8 ~ Gefangen

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Es war stockdunkel.

Die einzige Lichtquelle war eine Fackel hinter einer Gitterwand.
Robin saß in einer Zelle.

Mühselig setzte Robin ihr Hand vor ihrem Gesicht auf den Boden. Sie nahm noch einmal alle Kraft zusammen, die ihr verblieb und versuchte sich aufrecht zu stützen. Doch vergebens.

"Robin?!", kreischte eine Robin merkwürdig bekannte Stimme hysterisch.
Sie konnte dieser Stimme keine Person zuordnen, so sehr sie auch nachdachte.

"Hey! Wie geht es dir?", rief die Stimme wieder, diesmal minimal ruhiger als davor.

Robin hörte, wie sich Ketten bewegten. Sie sah nichts, nur die Wand und einen Teil der Gitter.

Sie vernahm wieder die Kettengeräusche hinter ihrem Rücken. Wie sehr sie sich auch wünschte, dass sie sich umdrehen könnte, ihr Körper gehorchte ihr ja doch nicht.

Mit Mühe versuchte Robin einige Wörter auszusprechen, doch das einzige was ertönte, war ein zerkratztes, schwaches: "Wer?"

"Hey, Robin. Ganz ruhig, ich bin es. Liam. Wie geht es dir?"

"Gut..", war alles, was Robin hervorbrachte.

Wer war Liam? Angestrengt dachte Robin nach.
War er Freund oder Feind? Sie saßen zusammen in einer Zelle. Wahrscheinlich also Freund.

Sarkastisch lachte die Stimme Liams auf: "Dir geht es ganz und gar nicht gut."

Robin drehte sich auf den Rücken.
"Was fragst du dann so dumm?", kam es spitz über ihre Lippen. Sie hatte nicht wirklich viel über ihre Worte nachgedacht - sie waren ihr einfach so herausgerutscht.

Der kalte und feuchte Boden der Zelle berührte Robins Haut, was sie einmal zucken ließ.

Ein raues, geschwächtes Lachen kam von Liam.
"Genauso wie vorher."

Liam. Liam war der Kronprinz.
Aber da war doch noch etwas?

"Wir müssen hier raus.", stellte Liam fest.

Liam? Er war doch von den Wölfen angegriffen worden.
Und Robin hatte ihn gerettet.

"Was haben wir getan, nachdem ich dich vor den Wölfen gerettet habe?", fragte Robin mit möglichst fester Stimme.

"Wir - warte, du erinnerst dich nicht?"
Liams Stimme klang verblüfft.

Robin verdrehte in Gedanken die Augen.
"Würde ich sonst so blöd fragen?"

Ein Wärter kam an die Zelle.
"Das Mädchen ist wach! Sagt König Andrew Bescheid!"

Erschrocken sah Robin zu dem bärtigen, dicklichen Mann, der durch den gesamten Zellentrakt geschrien hatte.

Der Mann verschaffte sich zutritt zu der Zelle und trat an Robin heran.
Bis auf ein Hemd, welches ihr bis kurz über die Hüften ging, trug Robin nichts.
Genau aus diesem Grund krümmte sie sich nun noch ein wenig zusammen.

Grob packte der Wächter Robin am Arm, löste die Fesseln von den Ketten und zerrte sie hinter sich aus der Zelle.

"Lasst sie los!", schrie der Prinz und versuchte sich gegen seine eigenen Fesseln zu wehren, jedoch waren all seine Versuche vergebens.
Er konnte nichts dagegen tun, Robin wurde einfach von einer Wache mitgenommen.

Verwirrt und ängstlich folgte Robin nun dem Wächter, ohne Widerstand zu leisten. Würde sie sich wehren, dann hätte das nur unangenehme Folgen für sie oder Liam. Und das wusste sie nur zu gut. Sie wollte Liam auf keinen Fall einer weiteren Gefahr aussetzen.

Robin wurden in den Thronsaal gebracht. Auf dem Thron am Ende des Raumes, gegenüber der mächtigen Tür, saß ein braunhaariger, großer, gut gebauter Mann. Dieser trug eine Krone auf dem Kopf und ein seidenes Gewand an seinem Körper.

Das musste dann wohl der König sein.

Als die Tür geöffnet wurde und Robin den Raum betrat, sah er von seinem Diener auf un begrüßte Robin: "Hallöchen. Mensch, Ignor, ich hatte doch gesagt; seid nett zu unserer Gefangenen."

Ignor, der Wächter, der Robin mitgenommen hatte, sagte kein Wort, sondern verbeugte sich nur vor dem König, ließ Robin los und verließ auf der Stelle mit dem anderen Diener zusammen den Raum.

Der König und Robin waren nun alleine in dem riesigen Raum.

"So gebrochen kenne ich dich gar nicht, Schwesterchen."
Höhnisch grinsend sah er auf seine jüngere Schwester herab.

Schockiert sah Robin dem König ins Gesicht. Er war ihr Bruder? Das könnte sich Robin beim besten Willen nicht vorstellen. Sie hatte keinen Bruder. Ihre Eltern waren auch nicht adelig gewesen.

"Du lügst! Meine Eltern waren einfache Leute!", schrie Robin voller Entsetzen.

"Das mag vielleicht für deine Mutter zutreffen, allerdings nicht für deinen Vater. Dein Vater war der König von diesem Reich und du, du warst seine uneheliche Tochter, meine liebe Schwester.
Davon Mal ab bin ich ebenfalls aus dieser unreinen Beziehung entstanden, jedoch sollte ich bei meinem Vater aufwachsen, während du bei unserem Abschaum von Mutter bleiben musstest."
Der Blick in den Augen des Königs war beinahe emotionslos, das Einzige, was man darin sah, war pure Verabscheuung und Hass. Doch das war etwas, das Robin nicht verstand. Sie hatte ihm doch nichts getan.

Geschockt und total überfordert mit der Situation stand Robin da. Langsam gaben ihre Knie nach und sie sackte in sich zusammen. Das was der Fremde dort sagte, machte gar keinen Sinn. Es war so vollkommen ohne Zusammenhang, dass Robins Kopf brummte, als sie sich darüber Gedanken machte.
Es machte einfach keinen Sinn. Doch wenn sie keine weiteren Verletzungen an ihrem oder Liams Körper wissen wollte, musste sie sich wohl oder übel an die absurden Gedanken des Königs halten.
Sie spürte, wie sich langsam kleine Tränen in ihren Augenwinkeln bildeten. Warum? Das machte alles keinen Sinn! Konnte sie nicht einfach wieder in ihre Höhle zurück und die Hexe sein, für die sie jeder hielt?
"Warum- warum hast du mich nun geholt?", weinte sie, vollkommen überwältigt von der Situation.

"Ich habe da ein oder zwei Allianzen zu schließen. Da kamen mir deine Wenigkeit und der junge Prinz doch gerade gelegen. Ich hatte nie vorgehabt, nach dir zu suchen, aber zufälliger Weise ist einer der Könige, mit dem ich eine Allianz schließen möchte, noch auf der Suche nach einer Braut." Robin könnte die Informationen nicht verarbeiten. Das einzige worüber sie nachdachte, war Liam. Was wollte er mit ihm anstellen?

"Liam! Was hast du mit ihm vor?", schrie Robin voller Entsetzen. Zu gerne würde sie aufstehen und ihrem angeblichen Bruder einmal ordentlich die Meinung geigen, jedoch war ihr Körper zu dieser Tat noch nicht im Stande. Verzweifelt kniete sie nur vor ihm und schrie ihm entgegen.

"Du solltest dich lieber erst einmal um dich selber kümmern. Wenn du kooperierst, verspreche ich dir, wird Liam auch nichts passieren.", kurz schien der König zu überlegen, "Was dich angeht; Ich habe gehört Hochzeiten sind eine prima Angelegenheit, um Allianzen zu sichern."

Die RothaarigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt