Kapitel 4

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Die Gischt schlug laut gegen das Gestein unterhalb Drachensteins

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Die Gischt schlug laut gegen das Gestein unterhalb Drachensteins. Der Wind zerrte heftig an unseren Mänteln, die teilweise nass waren. Das Wasser rauschte stark, so sehr, dass ich beinahe das Gefühl bekam, nichts anderes hören zu können. Tyrion erwartete uns zusammen mit einigen Männern am Strand, dessen feuchter Sand tiefe Abdrücke hinterließ, kaum erreichten wir das Festland.
Es war Jahre her, seit ich den Zwerg das letzte Mal gesehen hatte. Gewachsen war er nicht, doch hatte sich sein Gesicht verändert. Nun zierten lockige Haare seinen Kopf und ihm wuchs ein stattlicher Bart. Neben ihm stand eine dunkelhäutige Frau, die ich nicht kannte. Tyrion war eh der Einzige, der mir vertraut vorkam. Die Krieger hinten den beiden blickten uns grimmig an. Sie hielten Krummsäbel in der Hand, ihre Rüstung bestand aus Leder und Fällen. Ihre dunklen Haare waren zu Zöpfen geflochten und ihre Haut war braungebrannt. Wenn ich es nicht besser wüsste, waren das die Dothraki.
Die silberne Brosche der Rechten Hand zierte Tyrions schwarzes Wams. »Der Bastard von Winterfell«, begrüßte er meinen Bruder.
»Der Zwerg von Casterlystein«, gab Jon genauso tonlos zurück.
Dann schmunzelten die beiden und gaben sich die Hand.
»Ich glaube, zuletzt haben wir uns auf der Mauer gesehen«, sagte Tyrion mit einem freundlichen Unterton. Dann sah er zu mir. »Und Euch, Lady Stark, das letzte Mal sah ich Euch, da wart Ihr noch ein kleines Mädchen. Jetzt seid Ihr eine bildhübsche junge Frau.«
»Danke, M'lord.« Ich nickte gütig. »Und Ihr habt in der Zwischenzeit Euren König umgebracht und die Seiten gewechselt.« Ich hatte nichts gegen den Gnom, auch wenn mein Unterton dies nicht gerade bezeugte.
Doch Tyrion lachte belustigt. »Ihr erinnert mich etwas an Eure Mutter.«
Ich erwiderte nichts, sondern blickte hoch zu den Zinnen Drachensteins. Noch nie war ich hier gewesen, doch kannte ich die Geschichten – und die Erinnerungen daran ließen mir einen Schauer den Rücken hinunterlaufen. Vielleicht war es aber auch der eisige Wind.
Tyrion wandte sich nun an Davos, der hinter uns stehengeblieben war. »Tyrion Lannister«, stellte der Zwerg sich vor und reichte dem Mann ebenfalls die Hand.
Mir fiel auf, dass ich mich am unhöflichsten verhielt. Nun ja, war es mir verziehen – ich hatte ja bereits gesagt, dass ich von den Sitten und Etiketten meiner eigentlichen Bestimmung einer Lady abgesagt hatte.
»Davos Seewert«, stellte sich auch Ser Davos vor.
»Ah, der Zwiebelritter. Wir kämpften bei der Schlacht der Schwarzwasserbucht auf gegnerischen Seiten.«
»Zu meinem Nachteil«, gestand Davos.
Nun wandte sich Tyrion an die Frau neben ihn. »Missandei ist die engste Vertraute der Königin.«
Sie nickte. »Willkommen auf Drachenstein. Unsere Königin weiß, wie lange die Reise dauert. Sie bedankt sich für die Mühen, die Ihr Euch ihretwegen macht.«
»Woher soll sie das wissen, wenn sie das Land nicht einmal kennt«, gab ich brummend und mit finsterer Miene zurück.
»Sienna!«, ermahnte Jon mich sofort und augenblicklich verstummte ich, ohne jedoch meinen Gesichtsausdruck zu ändern. Ich hatte zugestimmt, ihn zu begleiten, jedoch hieß das nicht, dass ich diese fremden Königin mit offenen Armen begrüßen und einfach so das Knie vor ihr beugen würde.
»Verzeiht meiner Schwester«, sagte Jon an Missandei gewandt. »Sie ist erschöpft von der Reise.«
Ein Blick genügte, um mir klarzumachen, dass ich gefälligst mitzuspielen hatte. Deswegen gab ich im gelangweilten Ton zurück: »Er hat recht. Ich bin wirklich etwas müde. Da vergesse ich mich manchmal.«
Ich sah, wie Tyrion belustigt grinste.
Missandei reckte das Kinn. »Wenn Ihr nun bitte Eure Waffen abgeben würdet.«
Unsicher sah ich zu Jon. Wir würden doch nicht etwa in die Festung einer Unbekannten treten, ohne eine Absicherung zu haben? Doch mein Bruder sah das anders, und so gaben wir unsere Waffen den Dothraki.
Allerdings dauerte das eine Weile, da vor allem ich mich besonders gut gerüstet hatte. Unter meinem Lederwams und meiner Rüstung sowie an meinem Gürtel trug ich Dolche, zwei Schwerter und eine Wurfaxt. Jon ließ das unkommentiert, während ich ihn mit einem finsteren Blick musterte.
Davos Seewert schloss zu Missandei und Tyrion auf, ich hingegen lief neben meinem Bruder.
»Du wirst dich benehmen«, raunte er mir zu, »sonst sorge ich höchstpersönlich dafür, dass du zurück nach Winterfell segelst.«
»Allmählich habe ich das Gefühl, dass ich diejenige sein werde, die dich zur Vernunft bringen wird«, entgegnete ich trocken, ohne ihn anzusehen. »Sie ist nicht deine Königin, und trotzdem beugst du dich ihrem Willen.«
»Ich beuge mich ihrem Willen, weil ich unser Bündnis nicht gefährden will«, gab er ernst zurück.
»Je schneller sie merkt, dass sie ohne die Hilfe der richtigen Bewohner der Königslande ihre Krone nicht bekommt, desto besser«, meinte ich. »Wenn du dein Knie beugst, sind wir verloren.«
»Ich dachte, du wolltest mir bei dem Bündnis helfen.«
»Das werde ich auch, aber nicht auf diese Weise. Eher werde ich mich von der Klippe stürzen, als noch einmal unter einer Königin zu leben.«
Den Rest des Weges schwiegen wir.
Wir liefen einen engen Wall entlang, der hoch zur Festung führte. Tyrion und Jon sprachen miteinander, Davos lief neben Missandei her und ich war allein und schwieg.
Auf einmal erklang das lauteste und furchterregendste Grollen, dass ich jemals zu Ohren bekommen hatte. Die Erde bebte, ein Sturm schien aufzukommen und ein Schatten legte sich über uns, und sofort riss Jon mich zu Boden. Als der riesige Drache über uns flog, war es, als wäre die Welt für einen Moment stehengeblieben. Die rotbraunen Schuppen leuchteten in der Sonne. Die großen gespannten Flügel schienen bei jedem Schlag von Neuem einen Orkan zu beschwören, der an unseren Kleidern zerrte. Während ich mich Faszination und Angst zugleich das Tier musterte, standen die Handlanger der Drachenkönigin nur da und sahen uns mit belustigten Blicken zu, wie wir zusammengekauert auf dem Boden lagen.

Winter is here || Game of Thrones Staffel 7-8Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt