitere Artikel über die junge Rothaarige war nur auf die kriminelle Ebene bezogen.
Immer wieder wurde sie als Hexe beschimpft, sodass sie es sogar einmal in der Öffentlichkeit selbst gesagt haben soll.

Ein Beitrag lautete beispielsweise:

»Die gesuchte Hexe gibt ihren Pakt mit dem Teufel zu.
Gestern Nachmittag spielte sich auf dem Marktplatz eines kleinen Dorfes eine unglaubliche Szene ab; die junge, mehrfach gesuchte Hexe solle auf dem Platz vollkommen übergeschnappt sein und zugegeben haben, selbst eine Hexe zu sein. Sie sagte:
"Und ja, ich mag vielleicht eine Hexe sein, doch ich würde niemals jemanden etwas tun! Seit so langer Zeit verstecke ich mich schon erfolgreich vor den unfähigen Wachen des Königshauses und noch nie habe ich einer Person mit Absicht ein Haar gekrümmt."
Nach dieser kleinen Rede solle sie sich in einer Rauchwolke aufgelöst haben und wart nie wieder in diesem Dorf gesehen.«

Kopfschüttelnd legte er den Artikel zur Seite. Es war unglaublich, dass er nun echt einer lebendigen Hexe begegnet war und noch lebte. Sie gab es ja sogar selbst zu? Glücklich fasste er sich an sein Herz, welches eifrige Sprünge bei dem gefährlichen Mädchen machte.
Er, der Prinz, hatte sich selbst einer Gefahr gegenüber gestellt.

Haare raufend saß Robin kurz nach der aufregenden Begegnung mit dem unbekannten Mann wieder in ihrem Unterschlupf. Ihr Kopf schmerzte und angestrengt dachte sie über ihren nächsten Plan nach, um an Gold zu kommen. Es war das Mindeste, was sie für Rose und die Kinder machen musste.

Draußen herrschte wunderschönes Wetter und doch traute sie sich nicht, ihren Unterschlupf zu verlassen und ihre Nase in die Sonnenstrahlen zu strecken.

Den restlichen Abend verbrachte Robin damit, ihre nächsten Schachzüge zu planen und Gefahren abzuwiegen.

Am nächsten Morgen erwachte Robin durch ein elendiges Geschrei.
Draußen schrie ein Mensch, so als würde er in ernsten Schwierigkeiten stecken.

Schnell griff sie nach ihrem Bogen und zog den Mantel, sowie die festen Schuhe an.
Sie lief der Stimme entgegen und fand den Fremden umringt von Wölfen vor.

Törichter Junge, wusste er nicht, dass es hier vor wilden Tieren nur so wimmelte?

Leise kletterte Robin auf einen Baum in der Nähe des Prinzen und schaute auf die Wölfe herab.
Weder der Prinz noch die Wölfe hatten sie bemerkt.

Die RothaarigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt