Walden war anders als ich es mir vorgestellt hatte. Ravynns Erzählungen hatten in mir ein Bild von kalten Steinmauern und Türmen zur Verteidigung geschaffen. Immer wieder hatte er betont, wie gut die Stadt beschützt war, wenn es darauf ankam. Aber vor allem hatte er vom Stolz des Volkes in der Hauptstadt des Nordens gesprochen. Stolz und Stärke. Als wir die Stadt erreichten, umgab uns ein Gemenge mit fröhlich erscheinenden Menschen. Es war eine herzliche Wärme, die uns entgegen strahlte.
Nachdem Allrick dem Wachmann am mittleren Stadttor seine Passiergenehmigung vorgelegt hatte, bewegten wir uns endlich ins Innere der Stadt. Ich kam aus dem Staunen gar nicht heraus. Der Markplatz war riesig und voller bunter Händler, von denen einer mehr auffiel als der andere. Sie priesen ihre Waren an. Ich sah wunderschöne Stoffe in den exotischsten Farben, die durch die Hände einer großgewachsenen Frau rannen und dabei an muntere Bäche erinnerten. Ein kleiner, rundlicher Mann mit freundlichem Gesicht bot seine Backwaren an, deren Duft ich noch nie gerochen hatte. Eine Mischung aus Zimt und Rosenblättern und anderen Gerüchen, die ich nicht zuordnen konnte, zog in meine Nase und mir lief unwillkürlich das Wasser im Mund zusammen.
Doch der Markt mit seinem bunten Treiben war nicht das Atemberaubendste, was ich je gesehen hatte. Weiter weg, über den engen Gassen und Marktständen, den Wirtshäusern und Schankräumen thronte eine Burg, die der Definition einer Burg mehr als gerecht wurde. Ich verstand nun, was Ravynn mir zu erzählen versucht hatte. Riesige Mauern umsäumten die Türme eines Palastes, zogen sich dort in die Höhe und machten ein unbemerktes Eintreten unmöglich. Angreifer hätte man schon von weitem, weit über die Stadtmauern hinaus, ausfindig machen können. Dennoch war es keine Kälte, die die dicken Mauern ausstrahlten. Es war viel mehr eine Art uralte Wärme.
Ravynn musste mein Staunen bemerkt haben, denn er grinste mich vielsagend von der Seite an. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie der Holzkarren zum stehen gekommen war. Viele Menschen schienen um diese Zeit zur Burg zu wollen, denn die engen Gassen waren regelrecht überfüllt. Nur schleppend setzte sich der Zug in Bewegung und stoppte immer wieder. Das verschaffte mir wesentlich mehr Zeit, meine Umwelt genauestens zu betrachten.
Dennoch waren wir schneller an der Burg als mir lieb war und ich hatte das Gefühl so viel verpasst zu haben.„Du wirst schon noch früh genug alles sehen können", rief mir Ravynn zu, der vom Karren gesprungen war und nun ein wenig weiter weg daneben herlief. Wahrscheinlich waren im die Füße eingeschlafen, genauso wie mir. Doch ich hätte jetzt wahrscheinlich kaum laufen können, ohne irgendwo dagegen zu stoßen.
Als wir unter dem großen und sehr imposanten Burgtor hindurch fuhren, sah ich ein wenig sehnsüchtig in die Stadt zurück. Ich hörte wie Ravynn neben mir leise lachte. Wahrscheinlich war mein Gesichtsausdruck mehr als amüsant.
„Lach nicht!" zischte ich ihm zu, musste aber selbst darüber schmunzeln. Die Menschenmassen hatten sich wieder etwas gelichtet. Einige waren vor dem Burgtor in eine andere Richtung abgebogen. Die Mauern, in denen wir uns jetzt befanden umfassten ein Gelände mit einem großen, palastähnlichen Gebäude in der Mitte. Imposant streckten sich unzählige Türme in den Himmel. Die Burg war riesig. So riesig, dass man für seine Erkundung mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen benötigt hätte. Die grauen Steinmauern waren nicht verziert, lediglich kleine Unebenheiten und Vorsprünge machten das Bild vollkommen. Zu meiner Linken konnte ich einen kleinen Durchgang erkennen, der in einen etwas verwildert wirkenden Garten zu führen schien.
Als der Karren vor einem Seiteneingang hielt, sprang ich hinunter und taumelte für einen Moment, sodass ich mich aufstützen musste, um nicht hinzufallen.
„Komm und steh nicht so nutzlos da rum. Schnapp dir ein paar von den Sachen und trag sie mit hinein!", rief mir Allrick zu und warf mir ein Kleiderbündel zu, welches ich ungeschickt auf den Boden fallen ließ. Schnell hob ich es auf. Allrick schüttelte nur den Kopf und ging durch eine kleine Holztür ins Innere. Es war eine Seitentür, wahrscheinlich für Bedienstete. Schnell machte ich mich auf um ihm zu folgen. Drinnen war es dunkler und wesentlich kühler als draußen. Die kalten Mauern ließen die Wärme von draußen kaum ins Innere. Sicher machten sie im Winter das Gleiche mit der Kälte.
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Crown Of Gold
Fantasy"Er hätte alles haben können. Das Gold in den Schatzkammern, den Thron im großen Saal. Die goldene Krone hätte sie diesem Verräter höchstpersönlich übergeben, wenn er dafür ihren Bruder verschont hätte." - Ein Krieg, zwei Herrscher, eine Krone...