Aufbruch

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Der Tag des Abschieds rückte näher, doch ich brachte es bisher nicht übers Herz meine Freunde aufzuklären. Nicht Haldir würde morgen nach Bruchtal reiten, sondern ich. Wir hielten gerade zu dritt wache und waren sehr fröhlich, bis Haldir sich von seiner Liebsten verabschieden wollte, um Sachen zu packen. Ich nutzte die Gelegenheit, um mit der Sprache raus zu rücken.

„Nein Haldir, nicht du musst packen, sondern ich!" Wie erwartet fiel beiden die Kinnlade runter. Haldir packte mich fest bei den Schultern. „Was redest du da? Du gehst nach Bruchtal – nicht ich?" Ohne Blickkontakt nickte ich. „Das erlaube ich dir nicht! Es ist viel zu gefährlich Naira! Du bleibst hier und ich gehe!" Ich behaupte eine friedliche und umgängliche Elbin zu sein. Doch was ich auf den Tod nicht ausstehen konnte – bevormundet zu werden, unterschätzt zu werden und meiner Freiheit beraubt zu werden. Ich baute mich vor ihm auf. „Jetzt hör mir mal zu mein Freund! Du hast mich Jahrzehnte ausgebildet und auf genauso was vorbereitet! Ich frage dich nicht um Erlaubnis! Doch mit deinem Segen fort zu gehen, würde mir mein Herz leichter machen!" Hilfesuchend sah er Arrian an. Gutmütig lächelte sie mich an. Sie war auf meiner Seite, dass sah ich ihr sofort an. Besänftigend legte sie ihre Hand auf seine Schulter. „Haldir, lass sie gehen. Sie tut es nicht nur für uns. Sie muss hier mal raus kommen – in die weite Welt. Hab vertrauen in ihr und ihren Fähigkeiten!" Haldir kehrte uns beiden den Rücken zu, stützte sich an einer Brüstung ab und schien nach zu denken. Arrian und ich tauschten derweil Blicke, trauten uns aber nicht zu reden.

„Naira, wenn dir irgendwas passiert, werde ich es mir nie verzeihen! Ich gebe dir meinen Segen, aber nur wenn ich dich mit Waffen ausstatten darf." So gefiel er mir viel besser, weniger herrisch. Arrian blieb auf den Wachposten, während Haldir und ich Hand in Hand zur Waffenkammer gingen. Wir mussten nach wie vor das Paar mimen. Wir hatten uns schon daran gewöhnt, genauso wie an die obligatorischen Küsse. Selbst Arrian hatte sich daran gewöhnt und es schien ihr nichts mehr aus zu machen. Er suchte mir von allem das Beste raus. Vom Langschwert hielt ich Abstand, ich kam zwar damit zurecht aber nur passabel. Die Kurzschwerter und der Bogen lagen mir wesentlich mehr. „Naira, er wird auch da sein." Als er das aussprach, überkam mich ein Schauer. „Was weißt du über ihn, sag mir die Wahrheit Haldir!" Mitleidig lächelte er mich an. „Ich habe es dir nicht erzählt aber auf einigen Festen traf ich ihn und er erkundigte sich stets nach dir. Er war von unserer Verlobung nicht sonderlich begeistert. Er wiederum ist allein. Tauriel, die Elbin die er so begehrte, brannte mit einem Zwerg durch." Ungläubig sah ich ihn an. Das alles hörte ich zum ersten mal. „Wieso hast du das für dich behalten?" Er strich mir zärtlich über die Wange. „Ich wollte dich nicht wieder leiden sehen, sobald ich ihn erwähne. Ich sehe, dass es auch jetzt dich aufwühlt!" Haldir war mir wahrlich immer ein guter Freund, doch ich wünschte, er hätte es mir früher erzählt. Ich sammelte mich. Atmete tief durch, nahm seine Hand die noch auf meiner Wange lag in meiner und küsste sie. Damit war das Thema erledigt. Es wurde alles gesagt und darüber zu zetern brachte niemanden etwas – mir am aller wenigsten.

Arrian half mir meine Sachen zusammen zu packen, während Haldir im Stall zu Gange war. „Ich werde dich vermissen Naira." Kam es plötzlich aus ihr heraus. Sie war eine ehrliche und sehr direkte Elbin mit bemerkenswerten Fähigkeiten. Ich verstand Haldir sofort, warum er sein Herz an ihr verlor. Ich umarmte sie und sie erwiderte die Umarmung. „So habt ihr mehr Zeit für euch! Sollte ich das nicht schaffen, kümmer dich gut um meinen besten Freund!" Erschrocken sah sie mich an. „Du wirst es schaffen! Du hast keine andere Wahl, sonst bekommst du es mit mir zu tun!" Sagte sie streng aber mit einem Lächeln.

Bis zur Abenddämmerung wandelte ich alleine durch Lorien, ohne bestimmten Grund, doch ich prägte mir alles ein. Die Sterne waren heute besonders hell. Ich legte mich auf den Rücken und starrte sie eine Zeit lang an. Leises Rascheln machte sich bemerkbar und all meine Freunde kamen zu mir und legten sich auf den Boden. Auch Haldir und Arrian kamen dazu. Arrian legte sich zu meiner linken und Haldir zu meiner rechten Seite. Er gab mir einen sanften Kuss auf die Lippen und nahm meine Hand. Auch Arrian hielt meine Hand. Es wurde gelacht und erzählt, bis wir alle unterm freiem Himmel einschliefen. Diesen Abend würde ich für immer in meinen Herz schließen und mich daran erinnern.

Flammenherz (Legolas FF) BeendetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt