4. Der Finder behält es

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Am nächsten Morgen

Akai ging durch den Flur, um die Morgenzeitung aufzuheben, welche durch den Türschlitz geworfen worden war. In letzter Zeit las er sie häufiger, denn es gab immerhin sonst kaum Möglichkeiten für ihn, noch etwas von der Außenwelt in Erfahrung zu bringen.
Der Agent klemmte sich die Zeitung unter den Arm und begab sich zur Küche, wo er sie gleich lesen würde. Kaum hatte er die Papiersammlung auf dem Tisch abgelegt, wollte er Gin wecken. Doch das brauchte er nicht mehr zu tun.

"Du bist ja schon wach.", meinte er zuerst in einem überraschten Tonfall, da es sonst schwer war, den Silberhaarigen überhaupt aus dem Bett zu bekommen. "Guten Morgen.", begrüßte er diesen dann liebevoll mit einem federleichten Kuss auf die Wange. Gin erwiderte nur mit einem Gähnen, bevor er doch noch halb verschlafen "Morgen..." murmelte.
Akai ließ es mit einem Grinsen unkommentiert, während sein Geliebter langsam zum bereits gedeckten Tisch ging und sich auf den Stuhl plumpsen ließ. Am heutigen Morgen gab es Haferbrei zum Frühstück - nicht gerade eins von Gin's Lieblingsgerichten. Er pustete.

"Tut mir leid, aber langsam ist es knapp und der Kühlschrank sieht auch nicht wirklich voll aus.", entschuldigte sich Akai und setzte sich ebenso, als er den unzufriedenen Gesichtsausdruck des Silberhaarigen bemerkte.
"Dann muss ich wohl wieder einkaufen gehen.", entgegnete dieser leicht genervt.
"Ich könnte das doch stattdessen tun.", bot der Agent sich daraufhin an, um vielleicht diesmal die Chance zu bekommen, mal wieder nach draußen gehen zu können.
Aber wie schon erwartet, wurde er was das betraf enttäuscht. Gin verneinte mit einem Kopfschütteln. "Ich mach das, muss sowieso noch woanders hin.", erklärte er.
"Ach so? Wohin?", fragte Akai neugierig, nahm sich gleichzeitig die Zeitung und begann ein wenig die Artikel zu überfliegen. Was ihn nicht auf Anhieb interessierte, las er auch nicht.
"Tja...", tat Gin geheimnisvoll und grinste.

Gerade als Akai etwas sagen wollte, entdeckte er plötzlich einen interessanten Artikel: ‚Wohnung im Haido-Bezirk durch Explosion niedergebrannt - Täter unbekannt'...
Der Schwarzhaarige las den Artikel sorgfältig durch. Das Ereignis war vor zwei Tagen. Angeblich war der Wohnungsbesitzer bisher unauffindbar.
"Könnte es sein..." Akai runzelte die Stirn, versuchte den Gedanken aber wieder zu verwerfen. "Das wäre ein dummer Zufall..."
Ihm entging dabei fast Gin's Frage: "Ist was?"
Akai sah auf. "Nein, überhaupt nichts. Nur der übliche Kram.", verheimlichte er, was er eben gelesen hatte. Er glaubte, dass sein Geliebter da wieder zu viel rein interpretieren würde. Besonders, weil es offensichtlich war, dass dieser sich die letzten Tage damit quälte. Er wollte ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten.
"Er sollte das alles endlich vergessen und..."
Der Agent fuhr seinen Gedanken, oder eher seinen Wunsch, nicht fort. Er legte mit einer unauffälligen Geste die Zeitung beiseite.
"Konntest du heute besser schlafen?", fragte er gleich danach, um abzulenken.
"Ja, konnte ich.", lautete die kurze Antwort von Gin.
"Wenn ich bei dir im Bett bleiben soll, bis du aufwachst, dann sag es ruhig.", meinte Akai, im Glauben, dass so vielleicht weitere Alpträume vermieden werden könnten.
"Schon gut. Ich denke, es wird nicht mehr vorkommen.", lehnte der Silberhaarige in Bezug auf den letzten Alptraum ab und vertrieb schnell wieder die wiederkehrenden Erinnerungen an diesen.

Etwas später verabschiedete sich Gin von Akai und verließ die Wohnung. Der Einkauf, den er geplant hatte, würde etwas länger dauern und da er diesmal nicht übereilt aufbrach, dachte er auch daran, die Tür abzuschließen. Für den Silberhaarigen war es eine Vorsichtsmaßnahme, die ihm einfach noch wichtig war.
Dem Agenten sandte es jedoch wie immer einen Stich durch die Brust. Immer wenn Gin vergessen hatte abzuschließen, war er der Meinung gewesen, er würde ihm endlich vertrauen. Doch jedes Mal, wenn er dann erkannte, dass es nur ein "Versehen" war und der Schlüssel beim nächsten mal wieder im Schloss herumgedreht wurde, musste er erneut gegen den Schmerz ankämpfen.

Schwarzrot - Dunkelheit kann man nicht färbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt