Aussprechen

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Mit Josh hatte ich seit seinem Abgang nicht mehr gesprochen, ich hatte nicht mal etwas bestellt, geschweigedenn ihn angeschaut. Anschließend war ich sofort in den Vorbereitungsraum gelaufen, hatte mich abgeschminkt um mich wieder neu zurecht zu machen. Meine Haare steckte ich wieder auf ähnliche Weise nach hinten, jedoch lockte ich die Haare ganz leicht. Das sah frischer aus, aber war ebenso praktisch.  Mein Make-Up gestaltete ich ähnlich wie zuvor, umrandete meine Augen jedoch mit Kajal und trug etwas Glitzer auf meine Wangenknochen auf.  Seine unfreundliche Art sollte mich gewiss nicht von meiner bevorstehenden Karriere ablenken, diese Macht über wollte ich ihm nicht geben.
Also wärmte ich mich auf und starrte ganze Zehn Minuten in den Spiegel. Ich wollte alles kontrollieren, wie das Kleid fiel, wie meine Haare aussahen und welche Bewegungen ich mit welcher Emotion verknüpfte. Wenn er nicht verstand, dass das Tanzen aus mir keinen besseren Menschen machte, dann sollte er mir wirklich egal sein. Es kam so rüber, als würde er mich verabscheuen, als er gemerkt hatte, dass ich eine Tänzerin war. Oder war es doch wegen dem Lügen? Ich wusste es nicht und ich würde es auch nie erfahren, stellte ich seufzend fest und schaute mich im Spiegel an. Dann stand ich auf und betrachtete wie mein Kostüm meinen Körper sanft umschmiegte. Es bestand aus einem dunkelblauen Jerseystoff und wickelte sich enganliegend um meinen Körper bis zur Taille. Ab da an fiel es sanft an meinem Körper herunter. Das Kleid war sehr kurz, aber damit hatte ich kein Problem. So war das mit dem Tanzen eben, die Kostüme waren meist nicht besonders lang. 

"Aufgeregt?", fragte mich Alisa und lächelte mich freundlich an.
Ich nickte, "Ein wenig"
"Das brauchst du nicht. Ich war auch aufgeregt, aber das musste ich nicht sein. Bei mir hat alles geklappt und bei dir doch vorher auch."
"Ich weiß", murmelte ich und setzte mich auf den Boden um mich ein weiteres Mal zu dehnen.
"Kann ich mitmachen?", fragte Alisa und schaute mich erwartungsvoll an.
Ich stimmte der Idee zu und gemeinsam dehnten wir uns. Einige Tricks ging ich vorher nochmal durch und erntete dafür staunende Blicke von Alisa. Sie erzählte mir, dass sie an ihrer Balletschule nichts außergewöhnliches machen würden, nur striktes Ballet. Ihre Stimme wurde ganz traurig, als sie mir sagte, dass sie liebend gerne auch Tricks machen würde.
"Du kannst mich ja in der Schule mal besuchen, dann zeig ich dir wie einige gehen", bot ich ihr an und lächelte.
Alisa nahm mein Angebot quietschend an und stürzte sich in meine Arme. Überwältigt umarmte ich sie zurück und versicherte ihr, dass sie am Montag vorbei kommen könnte.
"Olivia", die Stimme meiner Mutter schnitt durch die Luft und ich holte tief Luft. Vermutlich ging es jetzt los. Ich streifte mir meine Trainingssocken ab und schlüpfte in kleine Schuhe. Ich wusste nicht, wie man diese Dinger beschreiben konnte, aber am einfachsten könnte es man mit einer Unterhose für die Füße vergleichen. Dabei bedeckten sie nur den Fußballen und erweckten den Eindruck, man tanze barfuß.
Ich verabschiedete mich von Alisa, die mir aber versicherte, sie würde wieder zugucken. Dann folgte ich meiner Mom und hörte die Musik, die gespielt wurde. Sofort wurde ich inspiriert und vollzog eine Drehung und tanzte zu der Melodie vor mich hin. Dabei vergaß ich meine Mutter, die mich drängend ansah und auch die Umgebung in der ich mich befand. Ich tanzte einfach vor mich hin, machte einige Schritte nach vorne, wieder zurück, streckte mein Bein aus, hielt es neben meinen Kopf und vollzog eine mehrfache Drehung. Ich fühlte mich frei, konnte lachen. Früher hatte ich das oft mit meiner Mutter gemacht und auch jetzt kam es vor, dass sie in meinen Trainingsraum kam und Musik anstellte. Und dann improvisierten wir beide und taten das, was uns beiden am meisten Herzen lag. Wir tanzten.
Doch nun stand meine Mutter vor mir, hatte die Hände vor ihrer Brust verschränkt und tippte ungeduldig mit den Zehenspitzen auf den Boden.
Ich verdrehte die Augen und hörte auf zu tanzen. Zufrieden drehte meine Mutter sich auf dem Absatz um und ging auf den Bühnenraum zu. Genervt folgte ich ihr und wollte gerade die Tür hinter mir schließen, als sich eine Hand auf meinen Arm legte und mich ziemlich unsanft zurück zog.
"Was zur Hölle", stieß ich aus und drehte mich um. Josh stand vor mir und nahm seine Hand nicht von meinem Arm. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu winden, doch er hielt mich weiterhin fest.
"Können wir reden?", fragte er und schien etwas genervt zu sein. Ob von mir oder von meinem Versuch mich loszureißen war mir unklar.
"Ja, können wir. Aber nach meinem Auftritt und nachdem du mich losgelassen hast", fuhr ich ihn unbeabsichtigt heftig an und entriss mich ihm schlussendlich.
"Geht auch jetzt?", fragte Josh drängend und sah mich flehend an.
"Ich bin jetzt dran, meine Mutter wird mich suchen", sagte ich, "Wir können danach reden."
"Aber..", er seufzte und unterbrach sich selbst wieder, "Na gut, ich warte draußen auf dich."
"Danke", murmelte ich und sah ihm einen Moment in die grünen Augen. Wieso war er auf einmal so... nett?
Doch ich hatte keine Zeit mehr darüber zu grübeln, denn in diesem Moment rief Mr. Stark mich auf und ich rannte zum Bühnenrand, wo meine Mom mich schon genervt erwartete.

Smoke and FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt