» Chapter three «

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m a i s i e

Mal wieder hing ich über der kleinen Toilette und meine beste - und einzige - Freundin Aleya hielt mir die Haare aus dem Gesicht. »Vielleicht solltest du zum Arzt gehen, Maisie«, sagte sie leise zu mir, aber ich schüttelte den Kopf. »Doktor Jean hat doch bereits viel zu viel zu tun. Es sind gerade erst neue Soldaten aus Carolina zurückgekehrt und sie sollte nicht noch mehr zugemutet bekommen«, erwiderte ich. »Jax kann doch sicher dafür sorgen, dass sich der private Arzt der Königsfamilie um dich kümmert«, erwiderte sie. »Ich will nicht riskieren, dass der König oder die Königin, oder gar Prinzessin Josephine hinter unsere Beziehung kommen«, sagte ich leise. »Ärzte haben eine Schweigepflicht, Maisie! Er darf gar nichts darüber sagen!«

Aleya war die einzige, die von der innigen Beziehung zwischen Jax und mir wusste. Sie war seine zweite Zofe und sowohl seine, als auch meine beste Freundin. Sie war ein braunhaariges Mädchen, das einfach nicht ihre Klappe halten konnte. Damit hatte sie sich schon oft in Schwierigkeiten gebracht, vor allem durch die Äußerungen in Anwesenheit von Prinzessin Josephine. Dennoch konnte sie es nicht lassen, immer und immer wieder ihre Klappe aufzureißen. Ein weiteres ihrer Hobbys war es, über das andere Personal zu tratschen und die neuesten Klatschgeschichten vor mir auszubreiten. Auch sie verstand sich sehr gut mit Prinzessin Cassandra, und hasste Prinzessin Josephine.

»Es geht schon, Ley«, murmelte ich und stand auf, um zurück ins Nähzimmer zu gehen. »Nein, geht es nicht. Du kotzt dir den ganzen Tag die Seele aus dem Leib und sagst 'mir geht es gut'. Ich sehe doch, dass dem nicht so ist!«, erwiderte angesprochene und verschränkte die Arme. »Wenn du es ihm nicht sagen willst, tu' ich es. Und du weißt, dass ich das machen werde!« »Wehe!«, zischte ich und öffnete die Tür, um mich zurück an die Nähmaschine zu setzen. Mit einem leisen Seufzen stellte ich fest, dass Katherine bereits auf dem Platz direkt neben mir saß. Katherine war die persönliche Zofe von Prinzessin Josephine und genauso wie ihre 'Herrin' war Katherine arrogant und eingebildet. »Oh, arme Maisie«, grinste diese mich nun an. »Geht es dir etwa nicht gut? Soll ich dir etwas zu essen holen? Zu trinken? Oder soll ich etwa Josie holen, damit sie dir hilft?« Natürlich spottete Katherine mich nur aus. Sie liebte es, mich verbal fertig zu machen und half ihrer Herrin nur zu gerne dabei. Doch eines musste man Katherine lassen, sie konnte die schönsten Kleider schneidern und nähen. Auch jetzt hielt sie ein Stück Stoff in der Hand, das einmal ein neues Kleid der Prinzessin werden würde.

Aleya ließ sich auf meiner anderen Seite nieder. »Lass sie in Ruhe«, zischte eben diese Katherine an und schenkte ihr ein wütendes Funkeln. Ich ignorierte die beiden, sie konnten einander nicht ausstehen und bekriegten sich bei jeder Gelegenheit. Dass Aleya die feste Freundin von Katherine's Bruder Mike war, machte die Situation auch nicht gerade besser. Ich holte aus der Kammer ein Stück des schwarzen Stoffes, den ich für die neue Anzugshose für Jax benötigen würde. Aleya hatte angeboten, das weiße Hemd zu nähen und ich hatte nur genickt und sie gelassen. Während sie nun also die Nähte zusammennähte, machte ich mich an die Anzugshose. »Warum sollte ich sie in Ruhe lassen, Aleya?«, fragte Katherine eingebildet und warf sich die langen Haare hinter den Rücken, widmete sich wieder dem Stoff vor sich. Ich schloss die Augen. Schon seit tagen ging es mir nicht gut, jeden morgen wurde mir schlecht, ich konnte kaum essen. Wenn ich mich zwischendurch übergeben musste, konnte ich mein letztes Essen bewundern, aber schon nach kurzer Zeit musste ich trocken brechen. wahrscheinlich hatte ich mir einen Infekt eingefangen. Magen-Darm, wie ich vermutete. »Ganz einfach! Maisie ist krank und wenn ich du wäre, würde ich aufpassen, dass sie dich nicht extra ansteckt!«, erwiderte meine beste Freundin und verteidigte mich, lieb wie sie war, damit.

»Ich bin müde, Ley. Schaffst du das hier alleine?« Aleya nickte mitfühlend, legte mir eine Hand auf den Rücken und streichelte eine Sekunde darüber, ehe ich aufstand und mich in mein winziges Zimmer zurückzog. Hier war gerade Platz für ein Bett und einen kleinen Schrank, in dem drei Freizeitoutfits und zwei Zofentrachten mit Mühe und Not ihr Zuhause fanden. Ich legte mich, so wie ich war, auf die Matratze und rollte mich zusammen, als mich eine weitere Woge der Übelkeit packte. Ich schlug mir die Hand vor den Mund, sprang auf und hechtete in das Badezimmer, wo ich mich auf ein weiteres übergab. Meine Kehle fühlte sich trocken, ausgedörrt und rissig an, ich wollte etwas trinken, aber jeder Schluck Wasser war bleischwer in meinem Magen. Seit beginn dieser täglichen Übelkeit aß ich kaum noch, Aleya quittierte das immerzu missbilligend. »Vielleicht sollte ich wirklich zum Arzt«, flüsterte ich mir selbst zu, spülte mir den Mund aus und verließ den Raum wieder.

Auf dem Flur herrschte Hektik, anders als normal, wenn kein fest war. Ich schlang meine Arme um meinen Körper, um mich bestmöglich vor den anderen Zofen zu schützen. Es sah aus, als wären diese zu wildgewordenen Hühnern mutiert. Nur kämpfend bahnte ich mir den Weg zwischen den Mädchen hindurch, zog die Tür dazu auf und schloss sie hinter meinem Rücken wieder. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich dagegen, atmete, als wäre ich her gerannt. Als eine vertraute Stimme an meine Ohren drang, zuckte ich zusammen und riss die Augen wieder auf. »Was ist los, Mai? Warum kommst du seit einer Woche nicht mehr?«, fragte der gegenüber an der grauen Wand lehnende Jax besorgt, seine dunklen Augen voller Angst. Angst um mich? Ich war ratlos und unschlüssig. Mein Blick wanderte durch das eingerichtete Zimmer, auf der Suche nach einem Punkt, den ich statt seiner Augen fixieren konnte. Vergeblich. »Ich...es geht mir nicht gut, Jax«, flüsterte ich schließlich nach einer Minute der Stille, setzte mich auf das Bett und lehnte meinen Rücken gegen die Wand, die Knie angewinkelt und an mich gezogen.

Ich spürte, wie sich das Bett auf seiner Seite nach unten senkte, als er sich darauf setzte und mich in seine Arme zog. Ich roch seinen unverkennbaren Geruch, nach Sonnenschein und Sommerregen, nach Flieder und Mohn, nach Nacht und Mondschein. Er roch wie Jax. Wie nur Jax riechen konnte. Der Mann, dessen Eltern ein Land regierten, eine Tätigkeit, die er später übernehmen würde. Der Mann, der ein einfaches Mädchen liebte, ein Mädchen aus der Armut der rauen nördlichen Städte. »Was hat mein Schatz denn?«, fragte er sanft, drückte meinen Kopf gegen seine Brust, sodass meine Nase dagegen gedrückt wurde. Ich merkte, dass er mich umklammerte, als bräuchte er selbst Halt. Als sei er es, der krank war, nicht ich. Es ging ihm nicht gut, das merkte ich deutlich. »Ich muss immerzu brechen und bin so unendlich müde...«, hauchte ich knapp zur Antwort, meine Lippen streiften den Stoff seines Hemdes. »Oh nein. Du solltest zum Arzt. Jetzt sofort!« Ich schüttelte den Kopf energisch, als mich abermals ein Schwall der Übelkeit erreichte. Als ich dies Mal brach, war Jax es, der mir die Haare hielt und mir ruhig zusprach. »Bald ist es vorbei, da bin ich mir sicher. Ich besorge dir erst einmal Tabletten gegen die Übelkeit und dann sehen wir, wie es dir geht, ja?« Ich nickte langsam, schloss die Augen und ließ mich von ihm ins Bett bringen, wo er mich fürsorglich zudeckte und alleine ließ. Kurz darauf war ich tief und fest am schlafen.

Of Love and Betrayal [paused]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt