Sternenlichtfest

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„Komm schon Naira, konzentriere dich!" schrie Haldir zu mir herüber, während ich versuchte meinen Gegner zur Strecke zu bringen. Ich war frustriert und wütend über mich selbst. Ich wollte unbedingt zu den Wachen gehören und einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen. Wenn es nach meinen Eltern ginge, würde ich pausenlos Bücher wälzen.

Ich lag im Staub am Boden. Mein Gegner reichte mir die Hand, um mir beim Aufstehen zu helfen. Ich lehnte mürrisch ab. Stattdessen sagte ich leise: „Nochmal!" Mein Gegner war nicht wirklich mein Gegner, sondern einer meiner wenigen Freunde, die auch zur Wache ausgebildet wurden, vom Hauptmann Haldir persönlich. „Lindir, Naira, genug für heute! Naira auf ein Wort!"

Lindir verdrehte die Augen und ging. Haldir kam zu mir, nahm meine Waffen ab und bedeutete mir, mich auf einer Bank zu setzen. Er brachte den Stahl weg und holte Wasser.

„Haldir, du sollst doch sowas nicht machen. Die anderen machen sich über mich lustig. Sie sagen, ich bin nur soweit gekommen, weil wir befreundet sind." Ich schmollte vor mich hin. Seit Monaten versuchte ich mich mit den anderen Auszubildenden anzufreunden. Haldir lachte herzhaft. Er nahm mich mit diesem Problem einfach nicht ernst. Er war ja auch der berüchtigste Kämpfer in diesem Land...

„Deine Eltern baten mich, mit dir zu reden. Ihr versteht euch momentan nicht so gut und sie dachten, dass du mir zuhören würdest! Hörst du mir zu - meine Schülerin?" fragte er mich neckisch und knuffte mir in den Oberarm, der eh schon weh tat. „Aua Haldir ... Du bist mein Freund und verbündest dich mit meinen Eltern? Nun sag was sie wollen. Lass mich raten – ich soll die Geschichte studieren, statt zu kämpfen?" Er schüttelte den Kopf. „Nein, die Hoffnung haben sie schon länger begraben. Sie wollen, dass du mich zu einem Fest begleitest. Nach Düsterwald - dem Sternenlichtfest! Zu diesem Anlass versammeln sich viele hochrangige Elben. Deine Eltern hoffen, dass du dort vielleicht jemanden kennen lernst. Jemand, der sich in dich verliebt und du dich in ihn. Sie erhoffen sich eine ansehnliche Verbindung."
Ich ahnte, dass dieser Tag kommen würde. Immerhin zeigten meine Eltern ihren guten Willen und gaben mir die Möglichkeit  in gewisser Weise selbst zu wählen. Haldir erwartete mehr Protest, doch ich nickte einverstanden.

„Wow, bist du einsichtig geworden?" Er lachte, ebenso wie ich.
„Nein niemals! Wer kommt in Frage? Sei ehrlich." Er schien einen Moment nachzudenken.
„Nun die Söhne von Herrn Elrond, der Sohn von Thranduil und streng genommen, auch ich komme in Frage." Er zog die Augenbrauen hoch und verbarg sein Lachen. Ich konnte nicht an mir halten und prustete los. Haldir und ich waren seit ewigen Jahrzehnten befreundet und es war eine wahnwitzige Vorstellung, dass wir Mann und Frau werden würden. 

„Nun gut mein Freund. Wann geht's los?" Er legte den Kopf schief. „In einer Woche. Genug Zeit, damit deine blauen Flecke und Wunden verheilen. Männer mögen eher makellose Frauen... obwohl du meiner Meinung nach perfekt bist!" Ich nahm das mal als Kompliment und ging lächelnd fort.

Am Abend aß ich mit meinen Eltern. Sie waren froh, dass ich die Neuigkeit relativ gelassen annahm. Ich hingegen war glücklich, endlich auf Reisen zu gehen und wenn auch nur um ein wenig die Welt zu erkunden. Die nächsten Tage vergingen und Haldir teilte mich nur für Bogenschießen ein. Ich liebte das Bogenschießen und war beinahe perfekt darin. Auf diesem Gebiet hatte ich die Achtung meiner Kameraden und konnte denen noch ein paar Ratschläge geben.

Lindir war, abgesehen von Haldir, mein einziger wirklicher Freund in Lorien. Er traf sich mit mir einen Tag vor der Abreise. „Pass auf dich auf Naira. Eigentlich passt zu dir gar nicht so ein hochgeborener Mann, der sich nicht dreckig macht." das waren seine letzten Worte, bevor sich unsere Wege trennten.

Die Reise zum Düsterwald war lang und nahm einige Zeit in Anspruch. Doch ich genoss die unbeschwerte Zeit. Haldir erzählte mir viel über die Ländereien, welche wir durchquerten. Ich war fasziniert und kam aus dem Staunen nicht heraus. „Wärst du dem Wunsch deiner Eltern nachgekommen und hättest die Schriften studiert, wüsstest du das alles bereits." Das wollte ich ihm heimzahlen. „Du hast recht, aber das hätte dein Ego nicht verkraftet, wenn ich dir all diese Dinge auf dieser Reise erzählt hätte." Der erwünschte Effekt traf ein – er war sprachlos.

Flammenherz (Legolas FF) BeendetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt